Anlässlich des Internationalen Frauentages 2017 haben wir uns auf die Suche nach Stimmen aus dem Ruhrgebiet gemacht. Wir haben verschiedene Aktivist*innen, Vereine und unsere Grrrl Gang nach ihren Gedanken zum 8.März gefragt.
Was ist in diesem Jahr besonders wichtig? Wofür wird gekämpft und wo gibt es noch Schwierigkeiten? Welche positiven Entwicklungen sind festzustellen?
Ihre Antworten könnt ihr hier lesen. Aber Achtung, ihr müsst ein wenig scrollen!
Wir sind uns bewusst, dass an dieser Stelle nicht alle Perspektiven abgedeckt wurden.
Daher seid ihr, liebe Leser*innen, herzlich eingeladen, eure Gedanken mit uns zu teilen.
Schreibt uns eure Gedanken zum 8.03. als Kommentar auf dem Blog, Facebook oder Instagram.
Wir sind gespannt!
MINA – Muslimisches Frauenbildungszentrum e.V.
Als muslimischer Frauenverein müssen wir uns leider immer noch mit Marginalisierung und dem leidigen Kopftuchthema auseinandersetzen. Themen, auf die wir immer wieder reduziert werden, die aber letztlich auch existenziell für viele von uns sind. Diese Zuschreibungen bedeuten für uns, dass wir zunehmend verbaler und körperlicher Gewalt auf der Straße ausgesetzt sind und immer noch unsere Berufe nicht in dem Maße ausüben, wie es laut Gleichstellungsgesetz und der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2015 möglich sein sollte. Das blockiert uns gewaltig, denn es gibt viele andere wichtige Dinge zu tun. Innermuslimische Erwartungen an die muslimische Frau, die wenig mit dem Islam und dafür umso mehr mit patriarchalen Herrschaftsstrukturen zu tun haben, sind so ein Thema, für das wir gern mehr Zeit hätten.
Bei uns ist immer Internationaler Frauentag und es fehlte bisher die Zeit, daran zu denken. So ist der Termin immer an uns vorbeigerauscht. Wir möchten aber in Zukunft jedes Jahr diesen Tag angehen, um uns als muslimische Frauen mit allen Frauen dieser Welt zu verbinden, zu positionieren, Gemeinsamkeiten zu thematisieren und Bewusstsein für Erkämpftes und Kämpfenswertes zu erzeugen.
In diesem Jahr haben wir ihn bereits vergangenen Samstag gefeiert. Vormittags wurde ein AntiDiskriminierungsworkshop für Mädchen angeboten und Nachmittags gab es ein buntes Programm.
Wir möchten uns mit den Kämpferinnen für Frauenrechte verbinden und anerkennen, dass vieles, was uns hier selbstverständlich erscheint, hart erkämpft worden ist.
Gleichzeitig möchten wir unsere eigenen muslimischen Narrative mitteilen, indem wir an muslimische Role models und Gelehrtinnen von gestern erinnern, die von muslimischen Role models und Gelehrtinnen von heute aus verstaubten Kisten geholt wurden. Wir möchten aufzeigen, dass die muslimische Frau in der Geschichte keinesfalls unsichtbar war, sondern aktiv an Bildung, Politik und Gesellschaft teilgenommen hat – anders als uns rückschrittliche muslimische Strömung das vermitteln wollen.
Josefine Paul: frauenpolitische Sprecherin der GRÜNEN im Landtag NRW
Frauentag 2017: Welche Themen stehen dieses Jahr ganz vorn?
Frauenrechte sind auch im Jahr 2017 keine Selbstverständlichkeit. International versuchen männliche Politiker die Rechte von Frauen zurückzudrehen, ob in Russland, wo ein neues Gesetz häusliche Gewalt zur „Ordnungswidrigkeit“ herabstuft und Frauen ihren gewalttätigen Partnern ausliefert. Oder auch in den USA, wo der neue Präsident nicht nur mehrfach bewiesen hat, welche respektlose Haltung eher gegenüber Frauen hat, sondern die Trump-Administration streicht bereits Mittel für internationale Projekte zur Familienplanung und beschneidet damit das Selbstbestimmungsrecht von Frauen.
Aber auch in Deutschland gehen viele Frauen auf die Straße, damit Rechtspopulisten und Ultrakonservative nicht die Axt an die Errungenschaften der Frauenemanzipation legen. Gemeinsam mit ihnen werden wir auf den Straßen, in den Sälen und in den Parlamenten weiter für den Genderwahn und gegen Frauenfeindlichkeit und alltäglichen Sexismus streiten!
Was bedeutet der Internationale Frauentag für dich?
Weltweit machen Frauen am 8. März auf die Errungenschaften und Kämpfe der Frauenbewegungen aufmerksam. Sie machen aber auch deutlich, welchen Weg wir noch zur wirklichen Gleichberechtigung der Geschlechter und zu emanzipierten Gesellschaften vor uns haben. Die GRÜNEN sind auch aus der Frauenbewegung hervorgegangen. Wir sehen uns auch heute noch als Teil einer solidarisch-emanzipatorischen Bewegung, die für die Rechte von Frauen und Mädchen, die gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter an allen gesellschaftlichen Bereichen und für die Anerkennung und Akzeptanz der Vielfalt der Lebensformen streitet.
Wie werdet ihr dieses Jahr aktiv?
Überall in Deutschland stehen Denkmäler und erinnern an „große Männer“. Mit unserer Aktion „Männer haben Denkmäler, Frauen haben Zukunft!“ wollen wir diese alten Männer in Symbole für Gleichberechtigung und Freiheit verwandeln. Dafür werden Frauen überall in Deutschland diesen Denkmälern pinke Pussyhats aufsetzen.
Die pinken Mützen seit dem Women’s March im Januar in Washington ein Symbol für feministischen Protest. Und auch in Deutschland sind die Pussyhats bereits ein verbreitetes Zeichen feministischen Protests und des Kampfs gegen einen gesellschaftlichen Rollback.
Der Internationale Frauentag erinnert insbesondere an die Errungenschaften von Frauen. Wie könnte der Gedanken des Weltfrauentags im Sinne feministischer Kämpfe weitergedacht/weiterentwickelt werden/inklusiver gestaltet werden?
Nach wie vor bestehen Geschlechterstereotype und beschränken Menschen in ihrer individuellen Lebensführung. Das trifft nicht nur auf Frauen und Mädchen oder Menschen, die sich in einer dualistischen Geschlechterordnung nicht wiederfinden zu, sondern auch auf Jungen und Männern. Darüber hinaus muss es noch mehr darum gehen, die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen und Mädchen in den Blick zu nehmen, zum einen im Lebensverlauf, zum anderen aber auch mit Blick auf die unterschiedlichen Lebenserfahrungen unterschiedlicher Frauen und Mädchen. Nicht nur geschlechtliche Zuschreibenden prägen unsere Alltagserfahrungen, sondern auch der soziale Hintergrund, die sexuelle Identität, eine Behinderung oder ein Migrationshintergrund. Sie und ihre Erfahrungen müssen stärker sichtbar gemacht und einbezogen werden.
Maximiliane Brand: Studienkoordinatorin Gender Studies, Bochum
Ich wünsche mir, dass Menschen an diesem Tag gemeinsam für die Anerkennung und Wertschätzung aller Geschlechter auf die Straße gehen und gemeinsam struktureller Gewalt, Vorurteilen, Diskriminierungen und Ausgrenzungen entgegentreten. #nohate #keinHass #Vielfalt #Empowerment
Gabi Steuer: Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Recklinghausen
In diesem Jahr stehen für mich Frauen im Arbeitsleben im Vordergrund. Hierzu findet am 9.3. eine Ausstellungseröffnung „Frauenleben in RE“ statt, die auf das Leben und Wirken von Frauen über mehrere Jahrhunderte hinweg berichtet. Musikalisch wird anschließend das Thema „Frauen, die die Welt bewegten“ aufgenommen. Für die Kolleginnen habe ich 3 Std. Dienstbefreiung erkämpft. In der Zeit können sie an ihrer inneren Haltung und ihrem Charisma arbeiten. Unterstützt werden sie dabei von einer erfahrenen Improtheaterkünstlerin. Danach dürfen sich die Frauen selbst feiern.
Aktuell ist das Thema Frauenförderung durch die umstrittene Neuregelung des Landesgleichstellungsgesetzes im Gespräch. Wie so oft in der Geschichte wird, wenn es um Frauenrechte geht, mit harten Bandagen gekämpft und Rechte durch alle Gerichtsinstanzen erstritten.
Der internationale Frauentag ist für mich immer wichtig, weil rund um diesen Tag so viele Aspekte, die das Frau sein betreffen, aufgegriffen werden.
Es darf meines Erachtens nicht vergessen werden, worauf die Errungenschaften unserer Gesellschaft in Hinblick auf Frauenrechte beruhen. Der 8.3. sollte dazu genutzt werden, durch ideenreiche Veranstaltungen auch jüngere Frauen anzusprechen, damit der „feministische Geist“ transportiert wird.
Aus unserer Grrrl Gang
Für mich stehen die Bekämpfung von Alltagssexismen, die Sichtbarmachung von CARE-Arbeit(er*innen) und die Zusammenarbeit feministischer Gruppierungen in diesem Jahr im Zentrum. Gerechtigkeit kann nur dann erreicht werden, wenn wir zusammen dafür einstehen und uns nicht gegenseitig bekämpfen und so die eigene Produktivität hemmen.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für dich/für euch?
Vernetzung, Solidarität, Empowerment – ein Tag, an dem wir Seite an Seite für unsere Rechte kämpfen und unseren Zusammenhalt zeigen.
Im Rahmen des Frauentages ist auch ein Nachdenken über feministische Kämpfe sinnvoll. Wen schließen wir ein und wen denken wir möglicherweise (noch) nicht mit? Wer sind für uns „Frauen“? Ist unser Feminismus barrierefrei, intersektional und inklusiv?
Leiden nur (cis) Frauen unter patriarchalen Strukturen und sollte der Feminismus ein Anliegen aller Menschen sein? Auch über solche Fragen sollten wir uns am 8. März Gedanken machen.
Svenja Gräfen: Autorin, Bloggerin und Poetry Slammerin
In Zeiten, wie wir sie gerade erleben – Backlash an allen Ecken und Enden – halte ich sämtliche intersektional-feministischen Themen für enorm wichtig und es fällt mir schwer, da eine Abstufung zu machen. Auf jeden Fall dafür kämpfen, dass uns Errungenschaften und Fortschritte der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht wieder weggenommen werden. Und weiterhin für mich ganz weit oben: ganz grundsätzlich sensibilisieren, feministische Themen und Diskurse nach außen tragen, Gespräche suchen. Feminismus im Mainstream als die Selbstverständlichkeit etablieren, die er leider noch immer sein muss.
Wie wirst du dieses Jahr aktiv?
Um ehrlich zu sein bin ich am Frauentag itself nicht unbedingt aktiver als sonst. Ich habe vor, in Berlin zur Demo zu gehen. Ansonsten gilt für mich das ganze Jahr: Banden bilden, Bündnisse schaffen, neue Netze spinnen – auch offline! – und andere Frauen* supporten.
Dominik Dohmen: Wissenschaftlicher Referent, Gleichstellungsbüro der Ruhr-Universität Bochum
Welche Themen stehen dieses Jahr ganz vorn?
Für mich steht dieses Jahr die Väterarbeit ganz vorn. Väter sollen weiter gefördert und gefordert werden, sich aktiv an der Erziehungsarbeit zu beteiligen, so dass die Vaterschaft aktiv interpretiert und gelebt wird.
Eine stärkere Beteiligung der Väter an der Erziehungsarbeit ermöglicht schließlich mehr Räume für Mütter, sich im Erwerbsleben gleichberechtigt zu entfalten.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für dich/für euch?
Zwischen erhobenem Zeigefinger, dass der Weg des Feminismus noch lange nicht gegangen ist, bis hin zum Feiertag hinsichtlich dessen, was in der Historie bereits erreicht wurde.
Britta Costecki: Gleichstellungsbeauftragte Stadt Oberhausen
Frauentag 2017: Welche Themen stehen dieses Jahr ganz vorn?
Gegen Gewalt an Frauen – Beständiges Thema, das nach wie vor ein nicht hinnehmbares Ausmaß hat – Häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung, Genitalbeschneidung, Vergewaltigung, Ehrenmord, Zwangsheirat, Menschenhandel / Zwangs- und Armutsprostitution, Stalking…
Frauenerwerbstätigkeit – Gleiche Chance für die Frauen am Arbeitsmarkt, partnerschaftliche Verantwortung für die Vereinbarkeit, Aufwertung von „klassischen Frauenberufen“
Armutsfalle – Armutsgefahr Alleinerziehend: in Oberhausen sind über 50% aller Alleinerziehenden von Leistungen des Jobcenters abhängig. Armutsgefahr Alter: Die Durchschnittsrente der Neurentnerinnen in Oberhausen liegt bei rd. 610,- Euro, die der Männer bei rd. 1.100,- Euro…
Flüchtlingsfrauen – Sicht und Sensibilisierung für deren Belange. Abgestimmte Unterstützungsstrukturen, um diesen auch eine reale Integrationschance zu geben.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für dich?
Der Gedenktag bietet alljährlich die Chance, in breiter medialer Öffentlichkeit offiziell auf das zu blicken, was an Gleichstellung bereits erreicht ist und noch deutlicher das zu fordern, was noch zu tun ist. Zur realen und gerechten Gleichstellung von Frauen und Männern ist es noch ein weiter Weg! Und der Internationale Frauentag eröffnet die Möglichkeit, dies in der breiten Wirkung einzufordern.
Der Internationale Frauentag erinnert insbesondere an die Errungenschaften von Frauen. Wie könnte der Gedanken des Weltfrauentags im Sinne feministischer Kämpfe weitergedacht/weiterentwickelt werden/inklusiver gestaltet werden?
… durch interessante Aktionen und Veranstaltungen wie oben genannt, um viele Frauen und Männer zu erreichen und das Thema in die Köpfe zu bringen.
Wie werdet ihr dieses Jahr aktiv?
Frauenempfang der Stadt Oberhausen am 8.3.2017 mit ca. 100 geladenen Frauen, mit Grußworten des Oberbürgermeisters und der Gleichstellungsbeauftragte, Präsentation der Kooperationsparner/innen 2017: Kreishandwerkerschaft, Unternehmerfrauen des Handwerks und Handwerkszentrum Ruhr, Kabarett Sia Korthaus.
Frauengesundheitstage 12.3. – 22.3.2017 „Eine Prise Eigensinn – Die Würze für ein gesundes Frauenleben“ mit Kinoauftakt, Vortragsveranstaltung, Kochaktion und Diskussionsangeboten
Weitere Aktionen in Oberhausen:
Ausstellungseröffnung „Wer putzt den Pott“ am 7.3.2017 zur Situation der Reinigungskräfte
Internationales Frauenfrühstück des Kommunalen Integrationszentrums am 8.3.2017
Marsch durch den Stadtteil Sterkrade zum Internationalen Frauentag am 12.3.2017
Madonna – Treffpunkt und Beratung für Prostituierte e.V.
In diesem Jahr steht das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz, kurz
ProstSchG, ganz vorn. Es soll zum 1.7. in Kraft treten und bringt den
Sexarbeiter*innen kaum Verbesserungen – sie werden mit Pflichten und
Zwängen belegt, erfahren jedoch keinerlei Schutz in ihrer Tätigkeit.
Wir wollen Unterstützung und Aufklärung bieten und in Netzwerken über
Möglichkeiten diskutieren, um die jetzt schon abzusehenden fatalen
Folgen abzuschwächen bzw. eine gesetzliche Verbesserung zu erreichen.
Zudem werden wir dieses Jahr 25 und feiern dies – mit Sexarbeiter*innen,
Freund*innen und Unterstützer*innen. Die vielen Jahre zeigen uns immer
wieder, wie wichtig es ist, daß Thema zu benennen und in die
Öffentlichkeit zu bringen.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für euch?
Er ist ein Tag der Solidarität, des Kampfes für Rechte – und zwar für
alle, die vom gängigen Rechtssystem ausgeschlossen oder diskriminiert
sind. Frauen stehen dabei an diesem Tag vorne, da sie von (fast) allen
Themen berührt werden, die mit Unterdrückung und Ausbeutung zu tun
haben.
Wie werdet ihr dieses Jahr aktiv?
Wir haben uns zum 4.3. (in Bochum wurde der Frauentag vorverlegt) mit
einem Stand in der Innenstadt präsentiert, um auf die Rechte von
Sexarbeiter*innen aufmerksam zu machen – oder auch auf die Beschneidung
ihrer Rechte. Uns ist es wichtig, mit anderen in Austausch zu kommen, zu
diskutieren, Standpunkte auszutauschen.
Der Internationale Frauentag erinnert insbesondere an die
Errungenschaften von Frauen. Wie könnte der Gedanken des Weltfrauentags
im Sinne feministischer Kämpfe weitergedacht/weiterentwickelt
werden/inklusiver gestaltet werden?
Er könnte pointierter sein und gleichzeitig mehr Menschen mit
einbeziehen, Frauen mitreißen, junge Mädchen begeistern – schlicht alle
nochmal dazu bringen, ihre Rollen und Ansichten zu überdenken. Er sollte
eine Selbstverständlichkeit für alle Frauen darstellen, um ihre Themen
darzustellen und Rechte einzufordern: keine Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts, gleiche Bezahlung und gleiche Förderung wie bei Männern,
Miteinbeziehung von Frauen bei vor allem Frauen betreffenden Themen.
Aber auch weitere Themen sollten frauenspezifisch betrachtet werden:
Medizin, Forschung, Wissenschaft etc.
Aus der Grrrl Gang: gG
Dieses Jahr stehen für mich ganz vorn „Muttersein und Ichsein“ und das
„ProstSchG“, dass am 01.07.2017 bedauerlicherweise in Kraft treten wird.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für dich?
Er motiviert mich jedes Jahr, weil er zeigt, dass ich im Kampf nicht
allein bin. Da sind international Menschen, die kreativ, progressiv und
laut sind.
Ich habe aber mittlerweile Schwierigkeiten mit dem Namen dieses
Internationalen Kampftages. Das Frauen benötigt durchweg ein Sternchen.
Feministische Kämpfe dürfen sich nicht (mehr) nur auf die (cis-)Frau
konzentrieren. Allianzen müssen geschaffen und weiter ausgebaut werden.
Sigrid Metz-Göckel: Vorsitzende der Stiftung „Aufmüpfige Frauen“
Welche Themen stehen 2017 an?
Natürlich die geflüchteten Frauen, ohne und mit ihren Kindern. In der öffentlichen Auseinandersetzung sind sie zu wenig präsent, sie sind aber, wenn sie nicht in Deutschland oder anderen sicheren Ländern angekommen sind, vor allem zu Hauf in den Flüchtlingslagern. Es sollten viel mehr Einzelschicksale von Frauen recherchiert und vorgestellt werden.
Der Internationale Frauentag bedeutet mir schon immer viel: Mehr Aufmerksamkeit, Erinnerungen und zivilgesellschaftliche Beteiligung von Frauen und mit anderen Frauen (und Männern). Es ist ein symbolischer Tag, aber darum auch wichtig.
Ich beteilige mich mit einem kleinen Impulsreferat am Genderkongress in Essen, der am 08.03. stattfindet und auch an den Equal Pay Day Aktivitäten in Dortmund mit meiner Stiftung „Aufmüpfige Frauen“
Mir wäre es sehr wichtig, dass zwischen den ‚Altfeministinnen‘ und den jungen Feministinnen, gerade auch den Netzfeministinnen mehr Kommunikation stattfindet. Alte und junge Feministinnen hecken gemeinsame Projekte aus und provozieren Solidarität statt Schwesternstreit. Ich würde gern von den jungen Feministinnen lernen, wie die sozialen Medien besser genutzt werden könnten.
Gleichstellungsstelle der Stadt Mülheim an der Ruhr
In Mülheim an der Ruhr steht in diesem Jahr zum Internationalen Frauentag die Frauen-Netzwerkarbeit ganz oben auf dem Programm. Natürlich ist das auch im Jahresverlauf immer wieder ein wichtiges Thema für uns. Am Mittwoch, 8. März, möchten wir durch die Kooperation der Gleichstellungsbeauftragten in der Stadt Mülheim an der Ruhr (Stadtverwaltung, Sparkasse Mülheim an der Ruhr, Hochschule Ruhr West, Finanzamt) für Frauen-Netzwerke werben, auch indem wir an den verschiedenen Stationen unseres Charity-Walks den Teilnehmenden über Netzwerkarbeit in der Stadt berichten.
Der Internationale Frauentag ist für uns ein wichtiger Tag um auf Gleichstellungsarbeit, Gewalt gegen Frauen und natürlich auch politische Probleme hinzuweisen.
Astrid Platzmann, Grüne Co-Fraktionsvorsitzende der Ratsfraktion, 3. Bürgermeisterin der Stadt Bochum, Gynäkologin
Welche Themen stehen dieses Jahr ganz vorn?
Nach wie vor das pay-gap, es gibt immer noch keine gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit.
Arbeitswelt 4.0 – hier gibt es Chancen aber auch deutliche Fallen:
Es muss kritisch diskutiert werden, was Telearbeitsplätze für Frauen wirklich bedeuten. Es darf durch mobile Arbeitsplätze nicht zu einer noch stärkeren Arbeitsverdichtung kommen (Wenn schon zu Hause arbeiten, kann man gleich noch die Kinder wegbringen, flugs was kochen, die Kinder abholen und auch betreuen, daneben steht der PC an dem die eigentliche Erwerbsarbeit wartet…..). Ebenso können auf diese Weise Vereinsamungstendenzen zunehmen.
Care – gap: Frauen leisten über 50 % mehr an Betreuungsarbeit als Männer.
Frauen in Führungspositionen, in Entscheidungspositionen, in der Politik usw. hier gibt es noch viel zu tun…
Unsichere Arbeitsplätze, dies gilt für Niedriglohngruppen genauso wie für Frauen, die wissenschaftlich an den Universitäten arbeiten. Mit Kurzverträgen besteht keine Aussicht auf Lebensplanung oder konkrete Entscheidungsperspektiven.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für dich?
In erster Linie internationale Solidarität. Die Situation in verschiedenen mittlerweile rechtsregierte europäischen Staaten (z.B. Polen, Ungarn ) ist genauso frauenfeindlich wie die Situation in den USA, wo es zu massiven Rückschritten kommt. Globale Solidarität mit Frauen in Staaten, die Frauen unterdrücken, muss formuliert und öffentlich gezeigt werden.
Öffentlichkeitsarbeit, zeigen, dass es Frauen gibt, die sich engagieren und an einer Verbesserung der Situation arbeiten.
Der Internationale Frauentag erinnert insbesondere an die
Errungenschaften von Frauen. Wie könnte der Gedanken des Weltfrauentags
im Sinne feministischer Kämpfe weitergedacht/weiterentwickelt
werden/inklusiver gestaltet werden?
Die „womens‘ marches in den USA haben gezeigt, dass es viele Frauen gibt, die bereit sind sich zu engagieren. Ich halte es für wichtig die feministischen Ideen in Richtung Solidarität, weiter zu entwickeln. Keine Sektiererei zu betreiben, sondern klar zu machen, dass Feminismus alle Frauen angeht, dass Feminismus eine grundsolidarische Haltung ist und dass der Weltfrauentag nur ein Zeichen sein kann, die gesamte Arbeit aber an allen anderen 364 Tagen des Jahres weitergehen muss. Feminismus muss allgemeinverständlich transportiert werden, keine elitären Sichtweisen in abgehobenen Zirkeln präsentieren, sondern handfest und alltagstauglich sein.
Rita: Frauenarchiv ausZeiten e.V., Bochum
Der Internationale Frauentag ist ein historisches Ergeignis. Frauen begehen ihn seit über 100 Jahren. Der Tag erinnert daran, wie wichtig es ist, in unsere Geschichte zu schauen, unsere Geschichte als Frauen.
Und der Internationale Frauentag ist ein internationales Ereignis, der uns mit Frauen in aller Welt verbindet. In allen Ländern gibt es Frauen, die sich mit anderen Frauen zusammen schließen und für ihre Würde und Gerechtigkeit kämpfen.
Wenn wir uns das klar machen und wenn wir uns erinnern, werden wir stärker.
Eignen wir uns unsere Geschichte an, die Geschichte von Frauen und Lesben. Mit unserer Geschichte im Sinn finden wir die Stärke, die wir brauchen, um in der Gegenwart kreative Formen der Gegenwehr und des Protestes zu entwickeln – Frauen in aller Welt, Frauen aus aller Welt hier bei uns!
Die nächsten Frauenstadtrundgänge finden übrigens am 2. April, 21. Mai und 11. Juni statt.
Katja Sabisch, Professur Gender Studies und ihre Tochter Amelie
Frauentag 2017: Welche Themen stehen dieses Jahr ganz vorn?
Amelie (7): Frauen sollten mehr Rechte haben, in Syrien und anderswo.
Katja (41): Internationalität und Solidarität – am 8. März ist endlich wieder Raum für diese Begriffe, die im (wissenschaftlichen) Alltagstrott zu kurz kommen und sich allzu oft hinter der Formel „Intersektionalität“ verstecken.
Was bedeutet der Internationale Frauentag für euch?
Amelie (7): Was schönes. Ich finde es schön, wenn gefeiert wird.
Katja (41): Meistens Arbeit: Vorträge, Diskussionsrunden oder Empfänge. Im nächsten Jahr gehe ich mit meiner Tochter ein Eis essen. Und abends ein Prosecco mit Freundinnen.
Wie werdet ihr dieses Jahr aktiv?
Amelie (7): „Morgen ist leider nicht frei, deshalb male ich in der Schule ein schönes Bild für meine Mutter. Ein Herzchen mit einer Frau drin. Ein Mädchenfilm schauen wäre auch toll, am besten Bibi und Tina 4, weil es um zwei Mädchen geht, die fest zusammenhalten und anderen helfen.“
Katja (41): Ich feiere mit Ministerin Schulze und vielen Kolleg_innen in Essen. Danach gehe ich vielleicht ins Kino.
Der Internationale Frauentag erinnert insbesondere an die Errungenschaften von Frauen. Wie könnte der Gedanken des Weltfrauentags im Sinne feministischer Kämpfe weitergedacht/weiterentwickelt werden/inklusiver gestaltet werden?
Amelie (7): Auf jeden Fall sollten Mädchen dabei sein!
Katja (41): Das finde ich auch.