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Was ist eigentlich Euer Problem mit Feminismen?

Was ist eigentlich Euer Problem mit Feminismen? published on 1 Kommentar zu Was ist eigentlich Euer Problem mit Feminismen?

von Christoph

Progressive Strömungen werden innerhalb der Gesellschaft schon seit jeher kritisch aufgenommen und berechtigterweise diskutiert. So trägt dieser Diskurs schließlich zur notwendigen Formung und Vergesellschaftlichung dieser Inhalte bei. Gerade der Feminismus erfährt erfreulicherweise seit geraumer Zeit wieder einen Aufschwung und schafft sich seinen Wirkungsbereich, der bis in die Mitte der Gesellschaft reicht.

Gleichzeitig ist aber auch auf der Gegenseite eine dermaßen große Verachtung und so ein tiefgreifender Hass auf feministische Ansätze und Strukturen zu spüren, dass es schwer fällt, die Ursachen zu ergründen. Seien es Ernährungsformen, politische Positionen im Allgemeinen oder konkret die aktuelle Zuwanderungssituation in Europa. All diese Themen sind stark emotional aufgeladen und polarisieren – und dennoch spürte ich bisher selten soviel Unverständnis und Gegenwind wie beim bloßen Bekenntnis zum Feminismus. Hate-Speech ist in diesem Zusammenhang sicherlich kein exklusives Problem, sondern ein grundlegendes Internetphänomen – und dennoch ist es erschreckend, wie der bloße Wunsch, ein Stück vom Kuchen abzubekommen, Mord- und Vergewaltigungsfantasien in anderen Menschen auslöst.

Ist es das schlechte Image des Feminismus als vermeintlich männerverachtende Disziplin? Ist es die Angst vor einem Paradigmenwechsel innerhalb der Gesellschaft, so wie es Laurie Penny bereits in „Unspeakable Things“prognostizierte? Liegt es einfach nur am Unwissen und der Ignoranz der zahlreichen Kritiker? Die Ursachen sind letztendlich zu komplex und vielschichtig, um sie alle in diesem Artikel zu erläutern. Einen Ansatzpunkt und Einblick in die Denkmuster lieferte jedoch Ronja von Rönne bereits im April diesen Jahres mit ihrem polarisierenden Welt-Artikel zur Lage des Feminismus. Die zahlreichen Zusprüche ließen nicht lange auf sich warten, obwohl Rönne in ihrer Argumentation so vieles falsch aufgreift oder gänzlich ignoriert.

Denn scheinbar heißt im Jahre 2015 Kritik am Feminismus zu üben, noch immer Alice Schwarzer als Repräsentantin einer ganzen Bewegung zu sehen. Dass ihre Positionen allerdings auch von Feminist_innen durchaus stark kritisiert werden und der Feminismus selbst einfach zu breit aufgestellt ist, um von einer Person repräsentiert zu werden, scheint dabei keine Rolle zu spielen. Die verkürzte Schlussfolgerung bleibt: Wenn mich Alice Schwarzer nicht anspricht, dann sicherlich auch kein Feminismus.Hier liegt jedoch der grundlegende Fehler, den viele begehen: Der Feminismus wird als Ganzes, als homogene Masse begriffen, und nicht als heterogenes System aus zahlreichen Feminismen, die mitunter verschiedene und gegensätzliche Ansätze verfolgen. Eine Alice Schwarzer steht dementsprechend genauso wenig für den Feminismus als Ganzes wie beispielsweise ein Attila Hildmann für den gesamten Veganismus steht! Und das ist auch gut so!

Weiter entlarvt Rönne durch ihr grundlegendes Unverständnis gegenüber Feminismen ihre eigene Ignoranz. Ich freue mich wirklich aufrichtig für jede Person, die es auch ungeachtet von allen gesellschaftlichen Normen und dem Einfluss des Patriarchats schafft, gesetzte Ziele zu erreichen und dabei keine Repressionen spürt. So auch Rönne, die nach eigener Auffassung die Zeichen der neoliberalistischen Zeit längst erkannt habe und durch bloßen Ehrgeiz und Eigenverdienst das für sich erreicht habe, was der Feminismus weiterhin mit mäßigem Erfolg fordere.Wer also folglich nicht über das nötige Durchhaltevermögen und die richtigen Talente verfügt oder in einem solchen Maße emotional gefestigt ist, um es mit dem Neoliberalismus aufzunehmen, verspiele sich auch sein Anrecht auf jegliche Privilegien. Die Schuld liege hier eindeutig beim Individuum und nicht den Mechanismen der Gesellschaft. Diese Annahme ist jedoch fundamental falsch und gefährlich! Eine Gesellschaft darf sich auf keinen Fall durch ein „Survival of the Fittest“ auszeichnen. Vielmehr sollten patriarchale Hürden überwunden werden, um eine Chancengleichheit zu garantieren. Ein Denken, welches ungeachtet der Umstände die eigene Leistung auch anderen abverlangt, ist hingegen absolut schädlich!

 

Vielleicht liegt es an meiner Sozialisation, dass die Mehrheit meines Freundeskreises unter dem Patriarchat leidet, aber dieser Fakt rechtfertigt es einfach nicht, dieses Leiden zu ignorieren. Normative Schönheitsideale und falsche Ansprüche an die Sexualität und das damit verbundene Fat- und Slut-Shaming, sowie gesellschaftlicher Druck im Hinblick auf Emotional-Shaming schaffen eine Kultur, die so nicht einfach hingenommen werden darf. Spätestens hier sollte doch Rönne und ihren Fans der massive feministische Handlungsbedarf bewusst werden. Ein „Reiß Dich halt mal zusammen!“ kann einfach nicht die letzte Antwort auf all diese Probleme sein!

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