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Die fabelhafte Welt der Caroline

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von Frau Fuchs

Caroline Königs, diesen Namen sollte man sich merken. Denn die Dinge, die die junge Künstlerin entwickelt, sind nahezu genial. Caro schreibt Theaterstücke. Wie kommt man denn dazu?

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Foto: Feminismus im Pott

Das ist so eine Begeisterung, die sie seit jeher gehabt hätte, erzählt sie mit glänzenden Augen. „Theater ist so vielschichtiger als Literatur, es kommen halt alle Ebenen zusammen: Der Körper, die Musik und alles zusammen, nicht einfach nur der Text. […] Das ist immer sehr wundervoll.“
Zuerst dachte sie daran, den Beruf der Schauspielerin zu ergreifen, bis sie im Laufe ihrer zahlreichen Bühnenerfahrungen ihre Leidenschaft im Schreiben von Theaterstücken entdeckte. Natürlich braucht es dazu ein gewisses Know-How und durch ihr Studium der Theaterwissenschaften an der RUB, welches sie aufnahm, lernte sie auch das grundlegende Handwerkszeug dieses Feldes kennen.
Jedoch bringt ein Studium reichlich wenig bei der Fähigkeit kreativ tätig zu werden. Es liefert eben nur Instrumente dafür sich künstlerisch auszudrücken. Caro hat ihr Handwerk gefunden. Gekonnt bedient sie sich der Elemente des Theaters um ihre Fantasiewelten ins Hier und Jetzt zu holen. Dabei lässt sie ihre Expertise anklingen ohne den Kontakt zu einem sehr heterogenen Publikum zu verlieren. So schafft sie es mit ihren Erzählungen auf der Bühne gleich eine ganze Bandbreite an Zuschauer*innen für sich einzuspannen.
Theater, das ist ihr Terrain, da ist sie in ihrem Element. In einer sonst eher ruhigen angenehmen Person verbergen sich Ideen wie glitzernde Kostbarkeiten, die auf einen zweiten Blick in grotesken und rebellischen Farbnuancen vor dem roten Vorhang changieren. Ein wahrer Rohdiamant, diese Dame.

Ihr seid voll die Opfer

Ihr neues Stück „Der obdachlose Otto und die Fashionistas – ein ultratragisches Theaterstück über das Leben der rosafarbenen Plastikpuppen ist der prägnante Titel“ handelt von sechs unemanzipierten Barbies, die auf der Suche nach Freiheit sind. Nach Authentizität. Nach ihrer wahren Identität.
Wie kann denn aber bitteschön eine Barbie, das Artefakt des heutigen Schönheitswahns schlechthin, Feministin werden?
Die Idee zu der Geschichte kam Caro, während sie in einem Nebenjob als Werberedakteurin einen Artikel über die neuen Fashionista-Barbies schreiben sollte. Selbstverständlich war da wenig Platz für Kritik, schließlich sollte es ja den Verkauf dieser Dinger anregen. Caro stand vor einer Aufgabe: Ohne Ironie geht da sicher gar nix. Besonders bemerkenswert empfand Caro den „Swapping“-Ansatz des Fashionista-Barbie-Herstellers: Um Zeit für das Umkleiden der Puppe einzusparen, kann der Kopf der Einen ganz einfach beliebig auf den Körper der Anderen aufgeschraubt werden, je nach Lust und Laune. Nein, wirklich praktisch, so ein beliebiger Identitätswechsel, wenn das alter ego einen ankotzt. Hierin spiegelt sich das, was heutzutage von Menschen erwartet wird: Selbstoptimierte Individuen, die ihren Körper in Schach halten und ihre Wahlbiografien managen, um einem utopischen Ideal näherzukommen und das Mindestmaß eines ökonomischen Mehrwertes zu erreichen. Aber kann so etwas ein Otto auch?

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Fotos: Kasia Malinka

Wer ist eigentlich Otto?

Caro verarbeitet diese Eindrücke in ihrem sozialkritischen Stück, regt zur Reflexion der Barbiepuppe, auch aus historischer Perspektive, an. Eine Gruppe an Fashionista-Puppen, alle mit unterschiedlichen Stärken formiert in bewährter Spice Girls-Manier, leben in der Dreamvilla und gehen gemeinsam durch zumeist emotionale Höhen und Tiefen des Klischee-Tussi-Lebens. Schönheit ist hier eng verknüpft mit persönlicher Potenz und dem Ausmaß sozialer Anerkennung. Kein Zufall, dass man die eigene Gesellschaft und deren Optimierungswahn darin wiederfindet, denn Caro schreibt satirische Stücke in schwarzhumoriger Gewandung. So sollen die plakativen Titel ihrer Inszenierungen und dem darin enthaltenden Spiel mit Worten aufrütteln und den Verstand schärfen für die manchmal zu wenig hinterfragten Phänomene des Alltags. Die sechs Charakterdarstellerinnen erscheinen als „Gefangene in der Gesellschaft“ und kollidieren mit der Erscheinung des obdachlosen Ottos, der eine besondere Rolle im Stück spielen wird. „Wir wollen uns über Leute lustig machen […], die sich über Obdachlose lustig machen.“ Ein sehr kompliziertes Anliegen, was ein besonderes Fingerspitzengefühl bedarf. Dank der Mehrdeutigkeit von Caros Stücken wird dem Individuum Raum gelassen für Interpretationen, für neue Denkansätze oder für eine simple humoristische Abendunterhaltung. Der Künstlerin gelingt auf diese Weise, was so vielen eingestaubten Kommunaltheatermacher*innen nicht leicht von der Hand geht: Die Menschen da abholen, wo sie sind. Das entspricht auch voll und ganz Caros Anliegen als Künstlerin. „Habt euch alle lieb, diskriminiert niemanden ohne Grund.“ So wie bei den Hippies, sagt sie und ein bisschen mehr von der Hippie-Attitüde wird unserer heutigen Gesellschaft mit Sicherheit gut tun. Übrigens hat Caro unmittelbar nach dem Verfassen des Artikels zu den Fashionista-Barbies ihren Nebenjob in der Werberedaktion an den Nagel gehangen und nutzt ihr Talent nun für sinnvolle Dinge, wie das Schreiben von Theaterstücken. Und mit Sicherheit werden wir diese bald auf den namhaften deutschsprachigen Bühnen bewundern können.

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Poster von der Premiere

Nächste Woche könnt ihr bei der Uraufführung von „Der obdachlose Otto und die Fashionistas – ein ultratragisches Theaterstück über das Leben der rosafarbenen Plastikpuppen ist der prägnante Titel“ dabei sein: 16.05./17.05.2015, 19:30 Uhr auf der Studiobühne der Ruhr-Universität Bochum mit der Theatergruppe „Pinky ohne Brain“ Reservierungen unter caroline.koenigs@rub.de, Eintritt frei!

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