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LOONCUP – Ein kritischer Kommentar

LOONCUP – Ein kritischer Kommentar published on 1 Kommentar zu LOONCUP – Ein kritischer Kommentar

von ThM

Vorab das Werbevideo der Kickstarter-Kampagne zur Produktion des LOONCUP.

Unbenannt
Looncup, Querschnitt mit Sicht auf die eingebaute Technik

Die Frau*, die sich aus dem Bett schält, ist jung, weiß und entspricht den normativen Schönheitsidealen unserer Zeit. Das kennt frau* soweit bereits, worin es jedoch scheinbar etwas Nachhilfe bedarf, ist der allmonatliche Zyklus und was könnte hierbei besser helfen als eine ausgeklügelte Kickstarter-Kampagne zur Revolutionierung der Menstruation?

Der sogenannte LOONCUP, „theworld’sfirst SMART mentrualcup“, wirbt momentan auf der bekannten fundraising-Website um Unterstützer*innen, die helfen sollen, eine Umsetzung des Projekts zu finanzieren. Die Technologie-Version der herkömmlichen Menstruationstasse soll dank Sensoren, Batterie und Antenne mit dem Smartphone vernetzt werden, um so die Periode zu optimieren und Frauen* in aller Welt helfen ihre Freiheit zurückzugewinnen – soweit zumindest das enthusiastische Werbeversprechen der Erfinder*innen. Die Sensoren sollen nicht nur in der Lage sein den Füllstand der Tasse zu messen und diesen direkt aufs Handy zu senden, auch eine Konsistenz- und Farbanalyse soll möglich sein, wodurch über Monate ein Menstruations-Muster gezeichnet werden und vor gesundheitlichen Veränderungen gewarnt werden soll.

Es könnte fast der Eindruck entstehen, dass diese Neuheit wirklich nützlich ist, hat das Smartphone uns doch schon in so vielen Lebensbereichen geholfen unser Dasein bequemer und effizienter zu gestalten.

Wieso ist da eigentlich nicht früher jemand drauf gekommen?

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Bluttropfen

Vermutlich, weil Frauen* seit Jahrtausenden menstruieren und das hat tatsächlich auch ohne eine App funktioniert, die meldet, wann die Menstruationstasse voll ist oder das Tampon bzw. die Binde gewechselt werden sollte. Versteht mich nicht falsch: auch ich nutze ein Smartphone und kann mich kaum davon freisprechen mir smart technology und deren Entwicklungen zu Nutze zu machen, aber den eigenen Körper kennen und leben – kann das noch funktionieren, wenn man es nur durch einen Bildschirm tut? Auffällige Veränderungen in Farbe und Fluss durch aktives Beobachten wahrnehmen zu können und ein Gespür für den eigenen Zyklus zu bekommen, all dies sind Dinge, die frau* besser selbst leisten kann anstatt einer Ansammlung von App-Daten zu vertrauen, deren Berechnung nicht im Detail nachvollzogen werden kann.

Apropos Daten: Was passiert eigentlich mit denen?

Auskunft gibt die Kampagne darüber nicht, trotzdem bleibt das Gefühl die Gesundheit und Hygiene des weiblichen Geschlechts müsse überwacht werden. Nicht, dass das in der Realität aus gesundheitssoziologischer Sicht nicht auch tatsächlich geschehen würde – man denke hier an den fast schon obligatorischen Frauenarztbesuch – trotzdem wirkt Ansammlung von Gesundheitsdaten im Zeitalter der Überwachungsskandale und kontrollierender Instanzen verdächtig; immerhin lässt sich mit persönlichen Informationen eine Menge Geld verdienen.

Letztlich ist der LOONCUP ein weiteres Produkt unserer Konsumgesellschaft, das darauf ausgelegt ist Profit zu bringen. Eine selbstlos und revolutionär anmutende Optimierung der Menstruation für Frauen* in aller Welt darf bezweifelt werden. Und überhaupt: in aller Welt? Die Stigmatisierung der (menstruierenden) Frau und der fehlende Zugang zu jeglicher Art von Menstruationshygiene sind vielerorts noch immer ein Problem und durch Aktivist*innen in der Vergangenheit vielfach thematisiert und bekämpft worden. Der LOONCUP als Luxus-Gadget ist demnach untrennbar mit einem sozio-ökonomischem Status verbunden, mit dem frau* sich eben dieses leisten kann. Die Kampagne und deren audio-visuelle Präsentation beinhaltet viele kritisch zu hinterfragende Aspekte und schafft eine Menge Raum für Diskussion und Reflexion.Knapp 600 Unterstützer*innen haben das Projekt innerhalb weniger Tage mit knapp 27.000 USD unterstützt. Das ist mehr als die Hälfte des bis zum 31.10.2015 angestrebten Gesamtbetrages.

Frauen* können und dürfen frei entscheiden, ob sie den LOONCUP unterstützen und nutzen möchten und das ist auch gut so. Sie können sich jedoch auch dagegen entscheiden und diese Entscheidung erscheint mir (nicht nur) aus den genannten Gründen nachvollziehbar.

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Röte

 

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Mehr zum Thema lesen:
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Die Verwandlung. Der DivaCup. Ein Erfahrungsbericht von Frau Fuchs

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