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Gefühlsseismografie

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http://lilliboheme.tumblr.com

Ein Besuch bei der Sängerin Jules*Cachecoeur

von Lilli Boheme

Jules*Cachecoeurs musikalisches Abenteuer begann mit einem Dachbodenfund in ihrem Geburtsort Hilden. Dort entdeckte sie die Gitarre ihrer Mutter – selbst sehr musikalisch, gab sie ihre Leidenschaft an die Tochter weiter. In einer Nacht und Nebel Aktion brachte sich Jules selbst das Gitarre spielen bei – da war sie 15. Mehr als 4-Akkorde braucht sie nicht. Die Künstlerin konzentriert sich auf ihre Leidenschaft und das sind Worte. Beeinflusst durch Größen der Pop- und Rockmusik, wie Madonna, Queen und Elvis schrieb sie zunächst englische Texte, die durch erste Banderfahrungen ein Publikum fanden. Empfangen werde ich von der Studentin in einer schönen, lichtdurchfluteten Wohnung über den Dächern von Bochum, die sie sich mit zwei Mitbewohner*innen teilt. Ihr Zimmer ist voller kleiner Details, welche ich erst nach und nach wahrnehme. Alte Möbel, die nach Geschichte duften neben Selbstgemaltem und bunten Collagen.

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Ohrwurmgarant und die deutsche Sprache

Wortspielereien bereiten Jules schon lange eine Freude und so bewahrt sie ihre Gedanken in kleinen Notizbüchern auf, die Gedichte, Kurzgeschichten und sogar einen Roman beherbergen. Und so wurde, was zunächst in getrennten Bahnen verlief, schon bald zu einer Symbiose. Nachdem sie nicht mehr zu befürchten hatte, wie Nena zu klingen, begann sie mit dem Verfassen deutscher Texte. Das Schreiben auf Deutsch liegt ihr mehr, verrät mir die 28-Jährige. „Deutsche Lieder sind direkter“. Die einstige Trennung zwischen Schrift und Klang hat die Künstlerin längst überwunden und in ihren liebesleidheilenden Pop-Chansons persönliche Geschichten mit süßem Gitarrenspiel kombiniert. „Es ist ein gutes Zeichen, wenn ich ein Lied schreibe und davon selber einen Ohrwurm bekomme.“ Das Wort Ohrwurm fällt in unserem Gespräch oft und ist nur dann negativ besetzt, wenn sie sich über Helene Fischers millionenschweres musikalisches Geplänkel echauffiert.

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Gefühlsdame, ähm Diva

Warum tut Liebe weh? Der Inspiration wegen. Herzschmerz als Quelle der Kreativität – das ist auch bei Jules der Fall. Da sind Erfahrungen und Gefühle, die verarbeitet werden müssen in einer Art Selbsttherapie – durch Bleistift und Gitarre. „Es passiert einfach so“, sagte sie. Musik machen als Ventil, um sich nicht in der eigenen Traurigkeit zu verlieren. Viel ist die Rede von Schlüsselbegriffen, die ihr vor dem Schreiben eines neuen Textstückes im Kopf herumschwirren. Seismograph – die eigene Erschütterung nach einer Trennung vermessen und mit ihr arbeiten – das passt. „Eine längere Zeit durchlebe ich ein Gefühl, verarbeite es in einem Lied und gewinne dadurch Distanz – zu dem Lied und zu dem Gefühl.“ Das Ende einer Beziehung hinterlässt keine Wut. Im besten Fall bleibt im Nachhinein eine innere Reinigung. „Das ist doch etwas positives, oder?“

„und ich laufe fort

hier ist kein platz für den verstand.

und ich halte, ich halte fest.

all das, wonach ich greifen kann.

und der seismograf schlägt neu aus,

ich weiß, es wird wieder etwas geben

und ich laufe, ich laufe fort.

doch mein herz fängt an zu beben

egal wohin

ich geh‘.

(Auszug aus ihrem Lied ‚seismograf‘)

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Als große Frida Kahlo Bewunderin sind mir direkt die vielen Bilder im Zimmer von Jules ins Auge gesprungen. Kleine versteckte Verweise am Spiegel oder in ihrer Bildercollage über dem Schreibtisch. Die Malerin scheint auch Jules Lebens zu inspirieren und sie zu begleiten. „Frida Kahlo ist eine Inspiration weil sie die Gabe besitzt ihr Innerstes nach außen zu bringen durch ihre Malerei. Sie ist so mutig und pur. Eine sarkastische, weise und selbstbewusste Frau.“ In Berlin harrte sie schon mal sieben Stunden vor dem Martin-Gropius-Bau aus um einmal die Kunstwerke im Original zu betrachten.

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Das Leben im Pott

Jules sein bedeutet Vielfalt leben – neben ihrer Musik, die sich anhört, wie ein Gemisch aus verliebtem Entzücken und steter Melancholie – steht kontrastierend der Wunsch nach einem ‚Erwachsenenleben auf Zeit‘ gegenüber. „Der banale Wunsch Geld zu verdienen und eine blöde Konsumentin zu werden. Selbstbestimmter, raus aus der WG, freie Zeit und locker sitzendes Geld für die genießerisch-künstlerische Seite.“ Ihrer Wahlheimat Bochum gegenüber hegt sie zwiespältige Gefühle – gerne würde sie ihre Haustür öffnen und in einen Garten voller blühender Apfelbäume treten. Auch wundert sie sich über die wenigen Musiker*innen, die Bochum hervorgebracht hat. Ist dem wirklich so?, frage ich in mich hinein.

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Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie hier ihre Lieblingsorte gefunden hat, wo Zeit non-existent erscheint. Hier also einige, von Jules*Cachecoeurs empfohlenen Plätzen:

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