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Nicht revolutionär, aber gut

Nicht revolutionär, aber gut published on Keine Kommentare zu Nicht revolutionär, aber gut

Good Girls Revolt, eine Amazon Serie

von pepe

In einer braven Klasse, reicht ein neues Kind, was Inspiration oder einen Funken von Rebellion bringt, um alles zu verändern, die Klassendynamik, die Hierarchien und den Habitus.

Die jungen Frauen der News of the Week Redaktion sind, wenn nicht gerade von einer Klosterschule, doch wie aus so einer braven Klasse. Sie erfüllen ihre Aufgaben fleißig und korrekt, gehen respektvoll mit den Autoritäten um und probieren sich sexuell nur im Geheimen aus. Doch dann kommt die Neue, die sich schon im Bewerbungsgespräch gegenüber einem weniger qualifizierten männlichen Kandidaten degradiert sieht. Denn in News of the Week können nur Männer Reporter werden, während ihnen die Frauen als ‚Rechercheurinnen‘ zuarbeiten. Dies ist das strukturelle Rückgrat einer insgesamt chauvinistischen Redaktion, wo Kaffee holen geschickt und angegraben wird. Angeregt ist das ganze durch die tatsächlichen Umstände von Newsweek im Jahre 1970 und der Biographie von der dort damals arbeitenden Lynn Povich – zurück zum Plot:

Die Neue lässt sich die zwei Klassen Gesellschaft nicht gefallen und ist umgehend wieder raus aus dem Wochenblatt. Aber sie hat Spuren hinterlassen vor allem bei Patti, die zwischen der schüchternen Cindy und der großbürgerlichen Jane die weibliche Hauptfigur darstellt. Patti erscheint zunächst als freizügiges Freizeit Blumenkind ohne besondere politische oder intellektuelle Kraft. Doch das ändert sich rasch, als sie sich dem strukturellen Missverhältnis bewusst wird und sich eine kleine Gruppe zum Widerstand formiert und auch als der Chefredakteur ein Auge auf sie geworfen hat, wodurch sie die Chance hat, ihre Schlagfertigkeit unter Beweis zu stellen. Die Herren der Redaktion geben Folge um Folge genug Gelegenheit, um den Ärger der Frauen zu verstärken – und auch die mitschauende Redakteurin von Feminismus im Pott konnte sich bei manchen Szenen vor Wut kaum auf dem Sessel halten. Die Ungerechtigkeit setzt sich im Privaten, in den Beziehungen der Redaktionsmitglieder fort, während Reporter und Rechercheurin rückwärtsgewandte eheähnliche Verhältnisse im Arbeitsalltag führen. Daraus ergeben sich reichlich viele Geschichten und verquere Situationen. Dabei wird das Frausein in Männerdomänen sowie im Berufsleben in allen Facetten – manchmal etwas zu lehrreich – ausgebreitet. Und wenn das unter dem Schreibtisch versteckte kranke Kind der Sekretärin, dann doch von den Männern eifrig bespielt wird, zeigt die Serie sich etwas zahnlos und oberflächlich. Spannend sind hingegen die Momente, wo die Frauen ihre inneren Widerstände überwinden und sich gegenseitig empowern. Wie zu erwarten sind es good looking girls die hier rebellieren, ein Faktor der Feminismus für manchen attraktiver machen kann, aber auch in den Hollywood-Konventionen bleibt. Ein Klischee, was ebenfalls nicht gebrochen wird, ist das der Swinging Sixties, wodurch der Soundtrack ein recht abgenudelter Oldiesampler ist und mensch sogar etwas Sympathie für den Jazz hörenden Chefredakteur bekommt. Mehr Sympathie kommt allerdings auf, wenn auch die Black Power und Black Panther Bewegung thematisiert und auch Intersektionalität kurz angetippt wird.

via GIPHY

Und lustig ist es alle Mal, wenn was cooles als ‚groovy‘ bezeichnet wird. Was aber gar nicht groovy ist, ist, dass nachdem mensch sich mit den Charakteren so gut eingegroovt hat, ein offenbar ganz männlich besetztes Management von Amazon sich gegen eine zweite Staffel entschieden hat und es somit erstmal kein Wiedersehen mit dieser stark weiblich besetzten Serie, mit Buchvorlage, Drehbuch und Produktion von Frauen, geben wird. Im hart umkämpften Serienmarkt fällt vieles nach einer Staffel durch, doch dass es die guten Mädchen traf, kann auch zeigen, dass deren Revolution noch nicht abgeschlossen ist.

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