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Aus dem Leben einer deutschen Feministin in Kolumbien

Aus dem Leben einer deutschen Feministin in Kolumbien published on Keine Kommentare zu Aus dem Leben einer deutschen Feministin in Kolumbien

von Leni Hartlinger

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Teresa

Nach Stationen in Bochum, Hannover und Köln ist Teresa vor über einem Jahr in die südamerikanische Millionenmetropole Bogotá ausgewandert, wo sie am Aufbau ihres Projekts „FRIESE“ arbeitet. Die Abkürzung FRIESE steht dabei für:

FReiraum – espacio libre, Inclusion – Inklusion, Educacion – (Aus-)Bildung, Sostenibilidad – Nachhaltigkeit und Enthusiasmus – Entusiasmo.

FRIESE ist ein Projekt für und mit Menschen, die vor besondere Herausforderungen gestellt sind und die durch außergewöhnliche Verhaltensweisen, Besonderheiten in der geistigen Entwicklung von der Gesellschaft als „behindert“ stigmatisiert und von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden.

Vor Ort hat die Sonderpädagogin schon viele Kontakte geknüpft, mit Verantwortlichen gesprochen und Unterstützer*innen für ihr ehrgeiziges Projekt gewonnen. Über ihre Internetseite und die Präsenz in den sozialen Medien berichtet sie ihren Mitstreiter*innen und Interessierten in den verschiedenen Ländern von den Fortschritten in Bogotá. Doch nicht nur in Kolumbien hat Teresa Sprenger Menschen gefunden, die sich für ihre Idee begeistern. Auch in Deutschland hat sich ein Freundeskreis zusammengefunden, der als Verein die Arbeit von FRIESE unterstützt. So werden auf kreative Art Spenden gesammelt, Sachspenden verwaltet und Praktika vermittelt. Im Januar 2015 soll nun die erste Crowdfunding-Kampagne für FRIESE an den Start gehen.

Uns hat Teresa ein wenig von ihrem Leben als Feministin in Kolumbien erzählt…

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Warum kenne ich eigentlich nicht…?

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Ein Gastbeitrag von Anna Schiff

Kennst du eigentlich die Künstlerin Füsün Onur? Oder was ist mit der Punksängerin Aylin Aslim? Oder Elbis Gesaratsyan, die Herausgeberin des ersten armenischen Frauenmagazins im Osmanischen Reich? Noch nie von gehört?

Mut auch zur feministischen Lücke!

Keine Panik! Ich frage hier keine feministischen Hausaufgaben ab. Nichts läge mir fernen, denn ich habe nicht vergessen, wie es sich anfühlt vor einem Raum voller Kenner*innen aufgrund des eigenen mangelnden richtigen Wissens schräg angeschaut zu werden. (Und du willst also eine richtige Linke/Antifaschistin/Feministin/… sein und kennst nicht mal…?). Und natürlich kenne ich den immensen innerlichen Druck auch im Aktivismus immer Bestnoten abliefern zu wollen nur allzu gut. (Oh Schreck! Eine Wissenslücke! Das hätte nicht passieren dürfen! Wer ihr Thema liebt, die weiß auch aaaalles darüber. Ab morgen werden ich jeden Tag … und, wenn ich schon dabei bin, dann kann ich auch gleich endlich ….). Also, liebe Mitleidenden: Mut auch zur feministischen Lücke, sonst ist die große Müdigkeit nicht mehr weit und wir müssen uns unsere wütende Puste einteilen, schließlich wird sie dem Scheißsystem bekanntermaßen nicht so schnell ausgehen.

Wissen hinterfragen anderes Wissen verbreiten

Ich hatte von diesen großartigen Frauen vor meinem Erasmussemester in Istanbul noch nie auch nur ansatzweise etwas gehört und das hat mir wirklich zu denken gegeben. Nicht aufgrund der Tatsache, dass ich den einen oder anderen Namen nicht kenne, wie gesagt, das passiert und muss passieren dürfen, und wenn ich’s mir oft genug wiederhole, dann werde ich mir auch meine eignen milden Wort irgendwann selbst zu Herzen nehmen. Nein, was mich an meinem Unwissen stört ist die Tatsache, dass es mir schlicht so schrecklich eurozentristisch aufstößt. In meinem Geschichtsstudium konnte ich mich bis kurz vor einem Masterabschluss und einem Schwerpunkt in Geschlechtergeschichte vorstudieren, ohne Nuriye Ulviye Mevlan Civlek zu kennen, immerhin die Begründerin einer der ersten frauenpolitischen Zeitschriften (Kadınlar Dünyası= Welt der Frauen) überhaupt. Auch ein Gender Studies Studium konnte ich fast abschließen, ohne mit der Nase auf Nuriye gestoßen zu werden, dafür aber das fancy Wort Eurozentrismus zu lernen. Wieso ist das so? Klar, an der Stelle kann ich es mir und euch und uns allen einfach machen und sagen, dass ich schlichtweg keine engagierte Studentin war. Selbst schuld, kein Mitleid. Aber so neoliberal will ich’s nicht halten. Statt mich selbstverantwortlich zu schimpfen, frage ich mich lieber, ob Wissenslücken vielleicht ganz einfach System haben und kenne die Antwort natürlich schon: Es ist kein Zufall warum die amerikanische, französische, englische und deutsche Frauenbewegung leichter zu finden ist als die, ihrer osmanischen Schwestern. Würde Deutschland Türkinnen eigene Geschichte(n) und noch dazu eine feministische Vergangenheit zugestehen, dann käme einem das vermeintliche Alltagswissen von der islamischen Frau (wer auch immer das sein soll) als Opfer schon sehr viel schwerer von den Lippen. Ich erzähle vielen von euch damit nichts Neues, das ist mir klar. Mir ist auch klar, dass auch noch so engagierte Feminist*innen nur sehr schwer gegen ein so stures Wissensproduktionssystem ankommen. Aber ich hege die begründete Hoffnung, dass, wenn wir zusammenhalten, wenn wir uns solidarisch zeigen mit den vielen Frauen und den vielen Bewegungen und uns gegenseitig von unseren neuen Wissenschätzen erzählen, ohne uns dabei selbst oder andere für unser Unwissen zu schimpfen, dann können wir es mit den großen Feinden Kanon, gesunder Menschenverstand und Alltagswissen aufnehmen.

In diesem Sinne stelle ich euch einen meiner heißgeliebten Wissensschätze vor, auf dass ihr dem nächsten (und der nächste ist nie weit) unterdrückte islamische Frau – Kommentar lässig anderes Wissen entgegenstellen könnt. Einfach mal einstreuen: Wusstest du eigentlich, dass es ein Frauenmuseum in Istanbul gibt? Ich bis vor Kurzem auch nicht, aber die stellen unglaublich viele tolle Frauen vor und es ist alles online! Schau dich da mal um!

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Frauenmuseum Istanbul

 

Das virtuelle Kadın Müzesi (= Frauenmuseum)

Auch diese Idee wurde aus der Not(-wendigkeit) heraus geboren. Ganz wie in Deutschland schaffen es auch in der Türkei die Geschichten von Frauen nicht in das allgemeine, öffentliche Geschichtsbewusstsein. Engagierte Frauen wie die Unternehmerin Gülümser Yıldırım und die amtierende Kuratorin Meral Akkent gründeten deshalb die Frauen Kultur Stiftung Istanbul – Frauengeschichten sollten sichtbar werden. Und wo engagierte Frauen am Werk sind, da ist das „Ehrenamt“ natürlich nicht weit. Firmen haben Geld für die aufwändige Homepage gesponsert, aber der Löwinnenanteil der Arbeit wird unbezahlt und aus purer Leidenschaft erledigt – Hilfe ist immer willkommen.

Betreten kann man das Museum momentan nur virtuell, denn die passenden Räumlichkeiten haben sich noch nicht gefunden. Das ist zwar schade, aber auch ein Glücksgriff für alle, die gerade nicht in Istanbul sind, denn so ist der Museumsgang nur ein paar Klicks entfern. Die virtuelle Ausstellung beruht hauptsächlich auf Vorreiterinnen-Biographien aus dem Bereich der Kunst und Kultur. Die erste Schauspielerin, die erste professionelle Fotografien, die ersten Frauen im Universitätsbetrieb … sich durch die einzelnen Leben zu klicken ist unglaublich beeindruckend. So viele tolle Frauen! Wer gezielt zu einem Bereich recherchieren oder den eignen Kanon etwas aufrütteln möchte, der/die kann auch gezielt thematisch stöbern und sich inspirieren lassen.

Vom 6. bis zum 9. November tagt das Symposium „100 Jahre Frauenstudium in der Türkei“. Die passende Ausstellung dazu folgt und mensch kann nur gespannt sein.

Also, liebe Mitstreitende: Lasst das Selbstgeschimpfe und gönnt euch lieber einen Nachmittag im Frauenmuseum – ihr müsst dafür nicht mal aus dem Pyjama schlüpfen und falls heute ein müder Tag ist, an dem keine Hirnaktivität menschenmöglich ist, dann vielleicht lieber morgen – mensch kann es nicht jeden Tag mit dem Feind aufnehmen 🙂

Die Türkei hat eigene Feminist*innen

Die Türkei hat eigene Feminist*innen published on 1 Kommentar zu Die Türkei hat eigene Feminist*innen

Ein Gastbeitrag von Anna Schiff
(Erstveröffentlichung: ‚Wir Frauen‘ 2/2014)

„Nein, ich möchte wirklich keine Kundenkarte haben. Ich gehe ein halbes Jahr ins Ausland.“
„Ach, na gut, wenn das so ist. Wo geht es denn hin?“
„In die Türkei.“
„Oh.“
– Pause –
„Ist schon ok. Ich habe mir das so ausgesucht. Ich will in der Türkei studieren.“
„Hmm… ja, kann sicher auch ganz schön sein, mal so was ganz anders.“

flaggetuerkei29Ganz normaler Alltagsrassismus, der rein gar nichts mit der „ungebildeten Verkäuferin“ zu tun hat. Auch an der Universität bin ich dem einen und anderen erleichterten Aufseufzen begegnet, als ich erzählte, dass ich nicht irgendwo in der Türkei studieren werde, sondern in Istanbul. „Ahhh …. Istanbul. Ja, das kann ich verstehen. Dort ist es ja viel … europäischer.“ Aber was heißt denn schon europäisch? Rumänien wohl kaum. Nein, dahinter steckt der Gedanke an das Europa der ersten Klasse. Das Europa, das so ist wie wir und nicht wie die. Die Türkei genießt in Deutschland kein besonders gutes Image. Sehen wir mal ab vom Bild eines billigen Urlaubslands mit Imbissbuden. Die Wahlergebnisse machen es nicht gerade besser. Was ist nur los mit denen? Die hier sind halt so, antworten dann die deutschen Austauschstudent*innen, die hier die größte Gruppe der Auslandsstudierenden stellen. Sie werden sich später einmal „interkulturelle Kompetenz“ in den Lebenslauf schreiben, obwohl sie nach einem Jahr Türkei gerade mal ein Bier auf Türkisch bestellen können. Die Ironie dabei fällt den wenigsten auf. Türkisch ist eine Sprache die man nicht er-, sondern verlernt, schrieb Kübra Gümüsay einmal so treffend.

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