Ein Gastbeitrag von Lisa Sänger
(Erstveröffentlichung: coolibri, 28.10.2014)
Hannover, Niederlande, Main-Tauber-Kreis: in Klein-Dortmund ziehen heute auffallend viele fremde Nummernschilder ihre Runden. Ihr Ziel ist das Musiktheater Piano, vor dem bereits eine gar nicht mal so kleine Menschenmenge wartet. Einige scheinen sich zu kennen, man umarmt sich, tauscht sich aus „Bist du morgen in Aschaffenburg auch dabei, in welchem Hotel bleibst du?“ Sie alle reisen quer durchs Land, um möglichst viele Auftritte der Classic- und Bluesrock Sängerin Dana Fuchs live zu erleben und nach dem Konzert mit ihr ein Bier zu trinken.
Um Dana Fuchs den Nicht-Eingeweihten knapp zu beschreiben, lässt man am besten den Namen Beth Hart fallen. Während die mittlerweile jedoch ein großer Name der Bluesrock-Szene ist und gemeinsam mit Joe Bonamassa auf der Bühne steht, bleibt Fuchs ein Geheimtipp. Was ihre Beziehung zur eingeschworenen Fangemeinde umso enger macht.
Fuchs kam schon früh mit Musik in Kontakt: „Angefangen hat es für mich mit Classic-Rock, mit Led Zeppelin, den Rolling Stones, Queen. Das kam durch meine älteren Geschwister. Als ich später John Diamond, meinen Gitaristen, in New York kennenlernte, sagte er zu mir, ‚Wenn du Led Zeppelin magst, musst du hören, was sie gehört haben und was die Stones gehört haben usw.‘ Und so kam ich zu Blues und Soul, zu Muddy Waters, Memphis & Laura Johnson. Und Tom Waits, ich liebe Tom Waits.“
Die Stimme der US-Amerikanerin ist wie für Bluesrock geschaffen, so dreckig und kräftig, dass Beispielsweise eine Tina Turner daneben wie ein Chormädchen klingt. Obwohl Bassist Walter Latuperissa dem Begriff „Zerschreddern“ eine plastische Bedeutung verpasst, erhebt sich ihre Stimme noch über Bass und Gitarrensoli. Und nicht nur stimmlich, auch körperlich gibt die 28 Jährige alles, rutscht auf die Knie, schüttelt die Haare und geht immer wieder auf Tuchfühlung mit den Fans. Obwohl sie im Prinzip das ganze Jahr auf Tour ist, wirkt jeder ihrer Auftritte, als ob es um Leben und Tod gehen würde. „Meine größte Angst ist es, dass meine Auftritte mal zur Routine werden, so wie man früher von 9 bis 17 Uhr zur Arbeit gegangen ist und seine Karte in die Stempeluhr gesteckt hat. Ich möchte nicht, dass es jemals so für mich wird und könnte das auch nicht,“ erklärt sie nach der Show und verrät gleich, wie sie gegen diese Gefahr vorgeht: „Heute vorm Auftritt war ich zum Beispiel sehr müde, also hab ich zu den Jungs gesagt, heute spielen wir ohne Setliste. Ich werde einfach ansagen, worauf ich Lust habe. So kannst du ein bisschen Abwechslung reinbringen. Außerdem ist es ehrlicher dem Publikum gegenüber, das merkt sofort wenn du dein Programm einfach nur runter spielst.“
„Wir haben uns sozusagen gefunden“
Das kann man Dana Fuchs wirklich nicht nachsagen. Ihre Songs sind oft sehr persönlich und berührend. Offen erzählt sie von Schicksalschlägen, wie dem Tod ihres Bruders, den sie im Song „So Hard to Move“ thematisiert. „Heute Abend habe ich den Song nicht gespielt. Seitdem mein Vater vor kurzem verstorben ist, ist mir das zu emotional. Als ich es gestern versucht habe, musste ich fast auf der Bühne weinen. Manchmal klappt es, dann lass ich die Band das Lied tragen und distanziere mich von der Geschichte, manchmal klappt es eben nicht.“
Diese Mischung aus Ausnahmetalent, das stimmgewaltig auf der Bühne zum Superstar wird und gleichzeitig eine ganz normale, nahbare Frau ist, ist sicherlich einer der wichtigsten Faktoren der Erfolgsformel Dana Fuchs. Für die Bindung mit ihren Fans sieht sie aber noch einen anderen Grund: „Ich glaube wir passen alle auf die ein oder andere Weise nicht so richtig in die Gesellschaft rein, das hat uns zusammengebracht, wir haben uns sozusagen gefunden.“ Probleme mit Fans, die die Grenze der Privatsphäre überschreiten, gibt es dabei zum Glück nur selten. „Es gab welche, bei denen ich lernen musste, Grenzen zu setzen. Aber diejenigen, die ich nach der Show mit einer Umarmung begrüße, gehören natürlich nicht dazu. Man respektiert sich gegenseitig und ich freue mich, sie zu sehen. Nach der Show hängen wir noch ein bisschen zusammen an der Bar ab, trinken ein Bier und unterhalten uns und das ist wunderbar.“
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