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Wenn alle nur ich sind…

Wenn alle nur ich sind… published on Keine Kommentare zu Wenn alle nur ich sind…

… ein Rückblick auf die Ein-Frau-Performance „Imitations of Life“ (Analogtheater Köln)

  von Frau Fuchs

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Quelle: Analogtheater Köln

Das Ich als Kaleidoskop.

Ein Theaterstück mit Annika. Das ist die Schauspielerin, die sich für den Abend dem Publikum als Gastgeberin vorstellt. Auf der Bühne eine Rampe, auf welcher sie hektisch hinauf und hinunter toben wird, an der hinteren Wand links der leuchtende Schriftzug „Being natural is simply a pose“.
Annika verspricht Einblicke in ihr Persönlichstes und doch bleibt sie dabei artifiziell. Oder?
Eine Schauspielerin spielt sich selber – als Schauspielerin und Privatperson, aber wann ist sie die Eine, wann die Andere? Ich bin verwirrt. So, wie sie mit uns redet, dem Publikum, wissen wir nicht mehr, welche Annika und ob überhaupt „Annika“ vor uns steht.

„Me, myself and I“

Da sind ganz viele Annikas, wird man meinen. Obwohl nur eine Person auf der Bühne steht. Sie steht, sie tanzt, sie schlägt um sich, sie kämpft. Ein Aushandeln mit sich selber, darum WER frau ist. Diese ganzen Gesichter von Annika – wem kann der Zuschauer jetzt noch vertrauen? WER ist echt?

Und doch – trotz fehlendem Echtheitsgebot – schafft sie es, zieht uns in ihr gedankliches Labyrinth hinein, spaziert mit uns durch die philosophischen Überlegungen zum Thema Identität. Was sagt Fichte? Nitzsche? Kant? Sie diskutiert mit uns über die alten Schinken seit der Bewusstwerdung, der Erfindung des modernen Ichs. Da ist Annika plötzlich ganz privat mit uns im Kontakt, zeigt uns ihr Inneres durch ihre emotionalen Ausbrüche. Man bekommt immer mehr das Gefühl, dass man jetzt wirklich der ECHTEN Annika begegnet, ganz nah dran ist. Die Echte in ihrer reinsten Form. Wir sehen die Blöße ihrer Persönlichkeit. Sie erzählt von ihrem verstorbenen Vater, ein Mediziner, ihrer Zukunftsangst als junge Künstlerin, junge Frau in einer Welt mit zu vielen Möglichkeiten.
Ja, die Probleme kenne ich. Und du und alle. Aber…

Wenn alle nur ich sind – wo bleibt dann das wir?

Im Pausenplausch mit einem Zuschauer – so bei Wodka und Obst – entsteht noch mehr Intimität. Der Mann aus dem Publikum erzählt ihr von seinen Lebensumständen. Man könnte meinen man würde Zeuge eines Gesprächs bei der Trinkhalle, auf den Fluren der Arbeitsämter, der Bahnabteile, ja, der IKEAs dieser Welt. Eine Begegnung in einem zeitlosen Raum. Bis es weitergeht: Weiter mit dem Hadern um das Ich auf der Bühne des Alltags, das zusammengesplitterte Ganze, was immer wieder in Einzelteile zerfällt, scheiternd.

Tschuldigung, ich bin grad orientierungslos

Annika wird sich nie ganz finden, genauso wenig wie du dich, ich mich, wir uns niemals ganz finden werden. Wir begegnen nur unseren geklonten Schauspielern, viele mimetische Abbilder von dem, was im Gesamten unsere Hauptrolle, das ICH, ergibt. Da können Kant und Fichte und Nietzsche schreiben, was sie wollen. Die zu eingangs gestellte Frage, ob Annika nun die Echte oder die Schauspielerin ist…ob sie uns an der Nase herumführt, uns Nähe vorgaukelt… DAS alles ist Annika.

Ich ist ein buntes Treiben, nichts Physisches, ein ewig dynamischer Kampf der Einzelteile, um die Prägekraft in der Gesamtheit in unserem persönlichen Lebensfilm. Ich ist das, was am Ende bleibt. Ich ist alles von uns.

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