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Zum fünften PorYes Award – Ein Interview

Zum fünften PorYes Award – Ein Interview published on 1 Kommentar zu Zum fünften PorYes Award – Ein Interview

Am 21. Oktober wird zum fünften Mal der PorYes Award in Berlin vergeben. Mit dem Award wollen die Initiator*innen rund um Laura Méritt den „Erotik-Filmmarkt revolutionieren“. Ausgezeichnet werden international bekannte Persönlichkeiten des sexpositiven Feminismus. Lexi, eine der Organisator*innen des diesjährigen Awards, erzählt im Gespräch, wer warum dieses Jahr ausgezeichnet und gefeiert wird.

Chanelle Gallant (by Tania A.)

Fränz: In diesem Jahr wird an Chanelle Gallant ein Spezialpreis verliehen. Wieso bekommt sie diesen Preis?

Lexi: Wir haben in diesem Jahr unser 10-jähriges Jubiläum und Chanelle hat den allerersten feministischen Award 2006 in Toronto initiiert. Sie bekommt den Preis für ihren Aktivismus. Sie schafft eine besondere Verbindung zwischen Sexarbeit und Feminismus. Wenn wir über feministische Pornografie sprechen, ist der Diskurs um Sexarbeit wichtig. Es geht um Rechte von Sexarbeiter*innen, um faire Bezahlung oder um die Kontrolle der eigenen Darstellung. Chanelle Gallant ist außerdem eine wahnsinnig solidarische Person, die sich nicht nur auf ihre eigene Perspektive als weiße Domina beschränkt, sondern sich auch damit auseinandersetzt, wie sie sich mit migrantischen Positionen solidarisieren kann. Sie ist immer am Zahn der Zeit des Diskurses, bleibt nicht stehen und ist eine wahnsinnig wichtige und inspirierende Person für uns.

Was sind wichtige Kriterien für die Jury bei der Auswahl der Nominierten?

Zuallererst geht es darum, Personen auszuzeichnen, die sich um eine sexpositive, feministische und diverse Darstellung von Sexualität_en verdient gemacht haben. Wir wollen auch die Geschichte des sexpositiven Feminismus bzw. „Herstory of Porn“ schreiben, daher ist es uns wichtig, dass Vertreter*innen verschiedener Generationen geehrt werden. Außerdem schaut unsere Jury genau hin: Welche Themen sind wichtig, welche Positionen relevant und wer repräsentiert diese. Zum anderen geht es aber auch um die Einbettung in einen größeren Kontext: Welche Themen sind gerade gesellschaftlich wichtig, bzw. in der feministischen Szene? Wer beeinflusst den Diskurs, bringt die Anliegen des sexpositiven Feminismus voran oder macht einfach tolle Filme?

Wer ist denn dieses Jahr denn ansonsten unter den Nominierten?

Bishop Black, Sky Deep, Maria Llopis, Dorrie Lane und Ms Naughty. Wir zeichnen Bishop Black aus, weil er nicht nur vielfältige Pornos macht, sondern auch Performances. Es ist unglaublich wichtig, was er als gelesener Mann* für eine kritische Männlichkeit und weit darüber hinaus repräsentiert und er ist einfach eine ganz ganz wundervolle Person.
Sky Deep schlägt eine tolle Brücke zwischen Popkultur und Erotik und zeigt, dass beides zusammengehört. Eigentlich ist sie DJane, Veranstalterin und Producerin und kuratierte 2016 das „Reclaim the beats“-Festival. Und macht halt eben auch mal einen Porno. Es ist total schön zu sehen, dass das einfach so geht. Wir zeichnen Sky für ihren ersten Film aus, einen superheißen feministischen Vampir-Porno, der auch noch eine politische Perspektive und Skys eigene Geschichte mit einbringt.

Das hört sich gerade so an, als ob ihr eher das „Gesamtkunstwerk“ und das Lebenswerk der Person auszeichnet. Die Person steht dann im Mittelpunkt, verstehe ich das richtig?

Richtig. Wir zeichnen immer Personen aus. Egal ob eine Person ihren ersten Film macht, performt, selbst Regie führt oder eine Person ist wie Dorrie Lane, die zu den Pionierinnen der feministischen Pornografie gehört – wir sind da total undogmatisch. Uns ist es wichtig, viele Perspektiven und Themen einzubeziehen.

War das schon immer so? Die Themen queer und genderfluid sind mir nämlich vor allem in den letzten Awards stark aufgefallen und davor eher nicht so. Davor hatte ich das Gefühl, dass der Award cis-feministisch oder cis-weiblich geprägt war. Hat sich da was verändert?

Es ging immer darum Vielfalt zu zeigen und zu feiern: Vielfalt an sexuellen Praktiken und an Lust. Am Anfang stand vielleicht ein bisschen mehr die „weibliche“ Lust im Vordergrund oder die Tatsache, dass mehr Frauen an der Produktion der Pornos beteiligt sein sollten. Aber schon beim allerersten Award war Sjine Louise Houston mit ihren queerfeministischen Crash Pads und Annie Sprinkle mit ihrem Trans*Lover dabei, Emilie Jouvet mit queeren Darstellern beim zweiten, Monika Treut als deutsche Vorreiterin für trans Menschen und Shu Lea Cheang mit fluiden Personen.
Mit der Zeit kamen mehr Nominierte hinzu, deren Arbeiten stärker queere Schwerpunkte setzen, wie 2013 beispielsweise Lola Clavo oder 2015 Jiz Lee und Buck Angel. Der Award verändert sich, wenn sich der Diskurs verändert und Queerness wurde ja immer prominenter. Das ist das Schöne daran.

Du hast Dorrie Lane erwähnt. Sie ist auch eine der Nominierten und mit Sicherheit schon sehr lange Teil des sexpositiven Diskurses. Wofür wird sie ausgezeichnet?

Dorrie Lane zeichnen wir auch für ihr Lebenswerk aus. Sie ist Pionierin des sexpositiven Feminismus und hat ganz früh schon Filme gemacht. Dabei ging es ihr immer um Vermittlung, um Bildung. Es gibt beispielsweise immer Interviews in ihren Pornos, so dass du die Personen kennenlernst, die im Porno mitspielen. Heute ist das vielleicht ein gängiges Stilmittel, aber Dorrie hat das Anfang der 90er gemacht. Ich würde sagen, sie war eine explizit lesbische Filmemacherin. Jetzt macht sie keine Filme mehr, sondern Vulva Kissen. Das sind wunderschöne Kissen aus Samt, mit allen anatomischen Bestandteilen der Vulva, schön detailliert, da kann man alles erkennen.
Dorrie Lane ist ein total spannendes Beispiel für das Wirken sexpositiver Feministinnen: Die legen sich nicht auf etwas fest und machen das dann die ganze Zeit, sondern machen immer das, was gerade ansteht, mit den Mitteln und Formaten die gerade am sinnvollsten sind. Dorrie Lane machte Pornos, als keine andere Pornos gemacht hat – und jetzt macht sie eben diese Kissen. Sie ist eine Koryphäe und hat ganz viel Vorarbeit geleistet. Für mich wird das – ganz Fangrrrl-mäßig– ein ziemliches Highlight sie persönlich zu treffen.

So eine Rolle würden manche ja auch Laura Méritt, der Initiatorin des Awards, zuschreiben. Wie ist da der Zusammenhang?

Da gibt es eine ganze enge Verbindung mit Laura Méritt. Sie hat nicht nur den Award vor zehn Jahren ins Leben gerufen, sondern macht super viel Arbeit um den Austausch und die Kommunikation über Sexualität anzuregen, über weibliche* Lust aufzuklären und diese zu empowern. Da gibt es beispielsweise den Freudensalon, der seit Jahrzehnten jeden Freitag in ihrem Sexshop Sexclusivitäten stattfindet und sich jede Woche um ein anderes Thema rund um Sexualität, Lust und Begehren dreht. Von Vorträgen, über Austauschrunden bis hin zu Lauras legendären Ejakulationsworkshops. Laura Méritt erarbeitet den inhaltlichen Kern aller Veranstaltungen rund um den Award. Ihr Wissen ist wirklich unerschöpflich. Mir persönlich macht es einfach schon Spaß, Laura beim Denken zuzuschauen.

Laura Méritt (by Polly Fannlaf)

Sind denn die Nominierten beim Award alles Leute, die schon jahrelang eng mit Laura Méritt befreundet sind?

Bei den älteren besteht auf jeden Fall eine langjährige Verbindung. Sie hat viel von der Denkweise der frühen sexpositiven Feminist*innen aus den USA mit nach Deutschland gebracht. Von Leuten wie Dorrie Lane hat Laura Méritt gelernt und jüngere profitieren dann wiederum von Lauras jahrelanger Vorarbeit und Aufklärung hier in Deutschland.
Da ist zum Beispiel María Llopis aus Spanien, die 2002 „girls who like porno“ gegründet hat, um mit Videos, Workshops oder VJ-ing Sexualitäten und Pornos neu zu denken, Identitäten zu hinterfragen und die Pornografie feministisch zurück zu erobern. Sie ist eine wichtige sexpositive Feministin in Spanien, macht nicht nur Filme, sondern bietet auch eine Plattform für Austausch.
Das sieht mensch auch bei Ms Naughty. Sie bringt als Australierin sozusagen nochmal eine ganz andere Perspektive mit rein. Ms Naughty ist eine langjährige Unterstützerin unseres Awards. Vor zwei Jahren war sie beispielsweise als Gästin da, denn es kommen ja auch viele Menschen der Szene, unabhängig ob sie ausgezeichnet werden oder nicht. Ms Naughty zeichnen wir unter anderem für ihre Darstellung von sehr diversen Männlichkeit_en aus, aber auch ihre Offenheit gegenüber vielfältigen Gender und der Erweiterung der Darstellung von Sexualität. Sie macht Pornografie die sehr zugänglich ist und ein sehr breites Publikum anspricht und nicht nur in der queer-feministischen Szene konsumierbar ist, sondern auch in Mainstream reingehen kann. Und das finden wir ganz toll.

Danke Dir für das Gespräch und einen schönen Award wünsche ich euch allen!

Ja, ich freue mich wirklich riesig und werde auch langsam sehr aufgeregt. Danke Dir für dein Interesse. Ich hoffe du kommst rum!

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