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Warum nicht jede*r Betroffene #metoo posten kann

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#metoo, Kampagne, Alyssa Milano, sexualisierte Gewalt
© For All Womankind

In den sozialen Netzwerk kreist zur Zeit der Hashtag #metoo. Die ursprüngliche Kampagne wurde vor zehn Jahren von der Aktivistin Tarana Burke ins Leben gerufen und soll auf sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt aufmerksam machen.

Durch den Tweet von Schauspielerin Alyssa Milano wurde sie am Montag zur viralen Aktion in den sozialen Netzwerken:

„If all the women who have been sexually harassed or assaulted wrote „Me too.“ as a status, we might give people a sense of the magnitude of the problem.“

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Buchrezension: Vergewaltigung (Mithu M. Sanyal)

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von Silvana Schmidt

Ein Buch namens „Vergewaltigung“ – das ist schon eine Ansage, oder? Auch bei der Suche nach einem Verlag zur Veröffentlichung stieß Mithu M. Sanyal auf dieses Problem, wie sie bei einer Buchvorstellung im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse erzählte: Als die Verlage vom Thema ihres Projektes erfuhren sagten sie reihenweise ab – nur Nautilus erklärte sich bereit für die Veröffentlichung eines Buches mit einem so „reißerischen“ Titel. Zum Glück hat es geklappt! Lange hatte ich nach der Beendigung eines Buches nicht mehr ein so drängendes Verlangen danach, die Wichtigkeit und Notwendigkeit seiner Existenz und seiner Verbreitung in die Welt hinauszuschreien!

Wie im Vorwort bereits erwähnt wird, überschlugen sich die Ereignisse die mit Vergewaltigungsdiskursen zu tun haben in den letzten Monaten leider geradezu, sodass Sanyal auf viele aktuelle Themen eingehen konnte und dies auch tat: Silvester 2015/16 in Köln, der Kachelmann-Prozess, der Prozess um Gina-Lisa Lohfink, #ausnahmslos und #aufschrei – auf all diese Aspekte bezieht sich die Autorin an der ein oder anderen Stelle.
Es ist ein unbequemes Buch, das viele Positionen hinterfragt – ganz gleich, ob sie eher linkspolitischen oder rechtspopulären, gewissen feministischen oder antifeministischen Lagern zuzuordnen sind. Dabei begibt sich Sanyal auf eine immer wieder nachfragende und entlarvende Suche danach, wie in unserer Gesellschaft eigentlich über Vergewaltigung gesprochen wird. Was verstehen wir darunter? Was sagen gesellschaftliche Debatten zu Vergewaltigung eigentlich über unser Geschlechterverständnis aus? Was über unser Opfer- und unser Täterbild (Und warum gendern* wir ausgerechnet hier so selten)?

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women’s march 2017 – Detroit

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von ab

 

 

 

Der 20. und 21. Januar waren zwei Tage, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Am 20. hingen düstere Wolken über den USA. Bei Regen wurde der 45. Präsident vereidigt: Trump; mittlerweile wohl mehr Metapher als Name. Am Tag darauf kehrte schon ein Lichtstrahl zurück ins Land, als bei frühlingshaften Temperaturen im ganzen Land Menschen auf die Straße gingen, um zu sagen „So nicht!“.

women’s march 2017 – Detroit, MI
women’s march 2017 – Detroit, MI

Der women’s march 2017 – ein Protestmarsch mit parallelen Veranstaltungen in der ganzen Welt – war der größte auf Washington D.C. seit Ende des Vietnamkriegs. Hinzu kamen über 200 weitere Städte in den USA und 600 weltweit. Zahlen sind dieser Tage so eine Sache. Die Teilnehmer wurden auf irgendetwas zwischen 2 und 5 Millionen beziffert. Das ist aber immer noch wesentlich präziser als die Angaben über die jubelnden Mengen zur Amtseinführung Trumps. Da gibt es nämlich keine Zahlen. Nur Schätzwerte zwischen „Es sah aus wie 1,5 Millionen“ (DJ Trump) und „biggest crowd ever“ (Sean Spicer). Am Ende sind aber all diese Zahlen egal, denn es sind Menschen auf die Straße gegangen an diesem 21. Januar. In fast jeder größeren Stadt, auf der gesamten Welt. Um gegen ein drohendes Übel zu protestieren, das bereits begonnen hat. So wurden kurz nach der Amtseinführung auf der Website des Weißen Hauses die Themen-/Informationsseiten für LGBT-Gleichberechtigung und civilrights kommentarlos gelöscht (ebenso die Seite über den Klimawandel). Zuvor, an den Tagen nach der Wahl, kam es zu Übergriffen gegen Minderheiten. Ausgeführt von Menschen, die sich nun berechtigt fühlen, Ausgrenzung und soziale Demütigung anderer öffentlich zu praktizieren, ohne Konsequenzen zu fürchten.

Das friedliche aber firme „Nein“, des women’s march am 21. Januar richtete sich exakt dagegen. Auch in Detroit. Einer Stadt die Ausgrenzung, Segregation und den Widerstand nur allzu gut kennt. Seit den späten 60er Jahren haben stetiger wirtschaftlicher Niedergang, eine verheerende Stadtpolitik und kalter Rassismus dazu geführt, dass die Stadt verarmte und als unsicher deklassiert wurde. „Detroit vs. everybody“ kommt nicht von ungefähr. Aber es wurde nie aufgegeben. „Detroit hustles harder“. Und mittlerweilegeht es bergauf. Langsam, stetig und mit Ambition. Ein ähnliches Gefühl macht sich auf dem women’smarch in Detroit breit.

women’s march 2017 – Detroit, MI

4000 Frauen* und Männer* über alle Schichten und Ethnien hinweg protestieren auf einem Marsch um den Campus der Wayne State University. Die Sonne scheint, die Polizei beobachtet das geschehen entspannt und leitet ab und an den Verkehr um und Autofahrer_innen lassen die Fenster runter, strecken die Faust zum Himmel und grüßen mit einem Hupen. Die Menge antwortet mit Applaus. Neben den bekannten Rufen „Love Trumps Hate“ und „Not myPresident“ steht auch eine Frau* am Straßenrand und ruft „Mybody, mychoice“ neben ihr ein Mann, er ruft „Her body, her choice“. Eine Person trägt ein Plakat mit einem Bild von Frida Kahlo mit der Unterschrift „Fearless“ an dem Gebäude vorbei, in welchem Frida Kahlo wohnte, als sie 1932 Diego Rivera nach Detroit begleitete. Es ist ein gemütlicher Spaziergang und nahezu jede*r lächelt sich zu, wenn sich die Blicke treffen. Man spürt wie die Leute es genießen nicht in Angst vor den dunklen Wolken zu

verharren, sondern ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Wir sprechen kurz mit einer Dame* die schon 1987 auf Washington marschierte, damals für gay rights, das Gespräch ist gelöst trotz der Möglichkeit Jahrzehnte sozialen Fortschritt zu verlieren. Auf die Frage, ob sie hier demonstriert um Errungenes zu erhalten oder die Bewegung voranzutreiben antwortet sie im Sekundenbruchteil. „Erhalten.“ Zum Abschied umarmt sie uns herzlich.

Nach zwei Stunden ist das friedliche und, ja, fröhliche Geschehen vorbei. Die Menge verliert sich. Aber sie waren da, sie wurden gesehen und sie wurden gehört. In Detroit, in Washington D.C. in Berlin und Sydney. Und das macht Hoffnung.

 

 

********* Women’s March on DC in DTW, 21.01.2017 by Anne von Petersdorff *********

 

Aber ich will einen richtigen Mann! – Die Krux der Partnerwahl

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von Linda Briviba

Ich verstehe andere Frauen oft nicht. Zumindest nicht in Bezug auf ihre Partnerwahl. So oft habe ich Unterhaltungen auf der Straße zwischen Paaren mitbekommen, in denen sich der Mann wahlweise respektlos, rücksichtslos oder extrem dominant verhielt. Die Körpersprache dieser Männer drückte nur eins aus: „Ich Chef, du nix!“ Die gutwilligen Leserinnen unter euch werden vielleicht mutmaßen, dass diese Männer einen schlechten Tag hatten, die Frauen sich Ihnen gegenüber zuerst schlecht verhalten haben oder die Männer es einfach nicht so gemeint haben. Ja, gut möglich.

Ich glaube aber, dass die Ursachen für so ein Verhalten tiefer liegen. Diese Männer haben niemals gelernt, Frauen auf Augenhöhe zu begegnen. Frauen sind für sie nicht gleichwertig. Was an der Erziehung, ihrer Sozialisation aber auch, und das ist vielleicht das Schmerzhafteste, an uns Frauen liegen kann. Denn frage ich meine Freundinnen, was für einen Typ Mann sie sich als Partner wünschen, höre ich nicht selten als Antwort: „einen RICHTIGEN Mann“. Bloß kein Weichei!

Können wir uns also wirklich darüber beklagen, dass viele Männer einen archaische Typ Mann, der sich nimmt, was er will, im Kopf haben, wenn es darum geht, zu definieren, was ein echter Kerl ist. Männer, die ihre Frauen demütigen und die als Ausdruck ihrer Männlichkeit verstehen!

Es liegt auch an uns, ob diese Männer mit ihrem Gebaren Erfolg haben; statt ihre Stärke, Aggressivität und ihre Ellenbogen zu bewundern und sich davon angezogen zu fühlen, sollten wir vielmehr nach ihrem Benehmen Frauen gegenüber fragen: denn eins weiß ich – ein „guter Mann“ ist ein netter Mann!

 

Eine Antwort auf Stein und Stroh

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von ila

Kurz vor Weihnachten publizierte die Welt den Artikel „Das Schreckensmärchen von der Vergewaltigungskultur“, der mit Bezug auf Camille Paglia die Problematik des enormen Ausmaßes an sexualisierter Gewalt in westlichen Gesellschaften wie in den USA leugnet. Beeindruckend ist dabei, wie fehlerhaft die Argumentation entfaltet wird – so fehlerhaft, dass misstrauisch gemutmaßt werden könnte, es handle sich schlicht um Propaganda, die eben gar nicht logisch sauber argumentiert sein will.

Aufgezogen an einer Umfrage an amerikanischen Eliteuniversitäten, nach der 16 % der Studentinnen vergewaltigt wurden, diffamiert der Verfasser Hannes Stein die Zahlen mit dem Argument, dass kaum eine der Betroffenen „sich je unter einer der Telefonnummern gemeldet hat, die extra für vergewaltigte Frauen eingerichtet wurden; geschweige denn, dass sie bei der Polizei Anzeige erstattet hätte.“ Der daraus entstandene Hashtag #whyIsaidnothing entlarvte diese Argumentationsweise bereits als zu kurz gedachten Fehlschluss, der entweder von purer Ignoranz oder schlechter Recherche und mangelndem Hintergrundwissen zeugt: Stein klammert hier die ganze psychische Dimension von sexualisierten Gewalterfahrungen aus. Wäre der Artikel fundiert geschrieben, wären die Mechanismen von Traumatisierungen und damit einhergehenden Gefühlen von Scham und Starre berücksichtigt worden.

Aber auch Camille Paglia begeht einige logische Fehler, die Hannes Stein unreflektiert zitiert:

Sie plädiert für Handlungsmacht statt „opferzentrierter Rhetorik“ und verkennt dabei, dass sich beides nicht ausschließt, sondern im Gegenteil Betroffene von sexualisierter Gewalt Handlungsmacht zurück gewinnen können, indem sie über ihre Erfahrungen sprechen. Das bietet eine Chance aus dem Opfermodus auszutreten und für sich und die eigenen Rechte einzustehen. Auch eine Verarbeitung von Missbrauchserfahrungen ist nur derjenigen möglich, die sich eingesteht, missbraucht worden zu sein. Häufig ist auch die Anerkennung der eigenen Leiderfahrung von außen wichtig, um diese bewältigen zu können. Indem Paglia das „Gerede von einer „Kultur der Vergewaltigung“ lachhaft“ nennt und damit die Leiderfahrungen unzähliger Frauen diffamiert, senkt sie die Handlungsmacht anderer Frauen.

Diesen Fehlschluss könnte man auf schlichtes Unvermögen zurückführen, oder aber auf einen ziemlich egoistischen, rücksichtslosen und kurzsichtigen Vermeidungsmechanismus: Weil es viel bequemer ist, keine Probleme zu sehen, sieht man eben einfach weg. Weil es zu schmerzhaft ist, sich mit solchen Themen zu konfrontieren, werden diese einfach ins Lächerliche gezogen. Weil der Umstand der extrem verbreiteten Täterschaft zu bedrohlich ist, leugnet man ihn. Über diesen psychischen Mechanismus kann Frau Paglia sich dann weiterhin handlungsfähig fühlen- wohlgemerkt: Fühlen!

Es hat nur leider weitreichende Konsequenzen, wenn Personen wie Paglia öffentlichkeitswirksam ihren persönlichen (Nicht-)Umgang mit diesem Thema breittreten: Paglia trägt dazu bei, sexualisierte Gewalt zu verharmlosen, Betroffenen den Mund zu verbieten und ihnen Unterstützung zu verwehren. Sie schafft einen idealen Boden für weitere sexuelle Übergriffe.

Neben dieser psychischen Bedürftigkeit, diesem nicht-aushalten-können-von-schmerzhaftem tritt noch etwas offen zutage, das manche Stutenbissigkeit nennen: Eine Frau wertet andere Frauen ab, um sich selbst ein bisschen besser zu fühlen. Sie wertet den Ausdruck der Vergewaltigungskultur als „geschwätzige Propaganda“ ab und will stattdessen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Warum sie das nicht einfach tut, ohne anderen Frauen ihre feministischen Interessen abzusprechen, erklärt sie nicht.

Erneut begeht sie einen fundamentalen logischen Fehler: Diese beiden Themen feministischer Arbeit schließen sich nicht aus, sie haben erst mal nichts miteinander zu tun, sie sind beide wichtig.

Allerdings muss man von einer Person, die meint, es sei eine Voraussetzung „die lümmelhaften Vergnügungen und Gefahren von Männerpartys auf Universitäten zu meistern“ (d.h. in diesem Fall sich Vergewaltigungen zu erwehren), um „in Zukunft Führungspositionen in Politik und Wirtschaft zu erringen“, auch nicht mehr erwarten.

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