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Ärzte und Sexismus – wie ich auszog, um Medizinern das Fürchten zu lehren

Ärzte und Sexismus – wie ich auszog, um Medizinern das Fürchten zu lehren published on 1 Kommentar zu Ärzte und Sexismus – wie ich auszog, um Medizinern das Fürchten zu lehren

ein Gastbeitrag von Madame fou à lier

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Im medizinischen/psychiatrischen/therapeutischen Milieu kann man geschlechtsspezifische Eigenheiten des Menschen geradezu exemplarisch auf die Spitze treiben und deswegen möchte ich von einigen persönlichen Erfahrungen berichten, die genau das illustrieren sollen.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es so grundsätzlich verschieden ist, ob Mann/Frau zum Arzt, welcher Fachrichtung auch immer, geht oder einem Mediziner, bspw. innerhalb eines Praktikums, assistiert.

Zusätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass etwaige sexistische Handlungen seitens des Arztes massiv vom äußeren Erscheinungsbild abhängen, was mein Vertrauen in eine professionelle, problemorientierte und neutrale Behandlung gegenwärtig extrem geschmälert hat.
Das, was ich im Weiteren zu berichten habe, macht(e) mich sehr wütend und damit auch an einigen Stellen mehr emotional-reagierend, als reflektiert-agierend. Mir ist vollkommen bewusst, dass ein Arzt nicht in verallgemeinernder, männlich-diskriminierender Form beschrieben werden kann und auch nicht darf. Ich selbst kenne auch die Anderen: kompetente, fachkundige, besorgte, engagierte, nette Ärzte*, die durch meine eher bedauerlichen Mediziner-Begegnungen noch mehr an Wert gewinnen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle deutlich darauf hinweisen, dass mich nachfolgend, beschriebene Erfahrungen, weitere Ähnliche, sowie thematisch-bezogene Informationen von Freund*innen dazu veranlassten, mich auf diese Weise zu äußern.

Meiner persönlichen Erfahrung nach kann ich den Ablauf einer Patientin-Arzt-Interaktion folgendermaßen beschreiben:

Ich wende mich auf Grund akuter Beschwerden an den Arzt meines „bisherigen Vertrauens“. Schnell wird an diesem Punkt schon klar, dass ich die Reaktion und Behandlungswilligkeit des Arztes beeinflussen kann, indem ich mich einem klassischem Rollenideal füge oder eben nicht. Vielfach beginnt das bereits, ohne eine Wort gesprochen zu haben, auf der Türschwelle zum Behandlungsraum, in dem Moment wo Herr Arzt sein Zimmer betritt und abcheckt, wie er mich einzuschätzen hat. Moderiert wird das dadurch, ob ich heute ein Kleid mit Ballerinas trage oder Dog Martens mit Schlabber-Shirt. Spinnen wir den klassischen Weg weiter, da er sich, beruhigt von meinem charmanten Äußeren und einem schnellen Blick auf meine entblösten Beine, mit einem sanften Lächeln auf seinen Stuhl fallen lässt und fragt wie er mir helfen kann. Ich schildere nun meine Problematik, immer wieder unterbrochen von wahnsinnig klugen Einwürfen seitens des Arztes und geblendet von der leibhaftigen Kompetenzverkörperung. Trotzdem entscheide ich mich dafür fortzufahren und mich in meinem Redefluss nicht einschüchtern zu lassen, was dann zur zweiten großen, revidierenden Eindrucksbildung führt: Sie, kleines, süßes Mädchen, hält nicht den Mund, wenn ich anfange zu reden. Sie, mit Kleidchen und hautzeigend, ordnet sich mir nicht unter, obwohl ich doch gerade zur Genüge bewiesen habe, dass ich hier das Alphawesen bin.

Ab jetzt kann man etwas Interessantes beobachten. Der Mediziner fühlt sich bedroht und wird unausstehlich. Es folgt ein erbitterter Machtkampf, bei dem Frau wohl das Nachsehen hat.
Bis hier hin habe ich die Situation schon unzählige Male erfahren, wenn ich einen neuen Arzt aufsuchte. Nun exemplarisch zwei, spezifische Reaktionen:

Zum Einen: Ein alter, dicker, schwitzender Hautarzt, der einige Widerworte nicht gut aufnimmt, besteht darauf noch ein Ganzkörperscreening auf sich verändernde Muttermale machen zu müssen, natürlich nackt. Sich ewig zeitlassend, betrachtet er seine eben vollbrachte Machtdemonstration und ist ganz offenkundig nicht auf der Suche nach Muttermalen. (Bemerkung am Rande: das Thema des Besuchs war ein völlig anderes!) Mein Kampf bestand daraus keinerlei Scham oder Irritation zu zulassen. Mit ruhigem Blick in seine Augen und betonter Würde fragte ich, wie lange er noch gucken wolle.

Zum Anderen: Manche brüsten sich mit allerlei Fachausdrücken ohne weitere Erklärung, um ein ständiges Nachfragen und damit eine immer wiederkehrende Demonstration der Machtverhältnisse zu provozieren (noch wenig spezifisch). Wenn frau in dieser Situation allerdings noch am Ball ist und gegebenenfalls sogar dagegen argumentiert ist eine Eskalation vorprogrammiert. Herr Arzt ist jetzt außer Rand und Band und wirft seine Patientin mit den Worten: „ahhh rguzwgffbvhbdfhjv .. lasse ich mir nicht bieten .. fbhjefg ejwopeioc .. breche die Behandlung für immer ab .. uihwdiuqfqiwofÖHIFHF .. will Sie hier nicht mehr sehen .. iuqufhqo“, ohne entsprechende und notwendige Behandlung, hinaus.

So kann‘s gehen. Allerdings hat dieser eloquente Kollege einen zweiseitigen Beschwerdebrief an seinen Chef erhalten (natürlich ein Mann!). Der Beschwerdebrief beinhaltete meine Argumentation während der Arztkonsultation, welche ich mir direkt nach dem Termin in einem Gesprächsprotokoll verewigte und natürlich beispielhafte Reaktionen. Ebenfalls informierte ich mich innerhalb der Familie, wie ich mich am besten verhalten solle und bekam, ebenfalls von einem Arzt, den Rat mich gegebenenfalls an die Ärztekammer zu wenden. Nach einigen Wochen bekam ich tatsächlich eine Rückmeldung seitens des Chefarztes, in der mit Bedauern darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das alles nicht so gemeint war. Mit Entschuldigung. Wenigstens etwas. Ich hab als Patientin nicht geschwiegen und das kann ich nur weiter empfehlen. Es fühlt sich gut an seiner Wut innerhalb von konstruktiver Kritik, die ein förmlicher Beschwerdebrief ja fordert, einen Kanal zu geben.

Betrachten wir aber nun den Fall, wenn frau nun auch auf der behandelnden Seite der Macht steht und sich mit Arztkollegen (ich selbst mach Psychologie, deswegen der Kontakt bspw. mit Psychiatern) herumschlagen muss. Das bedeutet, dass ich zum Einen die unangenehmen Erfahrungen teilen kann, die Frauen in einer Behandlungssituation als Patientin machen und ich glaube, ich kann hier für viele Frauen sprechen. Aber zum anderen habe ich auch die Möglichkeit aus einer weiteren Perspektive heraus zu berichten, was ich für Erfahrungen gemacht habe: nämlich aus einer lernenden Position heraus innerhalb eines psychiatrischen/psychologischen Kontext. Beispielhaft möchte ich dazu meine Beobachtungen schildern:

Es gibt da einige Spezialisten, die von sich denken, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen und die sind vorzugsweise alt, männlich und Westeuropäer. Ich, als Studentin, kann in dieser Kollegenkonstellation, gespickt mit einem ebensolchen Oberhaupt, allenfalls die Rolle eines kleinen, devoten, passiv zuhörenden Mädchens annehmen. Leider ist das nun gar nicht die Beschreibung, die auf mich zutrifft und prompt habe ich wieder Probleme mit einem verängstigten Mann, der sich innerhalb von verbalen Machtdemonstrationen profilieren muss. Eine eigene Meinung zu haben, Äußerungen in Frage zu stellen oder sogar gewagte Thesen aufzustellen: all das mutiert hier zum Werk des Teufel und wird mit abfälligen Bemerkungen gestraft wie: „Ach .. bitte Name einfügen .. das ist doch nicht dein Ernst. Lacht. Ich mach das schon so lange. Also, das habe ICH ja noch nie gehört. Guckt schief und mitleidig… etc. etc.“

Es ist ja nicht so, dass frau vielleicht was Besseres zu tun hat, als sich ständig den Anfeindungen und Machtspielen männlicher Autoritätspersonen auszusetzen: vielleicht eine ehrliche, vertrauenswürdige Behandlung zu erhalten oder im zweiten Fall wirklich etwas zu lernen. Nein, stattdessen versucht man entweder möglichst sanftmütig bzw. fügig zu bleiben oder man fängt auch an zu kämpfen. Beides ist wahnsinnig anstrengend und bedarf zahlreicher emotionaler/kognitiver Ressourcen, wie Empathie und Reflektion, wobei diese im eigentlichen Kompetenzaufbau viel besser aufgehoben wären. Oder?

 

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Ein Kommentar

Hi,
es tut mir Leid, dass du so schlechte Erfahrungen mit Ärzten gemacht hast. Ich würde allerdings gerne anmerken, dass viele (wenn nicht sogar fast alle) der Punkte, die du hier ansprichst und die dich stören, sowohl als Patient als auch als Student keinesfalls Dinge sind, die gegen dich als Frau gerichtet sind, sondern gegen dich in deiner Rolle als Patientin/Studentin. Wirklich trostspendend ist es vielleicht trotzdem nicht, allerdings erleben Studenten generell unabhängig vom Geschlecht ähnliche Situationen relativ oft. Zumindest kann ich dir aus eigener Erfahrung aus beiden Rollen berichten, dass sich, unabhängig vom Geschlecht, dieser Autoritäts-/Machtkonflikt bei solchen Menschen immer zeigt, und es imho oft keinen klaren Bezug zum Sexismus hat.

Grüße,
x3n

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