Von Steffi Raible
Stefanie Lohaus kommt am 16.05.2017 zusammen mit ihrem Mann Tobias Scholz in den Pott um über das 50:50-Modell aus ihrem Buch „Papa kann auch stillen. Wie Paare Kind, Job & Abwasch unter einen Hut bekommen“ zu sprechen. Das Format ist aber ein etwas anderes, als mensch es vielleicht von anderen Veranstaltungen kennt. Ich habe mit Helena Hartlieb gesprochen, die diese Veranstaltung für das Gleichstellungsbüro konzipiert und somit den Besuch möglich macht.
Die Veranstaltungsreihe „Sowohl als Auch“ ist eines von vielen Angeboten des Gleichstellungsbüros der TU Dortmund. Speziell richtet sich die Reihe an Studierende, soll letztendlich aber auch andere Angehörige der Universität und Externe ansprechen. Die Idee hinter der Veranstaltung findet sich im Titel: „Sowohl Wissenschaft als auch Kultur, sowohl Forschung als auch Praxis – das soll irgendwie diese beiden Aspekte aufzeigen, die bei ‚Sowohl als auch‘ zusammen gebracht werden.“ So präsentiert jede Veranstaltung ein Thema des feministischen Diskurses, sowohl mit der theoretischen Perspektive von TU-Wissenschaftler*innen mit dem Fokus Geschlecht, als auch mit einer Stimme aus eben diesem feministischen Diskurs. Bei der Auftaktveranstaltung im letzten Jahr waren z.B. die Poetry Slammerinnen Svenja Gräfen und Theresa Hahl zu Gast, die (unter anderem) über Feminismus schreiben. Um ein möglichst breites Publikum zu erreichen, findet die Veranstaltung als Lunch Lecture um 12 Uhr in der Bibliothek der TU Dortmund statt. Helena Hartlieb zeigt stolz die designten Brown Bags: „Wir haben auch Lunch-Päckchen mit Müsli-Riegeln, Trinkpäckchen und paar Informationen.“
Liebe Helena, das Thema am 16.05. wird ja das 50:50 Modell sein. Was war deine Motivation für dieses Thema?
Helena: „Zwischen Karriere und Kinderkacke“ – ein etwas provokanter Titel, aber unheimlich passend, was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Man befindet sich genau dazwischen, wenn man Erwerbsarbeit, Care-Arbeit und Familie miteinander verbinden und in Einklang bringen möchte. Das ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, weil ich mittlerweile zwei Töchter habe und wir, also mein Mann und ich, schon sehr früh darüber gesprochen haben, wie wir das eigentlich mal machen wollen. Wie stellen wir uns die Aufteilung vor, wenn wir mal Kinder haben? Sei es Haushalt, sei es Kinderbetreuung, sei es Karriere machen – wenn man es mal so nennen möchte – oder einfach seiner Erwerbsarbeit mit Leidenschaft nachgehen. Das ist ja ein sehr wichtiger Punkt, dass sehr viele Leute, die arbeiten, das nicht nur machen, um damit Geld zu verdienen, sondern auch gerne ihre Arbeit machen und dem leidenschaftlich gegenüberstehen, was sie da machen. Das gilt für uns auch, das heißt, keine*r von uns wollte eigentlich so richtig zurücktreten, aber auch keine*r wollte auf die Zeit mit den Kindern verzichten. Es ist auch manchmal zu kurz gedacht, wenn gesagt wird: „Ja, die Frauen, die sollen Karriere machen und sollen auch die Möglichkeit haben!“ Ich glaube, dass es auch einfach viele Männer gibt, die Väter werden und keine Lust haben, nur der Ernährer zu sein und in die klassischen Rollenbilder gedrückt zu werden und auch Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen. Väter, die auch Lust haben, am Spielplatz zu sitzen und die Kinder zum Kindergarten zu bringen. Es war also ursprünglich ein sehr persönliches Anliegen, mit dem ich mich dann angefangen habe zu beschäftigen, Bücher drüber zu lesen und bin so auch zu dem Buch von Stefanie Lohaus und Tobias Scholz gekommen. So passte das eben mit der Studie, die Professor Meuser und sein*e Mitarbeiter*in Benjamin Neumann mit betreut haben, gemeinsam mit anderen Professor*innen der Partneruniversitäten, z.B. Katja Sabisch. Und so wollen wir uns eben der Frage widmen: „Wie kann gleichberechtigte, partnerschaftliche Arbeitsteilung mit Kind funktionieren?“ Was aber nicht heißt, dass das nur für Menschen, die Kinder haben interessant ist. Care-Arbeit ist ein Thema für alle. Das ist jetzt festgemacht an Kindern, das ist aber nur ein Teilaspekt. Ich glaube auch, dass wir auch auf andere Dinge eingehen werden in der Diskussion, Kinder sind ein Teilaspekt von Care-Arbeit. Weil wir natürlich auch die Frage stellen wollen: Ist das 50:50-Modell eigentlich gewünscht? Was müssen auch Arbeitgeber*innen an Voraussetzungen schaffen? Und natürlich was die beiden aus der Praxis erzählen, die haben jetzt auch das zweite Kind und viel Erfahrung. Das wird nicht nur spannend für die, die sich aktuell in dieser Lebensphase befinden. In der Berufseingangsphase denken z.B. noch viele: „Ach, das betrifft mich doch nicht, das ist doch alles super gleichberechtigt!“ Aber sobald viele Frauen dann im Beruf sind, merken sie die strukturelle Diskriminierung, die aber die ganze Zeit schon da war. So ist das auch bei der Familiengründung und überhaupt bei Care-Arbeit, was ja statistisch auch noch immer auf den Schultern der Frauen liegt. Früh darüber nachzudenken ist schon sehr wichtig.
Was wäre so das coolste Feedback, was du zur Veranstaltung bekommen könntest?
Helena: Ja, das ist natürlich so eine Sache. Also ich würde mich natürlich freuen, wenn jede*r, der*die da war, hinterher so das Gefühl hat, es war informativ, aber auch ansprechend und kurzweilig. Wenn die nicht das Gefühl hatten, dass wir denen jetzt mit einer Keule Gleichstellungsthemen beibringen. Oder: „Das ist einfach eine super Autorin, hat mir Spaß gemacht!“ Wenn das dann vielleicht weiterwirkt: „Ja, das Thema, was sie vermittelt hat, war irgendwie auch spannend“. Wenn jede*r das von verschiedenen Seiten gutfindet und wir da auch Synergieeffekte am Ende erreichen. Wenn Menschen ins Gespräch kommen, die sich sonst vielleicht nicht getroffen hätten. Es soll eine coole Veranstaltung sein! Meine Chefin, die zentrale Gleichstellungsbeauftragte Martina Stackelbeck, hat das so schön gesagt: „Wir wollen weg von diesem Tanten-Image!“ Dass Feminismus und Gleichstellung etwas Verstaubtes sind, was wir nicht brauchen, dem wollen wir etwas entgegenwirken. Deshalb versuchen wir auch Menschen einzuladen, die stark im Netz vorkommen, die da auch mitsprechen, die da den Diskurs mitbestimmen. Es soll aber auch ein generationenübergreifender Diskurs angeregt werden. Bei der letzten Veranstaltung kam eine ca. 70jährige Frau extra von recht weit weg. Sie hat mir davor eine E-Mail geschrieben, dass sie in politischen Gremien arbeite und dass da gerade Poetry Slam und Feminismus, wie man das zusammen bringen könnte, ein großes Thema sei, die fand das so toll und ist dann extra angereist, war auch lange unterwegs. Sie hat ganz viele Fragen gestellt, berichtet, dass sie als junge Frau auch geschrieben hat, das fand ich toll. Ich glaube auch, dass sich auch jedes Mal das Publikum dem Thema anpassen wird, das wir behandeln. Das Format bleibt ja gleich, aber die Themen sind sehr unterschiedlich. Es wäre schön, wenn es immer weiter wächst.
Apropos andere Themen: Steht schon das Thema für die nächste Veranstaltung?
Helena: Für das nächste Mal haben wir das Thema Inklusion geplant. Wir haben an der TU ja den Studiengang Rehabilitationswissenschaft mit Schwerpunkt Frauenforschung. Ich finde auch diese Forschung sollte noch bekannter werden, das ist unheimlich spannend. Sabrina Schramme, die da als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitet, macht viel Biographieforschung und ich lese schon sehr lange den Blog von Laura Gehlhaar. Ich fand den halt schon immer super toll und glücklicherweise hat sie dann ein Buch heraus gebracht. Ich bin ein totaler Fan von ihr! Ich wollte das unbedingt zusammenbringen. Jetzt im November machen wir dann eben etwas zu den Strukturkategorien Behinderung und Geschlecht, wie kommt das zusammen. Auch mit den Erfahrungen von Laura Gehlhaar. Sabrina Schramme wird das dann eben theoretisch behandeln. Das wird toll! Einen knackigen Titel suchen wir natürlich auch wieder.
Und wenn du jetzt mal so rumspinnen könntest, weltweit, keine Kosten scheuend: Wen würdest du dann einladen?
Helena: Ich würde gerne eine der Geekettes einladen, die über Programmieren, über Coding sprechen, Informatik haben wir natürlich hier an der Uni. Ich hätte gerne auch Stevie Schmiedel von Pinkstinks oder Mareice Kaiser, die ich auch sehr toll finde, gerne hier. Da wüsste ich jetzt z.B. noch kein wissenschaftliches Thema hier an der Uni. Oder ich bin ja ein großer Annie Sprinkle-Fan, die hätte ich natürlich gerne da, wenn die was zu Performance machen würde oder so, aber so genau kann ich das gar nicht sagen, weil es da einfach so viele gibt.
Alle Leser*innen sind herzlich zu der Veranstaltung eingeladen. Es wird eine Kinderbetreuung geben.
2 Kommentare
[…] Veranstaltungsreihe „Sowohl als Auch“ des Gleichstellungsbüros der TU Dortmund stellt regelmäßig Stimmen zu feministischen Diskursen […]
[…] Veranstaltungsreihe „Sowohl als Auch“ des Gleichstellungsbüros der TU Dortmund stellt regelmäßig Stimmen zu feministischen Diskursen […]