Skip to content

„Ich bin eine Kämpferin“ – Frauenbilder der Niki de Saint Phalle in Dortmund

„Ich bin eine Kämpferin“ – Frauenbilder der Niki de Saint Phalle in Dortmund published on Keine Kommentare zu „Ich bin eine Kämpferin“ – Frauenbilder der Niki de Saint Phalle in Dortmund

von pepe

lili_ou_tony
Lili ou Tony 1965 Polyesterharz, bemalt, Stoff, Maschendraht und Papier Courtesy Galerie GP & N Vallois, Paris Foto: Aurélien Mole © 2016 Niki Charitable Art Foundation, All rights reserved.

 

Eröffnung im Dortmunder U

Freitag um Sieben ist das Foyer des Dortmunder U voll bestuhlt, die Reihen voll besetzt und umstanden, dass einem bei den Ansprachen die Luft wegbleibt. Eine ältere Frau neben mir findet diese ohnehin zu langatmig: „das stand doch schon alles in der Zeitung“, raunt sie. Der Saal will rauf, Nanas sehen; selbst vor die Wahl gestellt, noch hier ein Freigetränk oder gleich den Aufzug zu nehmen, reisen die meisten lieber gleich in die Sechziger auf die sechste Etage und diese Welle an Menschen, scheint mehrheitlich mit der zweiten Welle des Feminismus gleichaltrig. Es wäre interessant, zu wissen, wie viele der Frauen auch Kämpferin waren oder immer noch sind. Viele sind aber wohl einfach wegen der damals ungeheuren Popularität und Wirkung von Niki de Saint Phalle – gerade in Deutschland wie der Kurator Ulrich Krempel betont – angezogen worden.

Als ehemaliger Direktor des Sprengel Museums in Hannover hat Krempel viel über Niki de Saint Phalle zu erzählen, denn die Künstlerin hat vor ihrem Tod einen großen Teil ihrer Werke an die Stadt, die schon früh ihre Kunst zeigte, vermacht. Es wird ein Star gefeiert, dessen Werk und Person sich tief ins Bildgedächtnis eines großen Publikums eingegraben haben. Das Museum Ostwall leistet also keine Neu- oder Wiederentdeckung eines Werkes, sondern auf den ersten Blick eine weitere Schau einer viel gezeigten Künstlerin. Die Kuratorin und kommissarische Leiterin des MO Regina Selter stellt jedoch heraus, dass es hier um eine Konzentration auf die vielen Frauenbilder und den Kampf der Künstlerin gelegt werden soll. Damit sollen auch die anderen Themen und Werkgruppen aus dem Schatten der Nanas heraustreten: frühe experimentelle Werke, die Schießbilder, die Bräute und die verschlingenden Mütter.

Marilyn, 1964
Bildunterschrift: Marilyn 1964 Objekte, Farbe, Wolle auf Maschendraht Niki Charitable Art Foundation, Santee © 2016 Niki Charitable Art Foundation, All rights reserved.

„Terroristin der Kunst“

„Ich fing an, nach meiner Identität als Frau zu suchen und die verschiedenen Rollen zu wiederholen, die ich gespielt habe – die wir Frauen spielen“.
Niki de Saint Phalle

Die Zuspitzung der Ausstellung auf die feministischen Ideen und Frauenbilder der Niki de Saint Phalle, der Fokus auf die Kämpferin gegen ihre eigenen Traumata und eine strukturelle Ungleichheit in Kunst und Gesellschaft hat auch fast sechzig Jahre nach dem künstlerischen Durchbruch der Künstlerin seine Berechtigung. Denn gerade 2016 werden Kämpferinnen gebraucht, Kämpferinnen gegen gesellschaftliche Strömungen, die sich mit den Errungenschaften zufrieden geben oder sogar in die Fünfziger zurück wollen. Somit kann die Ausstellung sowohl als Appell an die Gegenwart wie als historische Studie gesehen werden. Denn Saint Phalles Kampf ist geprägt von Differenzfeminismus. Sie ist zwar keine Feministin avant le lettre, wie im ansprechenden Katalog behauptet wird, aber mit die erste Künstlerin, die ihren Feminismus als Kunst in die Gesellschaft tragen konnte, mit ihren gefälligen Nanas auf Straßen und Plätzen und mit Provokationen wie den Schießbildern und den Interviews, wo sie sich mit den männlichen Journalisten reibt (Filmausschnitte sind in der Ausstellung zu sehen). Da sie so stark als Vorreiterin herausgestellt wird, bleibt die Frage nach Mitstreiter*innen und Vorbildern weitgehend unbeantwortet, während Männergeschichten und Familie thematisiert werden.

Chronologisch reihen sich die Werke aneinander und werden von pointierten Zitaten flankiert. Dabei fallen vor allem die Vielfalt und der Wandel von Materialien auf, während sich die signifikante bunte Handschrift der Künstlerin ausbildet. Am Rande erfährt mensch interessante Details, wie dass sich die französische Adlige für die Black Power Bewegung interessierte und daher auch schwarze Nanas schuf.

Die Ausstellung macht deutlich, dass Niki de Saint Phalles Kunst mehr ist als Sechziger Jahre Kitsch wie Pril-Blumenaukleber und VW-Busse. Ihre Nanas sind ein subversiv gefälliger Versuch in den Städten Frauenbilder zu platzieren, welche die vielen männlichen Denkmäler in den Schatten stellen. Frauen, die einfach mal einen Kopf größer sind, aber statt dem Kopf ihre Körperlichkeit in den Blick rücken.

Die Ausstellung läuft vom 10.12.2016 bis zum 23.04.2017 im Museum Ostwall im Dortmunder U.

Am 15.12. (19 Uhr)/16.12. (20 Uhr) zeigt das Kino im U passend zur Ausstellung den Dokumentarfilm „NIKI DE SAINT PHALLE – Wer ist das Monster, Du oder Ich?“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Primary Sidebar

Schrift anpassen
Hohe Kontraste