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Rezension: Jurassic World – Die Stilhettos der Urzeit

Rezension: Jurassic World – Die Stilhettos der Urzeit published on Keine Kommentare zu Rezension: Jurassic World – Die Stilhettos der Urzeit

von Frau Fuchs

(Hinweis: Vorsicht, eventuell Spoiler-Gefahr!)

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Bild: gointothestory.blcklst.com

Jetzt ist es ganze 22 Jahre her, dass Hollywood sich etwas intensiver mit dem Thema Dinosaurier auseinandersetzte. Mal davon abgesehen, dass es schon damals nicht neu war surreale Kreaturen mithilfe des Mediums Film zum Leben zu erwecken.

Mit Jurassic Park erschuf Steven Spielberg einen Science-Fiction-Meilenstein der Extraklasse, der die Zuschauer*innen durch glaubhafte Echsenabbilder in ihren Bann zog. Es folgten zwei weitere ebenfalls imposante Nachfolger, die aber natürlich niemals an Teil 1 heranreichen konnten. So sagen es zumindest die meisten Kinder der 90er.

Und jetzt, nach so langer Zeit und so vielen medientechnischen Innovationen, da haut er erneut einen drauf: Jurassic World ist, wie der Name bereits andeutet, der neuste Saurier-Streich – diesmal unter der Leitung von Colin Trevorrow – der den ersten Teil zumindest visuell übertrumpft das ganze Dino-Spektakel einfach mal in unsere Jetzt-Zeit katapultiert und dem*r bisweilen schier ahnungslosen Zuschauer*in Bilder entgegenschießt, die seinen*ihren Bedarf an Unterhaltung und Ereignisgeilheit mehr als erfüllt.

Darwinistisches Popcornkino

Wir sehen sie wieder, unsere Lieblinge aus vergangenen Zeiten, nur noch artenvielfältiger und atemberaubender. Aus dem Park ist eine Welt geworden, ein Universum mit urzeitlichen Monstern im Rahmen einer touristenüberschwemmten Insel irgendwo abgelegen auf hoher See. Hier turnt beispielsweise eine intelligente Raptoren-Gang wie eine Geparden-Meute über die Kinoleinwand, Langhalsdinos grasen in Herden wie die Gnus in Afrika und immerzu wird über das neuste Projekt des orientalisch anmutenden Parkchefs getuschelt, auf welches der*die Kinobesucher*in mental vorbereitet wird. Denn dabei handelt es sich – wie sollte es anders sein – um eine genmanipulierte Riesenbestie, die das grausame Antlitz des uns allen nur zu gut bekannten T-Rex in den Schatten stellt.

Nach so viel visuell trickreicher Innovation werfen wir neben der zugegeben weniger innovativen Story einen Blick auf die Figuren des Films. Denn neben den futuristischen Saurier-Animationen und spektakulären Actionszenen sind die Rollenbilder, die uns Hollywood da aufzeigt, eher steinzeitlich.


Das Konzept des Films kann auf drei unterschiedlichen Dimensionen gemäß der Weltordnung Hollywoods nachverfolgt werden.

Fangen wir auf Ebene drei an: Natur.

Spielberg räumt der Natur die mächtigste Position ein. So fraß die weibliche Riesenkillerechse beispielsweise doch glatt ihren einzigen Artgenossen und vermasselte damit eine Adam-und-Eva-Pointe. Stets können Merkmale observiert werden, die auf die seit Jahrtausenden bekannte Gleichsetzung von Natur und Weiblichkeit hindeuten. Charles Darwins Theorie war nun einmal bahnbrechend.
Auf Ebene zwei bewegen sich die Mim*innen des Films an strengen Regeln heteronormativer Rollenbilder entlang. Während Hollywood zwischenzeitlich ein verkrampftes Verständnis für alternde Frauen zeigt, reicht es nur für einen ironischen Umgang mit dem Vereinbarkeits-Problem von Beruf und Privatleben. Denn Trevorrow zeigt seine Hauptdarstellerin Claire (Bryce Dallas Howard) als gut bezahlte Dinopark-Mitarbeiterin, die allerdings natürlich nicht in der Führungsetage sitzt, sondern möglicherweise als Assistentin des Managements arbeitet. Dieses wird nämlich klassischerweise von Männern besetzt, allen voran dem orientalischen Top-Unternehmer mit leichten Gutmenschattitüden. Vielleicht wird er wegen dieser Schwäche relativ schnell aus dem Film katapultiert?
Während in dem männlichen Pendant unserer Protagonistin, einem berüchtigten Raptoren-Dresseur namens Owen (Chris Pratt) klassische Traummannstereotype, wie das des risikobereiten Abenteurers mit romantischer Ader, reproduziert werden, verwandelt sich Claire im Laufe des Films von einer kontrollsüchtigen, karrieregeilen und viel zu durchgestylten Mittdreißigerin mit unerfülltem Kinderwunsch in eine weibliche Ausgabe von Rambo in Stilhettos.

She’s the man

Offen bleibt, wie das wohl geht, dass selbst nach rasantester Verfolgungsjagd mit durchgeknallten Urzeitwesen die Absätze der Teile nicht abgebrochen sind. Stilhettos wie aus Stein gemeißelt!

Ganz hollywoodlike schwelt selbstverständlich zwischen Claire und Owen mehr als bloße Sympathie, aber kindgerecht und jugendfrei wird darauf nicht rumgeritten. Stattdessen greift man auf einer ersten Ebene mit sarkastischen Querverweisen zu weltpolitischen Krisengebieten und deutet den dritten Weltkrieg einfach mal mit dem Horrorszenario, welches sich in Jurassic World ereignet, an. Das kann sicherlich als ironisches Moment gelesen, aber auch als makabrer Klamauk aufgenommen werden, je nachdem mit welchem Empfindsamkeitsgrad man die 3-D-animierte Kinovorstellung besucht. Zu viel sollte man allerdings nicht über die strategische Ausgestaltung des Storyboards sinnieren, sonst käme man nachher noch auf die Wahnsinnsidee Parallelen zu Terrence Malicks großartigem Werk „Tree of Life“ zu finden, der hierfür ebenfalls die Drei-Ebenen-Erzähltechnik gewählt hat und natürlich die Dinos nicht vergisst.

Jedenfalls erfüllt Jurassic World alle Erwartungen, selbst die einer hollywoodkritischen Feministin.

Ein gefundenes Fressen für ironieverliebte Fans von Special Effects und für alle romantisch veranlagten Kinder der 90er.

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