Skip to content

Flotte Lotte – Das Mädchenmobil in Oberhausen

Flotte Lotte – Das Mädchenmobil in Oberhausen published on Keine Kommentare zu Flotte Lotte – Das Mädchenmobil in Oberhausen

von A.Bendroth

Bild: A.Bendroth

A.Bendroth: Frau Brühl, was ist die „Flotte Lotte“ Oberhausen?

Carina Brühl:Die „Flotte Lotte“ Oberhausen ist ein Mädchenmobil. Unser flexibles, unabhängiges Konzept entspricht einem „Offenen Treff“ für Mädchen. Wir sind nach einem Küchengerät, nämlich einem Passiergerät, welches manuell bedient wird, benannt. Dies geschah allerdings unabsichtlich. Erst später ist uns aufgefallen, dass wir wie ein Küchengerät heißen.

 

Wie kam es zur Gründung des Mädchenmobils?

Unsere „Flotte Lotte“ gibt es seit 10 Jahren. Zunächst entstand im damaligen Mädchenarbeitskreis Oberhausen die Idee ein mobiles Angebot für Mädchen vor Ort  zu schaffen. Im Zuge dessen hat die Evangelische Jugend Oberhausen in Zusammenarbeit mit Frau Leiyendecker das Projekt auf den Weg gebracht. Anfangs wurde ein privates Wohnmobil benutzt und das Angebot war auf ausgesuchte Aktionen und Gemeindefeste begrenzt. Nach und nach wurde unser Angebot immer weiter ausgebaut. Vor etwa 7 Jahren wurde ein Wohnwagen mit einem roten Bulli als Zugfahrtzeug erstanden. Dieses Gefährt wurde von den damaligen Mädchen umgestaltet, so dass es von außen pinke und lila Streifen erhalten hat. Einige Zeit später wurde es erneut umgestaltet. Dieses Mal von einem Graffitikünstler. Seit Ostern sind wir im Besitz eines neuen Wohnwagens, welcher abermals umgestaltet wird. Erneut wird der Graffitikünstler Damian Bautsch zur Tat schreiten.

 

Wie ist der Wohnwagen ausgestattet?

Im Fahrzeug befinden sich eine Sitzecke, eine kleine Küche, ein Bett, welches als sogenannte „Chillout-Area“ umgestaltet ist und einige Schränke mit unserem Material, wie Spiele und Bücher.

 

Welche Angebote gibt es?

Wir haben zum einen unsere festen Einsatzzeiten und -orte. So sind wir an 4 Tagen wöchentlich für je drei Stunden in den Sozialräumen Oberhausens unterwegs. Wie bieten unter anderem gruppendynamische Spiele, Basteln, kreatives Gestalten an. Wir fahren aber auch Schulen und Jugendzentren an und führen dort Projekte zu den Themen Freundschaft, Sexualität, LSBTTI, Ernährung und Genderbewusstsein durch. Einige Projekte werden auch zusammen mit dem Jungenmobil „manni“ durchgeführt. Seit September letzten Jahres bieten wir in Kooperation mit dem Jungenmobil eine LSBTTI Kontaktstelle an. Zweimal wöchentlich treffen sich Jugendliche der LSBTTI-Community in unseren neuen Räumen auf der Marktstraße 152 in Oberhausen.

Aktuell bereiten wir in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Oberhausen eine Frauenbustour durch Oberhausen vor. Hier werden Stationen in ganz Oberhausen angefahren, wo berühmte und interessante Frauen, wie Luise Albertz und Martha Schneider-Bürger gelebt und gewirkt haben bzw. es noch tun. Eine Gruppe von jugendlichen Mädchen betreibt Recherchearbeit über die Frauen und soll im Herbst anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Gleichstellungsstelle, die Frauen während der Busfahrt sowie an den Stationen vorstellen.

 

Wer kann die „Flotte Lotte“ nutzen?

Zu uns können Mädchen von 6 bis 21 Jahren kommen. Es hat sich über die Jahre gezeigt, dass in der Regel Mädchen im Grundschulalter unsere regelmäßigen Angebote im Sozialraum wahrnehmen. Bei der Projektarbeit an Schulen und Jugendzentren sind es meist Mädchen ab 14 Jahren.

 

Fahren Sie auch das CentrO an?

Auf den ersten Blick scheint das Einkaufszentrum CentrO ein prädestinierter Ort für unsere Arbeit zu sein. Das hat sich allerdings als Trugschluss herausgestellt. Dort ist zwar unsere Zielgruppe anzutreffen, (allerdings reisen zum einen Jugendliche aus dem gesamten Ruhrgebiet dort an und weniger aus Oberhausen selbst und zum anderen suchen die Jugendlichen gezielt das CentrO auf, um dort zu shoppen oder eine Cola trinken zu gehen. Deswegen haben diese mangelndes Interesse an unserem Angebot gezeigt.

 

Wo befindet sich denn ein regelmäßiger Einsatzort?

Zum  Standort „Uhlandplatz“ kommen Mädchen im Alter von 6 bis 14 Jahren. Dort hat sich auch die Möglichkeit der intensiven Zusammenarbeit mit den Eltern ergeben, die wir in unsere Arbeit miteinbeziehen.  Der „Uhlandplatz“ gilt als eher sozialbenachteiligtes Viertel, das von Arbeitslosigkeit, alleinerziehenden Müttern und vielen Kinder geprägt ist. Seit 8 Jahren sind wir an diesem Standort aktiv.

 

Wie verläuft Ihre Arbeit in den Wintermonaten?

In den Wintermonaten haben wir die Möglichkeit in Osterfeld im „Café Jederman“ zu arbeiten und am Uhlandplatz haben wir einen Raum im Jugendzentrum, den wir mit Mädchen renoviert und umgestaltet haben.

 

Mädchenmobil_2
Bild: A.Bendroth

 

Wie wird Ihre Arbeit finanziert?

Unser Träger ist das Evangelische Jugendreferat Oberhausen. Außerdem wird unser Projekt über die Jugendarbeit der Stadt Oberhausen unterstützt und erhält jährlich seinen Anteil. Dann sind wir auf Drittmittel und Spenden angewiesen. Beispielsweise wird unsere LSBTTI-Arbeit für 2 Jahre vom LVR finanziert. So erhalten wir auch immer wieder eine Spende des Zonta Clubs Oberhausen, was unserer Arbeit sehr hilft!

 

Warum ist die Arbeit der „Flotten Lotte“ in Oberhausen notwendig?

Gerade in Oberhausen sind in den letzten Jahren einige Jugendhäuser geschlossen worden. Wir können die Jugendarbeit in den Sozialräumen Oberhausens auffangen und in Kooperation zu den Jugendtreffs vor Ort ein umfangreiches Angebot bieten. Unserer Arbeit ist aber auch deswegen besonders wichtig, da wir uns auf die Arbeit mit Mädchen konzentrieren. Die intensive und gezielte Arbeit mit Mädchen bietet diesen einen geschützten Rahmen. Insbesondere in der Pubertät ist es für Mädchen wichtig einen Schutzraum zu haben, den sie vielfältig nutzen können.

 

Wenn nur mit Mädchen gearbeitet wird, bleiben die Jungs dann nicht auf der Strecke?

Das gute an unserem Konzept ist es, dass es in Oberhausen auch das Jungenmobil „manni“ gibt. Sodass die Jungs das gleiche Angebot erhalten und eine vermutete Benachteiligung ausgeschlossen ist. Wir reflektieren und hinterfragen unsere Arbeit immer wieder aufs Neue, sodass wir uns und unser Angebot weiterentwickeln können. Ob bei der „Flotten Lotte“ auch Jungen teilnehmen können, wird als Entscheidung den Mädchen überlassen und ganz oft kommt von den Mädchen ein „nein“. Diese wollen wirklich unter sich sein und unser Angebot wahrnehmen. Natürlich bedeutet das nicht einen generellen Ausschluss. Oft haben wir auch Vereinbarungen wie dass die erste Stunde die Mädchen allein Aktionen machen und anschließend die Jungen dazu kommen können. Oder die Jungen dürfen sich auch Spielsachen aussuchen, sodass räumlich getrennt jede Gruppe für sich spielt

 

Haben Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?

Ja klar, anscheinend assoziiert ein Wohnwagen Prostitution bei Männern. Wir werden hin und wieder mit Andeutungen dieser Art konfrontiert. Des Öfteren haben wir es schon erlebt, dass wir Mitarbeiter*innen als „blöde Emanzen“ oder Ähnliches bezeichnet wurden. Allerdings gehört das nicht zum Alltag, das sind Ausnahmen.

 

Wie ist Ihr Team aufgebaut?

Wir sind neun Frauen unterschiedlichen Alters und Berufes, die auf Honorarbasis beim Mädchenmobil arbeiten. Alle Mitarbeiter*innen nehmen jedes Jahr an unserer Mitarbeiter*innenschulung teil. Bisher waren wir immer im kircheneigenen Ferienhaus in Scharendijke. Hier waren Jahresplanung, Methodenplanung sowie Reflexion angesagt. In diesem Jahr bleiben wir in Oberhausen und erhalten Besuch von einer Referentin von FUMA (Fachstelle NRW). Bei der In-House-Veranstaltung geht es um „Neue Impulse für die Mädchenarbeit“.

 

Frau Brühl, herzlichen Dank für das Interview!

Facebookby feather

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Primary Sidebar

Schrift anpassen
Hohe Kontraste