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Wehret den Anfängen! – Ein Vortrag von Laura

Wehret den Anfängen! – Ein Vortrag von Laura published on Keine Kommentare zu Wehret den Anfängen! – Ein Vortrag von Laura

Gestern hat Laura ein Input zu unserem Umgang mit Antifeminismus bei der Veranstaltung “Wehret den Anfängen! Gegen Rechtspopulismus und Rückschritte in der Gleichstellung” in Dortmund gegeben. Die Veranstalter*innen möchten an diesem Abend ein Zeichen gegen Rechtspopulismus und Antifeminismus setzen. Zu den weiteren Gästen zählen Prof. Dr. Esther Lehnert, Professorin für soziale Arbeit an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, Andreas Kemper, Publizist und Soziologe, Jutta Reiter, Vorsitzende DGB Dortmund, Prof. Dr. Katja Sabisch, Professur für Gender Studies, Ruhr-Universität Bochum, Chantal Louis, Journalistin der Zeitschrift EMMA und Dr. Kerstin Schiffner, Gemeindepfarrerin Ev. Elias-Kirchengemeinde im Dortmunder Westen.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation aus der Arbeitsgemeinschaft Dortmunder Frauenverbände, dem Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund und dem Evangelischen Bildungswerk Dortmund.

Heute werde ich euch einen Einblick in unsere Arbeit, unsere Selbstpositionierung und den Umgang mit Antifeminismus geben.

Das folgende Video, mit dem ich einsteigen möchte, gibt einen Einblick in die aktuelle Situation und stellt gleichzeitig eine Möglichkeit dar, wie mit Antifeminismus und Hate Speech umgegangen werden kann: Tarik Tesfu ist mit seinem YouTube Kanal „Tariks Genderkrise“, der jetzt unter seinem Namen zu finden ist, bekannt geworden. Man of color, schwul und Feminist. Eigenschaften, die unverständlicherweise bei einigen Menschen viel Hass auslösen können:

(Lieber Tarik, du hast ganz viel Applaus vom Publikum erhalten <3 Außer von der AfD. Die ist aufs Klo gegangen.)

So ein satirischer Umgang mit Hasskommentaren ist nicht selbstverständlich. Hate Speech kann verletzten, Angst machen und einschüchtern. Tarik ist es gelungen, obwohl er mit extremen antifeministischen Anfeindungen und Beleidigungen konfrontiert ist, diese und ihre Urheber*innen zu analysieren und eine Antwort zu erzeugen, die in ihrer Lockerheit und Distanz seine gelungene Auseinandersetzung dokumentiert. Dieser Umgang ist das Ergebnis eines Prozesses und muss nicht für jede Person eine geeignete Strategie darstellen. Auf weitere Strategien im Umgang mit Antifeminismus und Hate Speech möchte ich am Ende nochmal zu sprechen kommen, aber zuerst möchte ich unsere Arbeit vorstellen.

Feminismus im Pott ist ein Blogger*innenkollektiv aus dem Ruhrgebiet. Blogger*innen weil unsere Gruppe sich aus Menschen mit unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten zusammensetzt, d.h. Frauen, Männer und Menschen, die sich den Kategorien nicht zuordnen können oder wollen. Der Blog wurde 2014 mit der Intention gegründet, feministische und emanzipatorische Akteur*innen und Initiativen aus dem Ruhrgebiet vorzustellen, über Veranstaltungen zu informieren und eigene Gedanken zu feministischen Themen zu teilen. Wir haben in kurzer Zeit sehr viel Zuspruch erhalten und somit auch stark an Reichweite gewonnen, so dass der Grundgedanke etwas in den Hintergrund geraten ist. Mittlerweile hat sich unsere politische Arbeit auf verschiedene Social-Media-Kanäle, wie Facebook, Twitter und Instagram ausgeweitet, wir organisieren Veranstaltungen oder nehmen als Speaker*innen teil. Der Blog bietet weiterhin auch Außenstehenden die Möglichkeit, eigene Gedanken, Ideen und Kritik zu veröffentlichen. Wenn ihr also daran, interessiert seid, eigene Texte zu bloggen oder uns anderweitig zu unterstützen bzw. Teil der Gruppe zu werden, sprecht uns an oder schreibt uns eine E-Mail.

Der Kampf gegen antifeministische Argumentationen und Akteur*innen ist unserer Arbeit immanent. Die im Video genannten antifeministischen, homo- und transfeindlichen so wie misogynen Beleidigungen sind uns bekannt, immer wieder werden sie unter unsere Artikel gepostet; wir als Gruppe sind davon aber bisher weitestgehend verschont geblieben. Auch wenn die Gruppe noch nicht Zielscheibe antifeministischer Angriffe geworden ist, haben wir sie als Privatpersonen in unterschiedlichen Kontexten erlebt oder sind mit Menschen vernetzt, die davon extrem betroffen sind.

Antifeminismus erreicht uns überwiegend in Form von Femi-Nazi Memes und Kommentaren, die uns eher zum Schmunzeln bringen. Nichtsdestotrotz verbirgt sich dahinter Chauvinismus, Frauenhass und Unwissenheit.

 

Ein letztes Beispiel, das gut illustriert, womit wir es die meiste Zeit zu tun haben, ist Folgendes:

Diese Nachrichten erreichten uns auf Instagram und wie später rauskam, richtete sich sein Unmut gar nicht gegen unseren Content, also unsere Postings sondern gegen die einer anderen Seite. Dies zeigt, wie feministische Inhalte als einheitlich und fix wahrgenommen werden und macht damit auch Unwissenheit auf der Gegenseite sichtbar. Die Nachrichten sind emotional aufgeladen und wirr. Es ist keine innere, argumentative Logik zu erkennen, sondern es werden Themen, Begriffe und Gedanken aneinandergereiht und uns entgegengeworfen. Aus Interesse haben wir zuerst auf diese Nachricht reagiert, aber da keine Quellen und Beispiele für die aufgestellten Behauptungen geliefert wurden, haben wir aufgehört zu antworten. Nicht belegte Behauptungen oder falsche Informationen sind Charakteristika dieser Kritik.

Antifeministische Kommentare, die uns erreichen, sind meisten von jungen Männer bzw. Jungs verfasst, konfus und kontextlos. Organisierter Antifeminismus z.B. in Form von Shitstorms oder Bedrohungen per Mail bzw. anderen Kanälen sind uns als Gruppe noch nicht widerfahren.

Womit wir uns weit mehr konfrontiert sehen, sind innerfeministische Kontroversen, wobei wir manche aus unserem eigenen feministischen Selbstverständnis auch als antifeministisch bezeichnen würden, da sie Menschen ausschließen und diskriminieren. Ein Beispiel ist der Umgang mit transidentitären Menschen, also Menschen, die bei der Geburt zwar als Mann oder Frau definiert wurden, diese Geschlechtsidentität für sich aber nicht annehmen können und wollen und danach streben, sich dem anderen Geschlecht körperlich anzunähern. Manche feministischen Positionen lehnen die Einordnung von Trans-Frauen als Frauen ab, was z.B. zur Folge hat, dass ihnen ihre Geschlechtsidentität abgesprochen wird und ihnen der Zugang zu Veranstaltungen und Schutzräumen verwehrt bleibt. Dagegen sprechen wir uns ganz klar aus und empfinden diese Einstellung als antifeministisch. Denn 1. adressiert unser Feminismusverständnis alle Geschlechter, da wir alle unter gesellschaftlichen Normen, wie der Einteilung in Mann und Frau mitsamt der zugeschrieben (Charakter-)Eigenschaften und Aufgaben zu kämpfen haben und 2. weil wir der Meinung sind, das Geschlecht nicht biologisch bestimmt, sondern sozial konstruiert ist und wir es jeden Tag durch Verhaltensweisen und Riten produzieren. bzw. aufrechterhalten.

Andere Grenzlinien in der innerfeministischen Diskussion sind Sexarbeit, Intersektionalität oder der Umgang mit dem Islam. Denn Rechtspopulismus hat auch feministische Strömungen erreicht.

Entsprechend hat Kübra Gümüşay einem populären Konzept für den Umgang mit Antifeminismus auf der re:publica 2016 einen Namen bzw. Hashtag gegeben: #organisierteliebe – hinter diesem Slogan verbergen sich die Forderungen, im Netz aktiv zu sein, an Diskussionen in Kommentarspalten teilzunehmen und nicht bloß Negatives zu kritisieren, sondern auch Positives zu loben – das wird nämlich oft vergessen. Ich stimme dem zu. Mir persönlich geht dieses Konzept aber nicht weit genug. Wir müssen Vernetzung leben, uns gegenseitig unterstützen und z.B. durch Markierungen und Verlinkungen im Netz, eine größere Öffentlichkeit und Reichweite für feministische Themen schaffen. Es wird viel von Liebe und Support gesprochen, aber meiner Erfahrung nach wird dieses Konzept bisher nicht weitflächig gelebt, sondern beschränkt sich auf die eigene Gruppe. Gelebte Vernetzung und Support habe ich bisher stark in alternativen, weniger öffentlichen Strukturen wahrgenommen und erlebt. Ich denke, es ist ausbaufähig.

Organisiertem Antifeminismus kann man nicht nur mit Organisierter Liebe gegenübertreten, denn es ist auch ein Kampf – um Teilnahme am öffentlichen Diskurs, Deutungshoheit und unser Recht feministisch aktiv zu sein, ohne verbal und körperlich angegriffen zu werden.
Zum Schluss möchte ich euch noch ein paar pragmatischen Tipps zum Umgang mit Antifeminismus – besonders im Netz – mit auf den Weg geben. Wie man mit Antifeminismus im Netz umgehen kann bzw. möchte, hängt auch immer davon ab, in welcher Funktion man im Netz unterwegs ist: ist man einfache User*in, eine Person des öffentlichen Leben oder Webseitenbetreiber*in?

Natürlich ist jede Reaktion auch davon abhängig, auf welchem Bein einem der Hass erwischt. Es ist in Ordnung, dass man nicht in jeder Situation gleich reagiert. Manchmal möchte man sich einfach zurückziehen, an anderer Stelle reagiert man prompt.

An dieser Stelle möchte ich nur auf die Strategien als einfache User*in eingehen, um euch zu motivieren weiter an Debatten im Netz teilzunehmen oder damit anzufangen:

Man muss nicht mit dem eigenen Namen, dem eigenen Bild oder Standort im Netz aktiv sein, auch wenn z.B. Facebook das fordert

  • Trolle und Hatern öffentlich machen (Instagram-Beispiel)
  • Nicht über geschlossene Kanäle kommunizieren (PN/Mail/Chat)
  • Sich mit anderen aktiven Menschen online wie offline vernetzen und austauschen („Supervision“)
  • Weitermachen ohne Abzustumpfen: es wird sich Routine und Gelassenheit im Umgang mit antifeministischer Argumentation einstellen
  • Aber Grenzen ziehen: Melden, Blocken, AnzeigenSich von ein paar Dutzend Trollen und Hatern nicht den Glauben an der Menschheit nehmen lassen
  • Sich nicht zum Schweigen bringen lassen

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