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Leserinbrief an die Süddeutsche Zeitung – „repost“

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Von Rita Kronauer, Feministisches Archiv ausZeiten (Bochum)

Mein Leserinnenbrief war eine Reaktion auf die Berichterstattung über die sexualisierteSZ_12_1_2016_ Gewalt in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten, die in der Süddeutschen Zeitung seit dem 5. Januar 2016 erschienen waren. Mein konkreter Bezug waren 2 Artikel. Einmal der Artikel vom 12.1., eine allzu kurze Information über den #ausnahmslos-Aufruf, der gleich mit der Kritik an den Feministinnen beginnt, wann sie denn endlich reagierten, obwohl sie es ja genau damit – und mit anderen Stellungnahmen sowie dem Aufruf zum flashmob auf der Kölner Domplatte am  9. Januar – längst getan hatten. Und selbst wenn sie es nicht getan hätten, so ist jede Frau, jede Journalistin dafür verantwortlich, es zu tun. Das Delegationsprinzip ist keine Organisationsform des Feminismus bzw. von Frauenbewegung/en.

Das Fass zum Überlaufen brachte dann der Artikel auf Seite 2 „Wie Eskalation funktioniert“ (SZ 13.1.2016) des ehemaligen Direktors des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld. Da findet eine relativ seriöse Zeitung wie die Süddeutsche nach 40 Jahren der Thematisierung, des Protestes und der Analysen von Gewalt gegen Frauen keine Expertin, die die Ereignisse aus einer feministischen Perspektive analysiert. Zumal es ja bereits Analysen gab, siehe mein Leserinnenbrief.

 ***

Leserinbrief an die Süddeutsche Zeitung zur Berichterstattung über die sexualisierte Gewalt in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten

links
Spalte eins bis vier

Nachdem in der gestrigen Ausgabe der SZ (13. Januar 2016) wieder einmal ein männlicher Experte die sexualisierte Gewalt in der Silvesternacht einzuschätzen versucht, möchte ich eine Einschätzung aus der Sicht von Frauen dagegensetzen.

rechts
Spalte fünf bis sechs

Es geht bei den Ereignissen nicht einfach um „Gewalt“, bzw. „Gewaltandrohung“, sondern es geht um sexualisierte Gewalt gegen Frauen, ausgeübt von Männern. Um sexualisierte Gewalt in diesem Umfang auszuüben, bedarf es keiner Organisierung, wie sie aus dem sogenannten „organisierten Verbrechen“ bekannt ist. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen ist strukturelle Gewalt, und die Struktur dahinter ist das Patriarchat. Männer demonstrieren mit ihrer sexualisierten Gewalt nicht einfach nur Macht, sie demonstrieren Macht über Frauen.

Es gibt ein Kontinuum, auf dem diese Machtausübungen stattfinden. Schwache Formen von sexistischer Gewalt, die nicht sexualisiert auftreten, werden meist gar nicht als Gewalt wahrgenommen. Dazu gehört auch, dass überwiegend männliche „Experten“ sich zu dem Thema äußern dürfen. Das sind weiterhin die Verschiebungen der Diskussion weg von Überlegungen, wie Frauen sich gegen sexualisierte Gewalt stärken können. Diese Verschiebungen funktionieren, so dass – von Seiten der Politik und der Medien – fast ausschließlich über Ausweisungen und Abschiebungen von nicht definierten Tätern geredet wird. Damit wird die Debatte um die Ereignisse der Silvesternacht nicht nur grundlegend rassistisch, sondern sie wird auch grundlegend sexistisch. Es muss eine fundierte Diskussion darüber geführt werden, wo sexualisierte Gewalt anfängt. Welch eine Heuchelei, wenn vorne in der Zeitung über die Kölner Ereignisse diskutiert und hinten der „Herrenwitz“ hochgehalten wird (siehe SZ vom 9.Januar).

Die existierenden feministischen Stellungnahmen wie „#ausnahmslos“ oder die Stellungnahme des bff – Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe bleiben aus der Verbreitung durch die Medien ausgeklammert. Gleichzeitig wird – auch in der SZ – der fehlende Aufschrei der Feministinnen kritisiert. Über die Frauendemonstration vor dem Kölner Dom am 7. Januar wird nicht inhaltlich berichtet.

Wenn wir nicht wollen, dass rassistisch-sexistische „Bürgerwehren“ die Oberhand gewinnen, dann muss sich auch in der Berichterstattung der Medien etwas ändern.

Leserinbrief
Leserinbrief in der Printausgabe inkl. Karikatur

 

Weitere Links, die ausZeiten empfiehlt:

https://www.change.org/p/heikomaas-schaffen-sie-ein-modernes-sexualstrafrecht-neinheisstnein
http://www.legal-gender-studies.de/sexuelle-uebergriffe-im-oeffentlichen-raum-rechtslage-und-reform
http://www.frauenbeauftragte.org/sammlung-von-texten-gedanken-artikeln-und-kommentaren

 

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