von Lena und Laura
Gewalt gegen Frauen ist ein allgegenwärtiges, globales Problem. Zu dieser Feststellung bedurfte es nicht erst der Auswertung des Bundeskriminalamtes, die anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen veröffentlicht wurde. Das Ausmaß der Gewalt, die sich explizit gegen Frauen richtet, ist nichtsdestotrotz schockierend: 2018 sind 122 Frauen von ihrem Partner getötet worden, mehr als 114.000 Frauen waren von häuslicher Gewalt, Bedrohungen oder Nötigungen durch ihre Ehemänner, Partner oder Ex-Partner betroffen. Auch in anderen Ländern sieht es nicht besser aus: in Frankreich und Rom sind dieser Tage unzählige Frauen auf die Straße gegangen, um gegen die Untätigkeit der Staaten gegenüber geschlechtsspezifischer Gewalt zu demonstrieren. Im Folgenden befinden sich eine große Bandbreite von Artikeln, die sich mit diesem Thema befassen. Bedauerlicherweise sind wir bei unserer Recherche überwiegend auf Artikel gestoßen, die vor allem weiße, cis und able-bodied Positionen wiedergeben. Hier scheint, wie so oft, eine Lücke in der Berichterstattung zu bestehen. Deswegen haben wir sowohl auf ältere als auch auf internationale Beiträge zurückgegriffen, um auch auf die intersektionale Dimension von Gewalt gegen Frauen hinweisen zu können. Solltet Ihr weitere Artikel haben, die ihr zu diesem Thema beisteuern könnt, freuen wir uns über eure Zusendungen!
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Taz Online: “Die Schuldige” – Das geplante “Soziale Entschädigungsgesetz” gibt einigen Grund zur Hoffnung, Betroffene von Gewalt schneller zu helfen. Auch psychische Formen der Gewalt sollen zukünftig anerkannt werden. Nichtsdestotrotz werden strukturelle Gründe für sexualisierte Gewalt nach wie vor ausgeblendet. Frauen, die gewaltvolle Beziehungen aufrechterhalten, können weiterhin Betroffene von Victim Blaming werden.
“Entscheidend werde die Frage, ob Entschädigungen gezahlt werden oder nicht, wohl „von der Auslegung der Anträge durch die jeweiligen Ämter abhängen“, so Göpner. Der bff fordert deshalb Schulungen für die MitarbeiterInnen in den Ämtern, die die Anträge bearbeiten: „Das Personal muss über die Dynamiken häuslicher Gewalt Bescheid wissen.“”
Weiterlesen: Die Pressemitteilung „Gewalt als folgenschwere Gefahr für Frauen“ des Bundesverbands der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland:
„‘Immer wieder werden Betroffene durch Kampagnen aufgefordert, über Gewalt nicht zu schweigen, sondern sich Hilfe zu holen. Das können sie aber nur tun, wenn es auch ausreichend gut erreichbare und ausgestattete Beratungsstellen gibt‘, formuliert Grieger den Handlungsbedarf an die politisch Verantwortlichen.“
Taz Online: Frau zu sein ist gefährlich – Der in den Medien momentan breit genutzte Begriff des „Femizid“ („Frauentötung“, Tötung aufgrund des Geschlechts) stellt in Deutschland keinen eigenen Straftatbestand dar. Die Bundesregierung verweigert bisher die Anerkennung des Begriffs.
„Männer bringen Frauen um, weil diese auf von der Gesellschaft verpönte Art und Weise von der Rolle abweichen, die ihnen in patriarchalen Systemen zugedacht ist: Männer zu hegen, zu pflegen, zu bewundern, ihnen zu dienen. All dies variiert seit Jahrzehnten im Detail, nicht aber im Muster.“
Zeit Online: Gewalt gegen Frauen durch Partner nimmt zu – Eine Auswertung des Bundeskriminalamt zeigt, dass die Gewalt gegen Frauen im Vergleich zu den letzten Jahren zunimmt. 81 Prozent der Betroffenen von Partnerschaftsgewalt sind Frauen. Ähnlich wie in Frankreich, sollen nun über die Initiative Stärker gegen Gewalt Maßnahmen ergriffen werden, die den Betroffenen von häuslicher Gewalt bessere Hilfestellungen leisten.
“Allein der Bund plant demnach in den kommenden Jahren 120 Millionen Euro für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen in Deutschland ein. In Deutschland gibt es etwa 350 Frauenhäuser. Es gebe weiße Flecken, gerade in den ländlichen Gebieten. Diese Lücken müssten geschlossen werden, hatte Giffey bei der Vorlage des Programms gesagt.”
CNN US: At least 22 transgender people have been killed this year. But numbers don’t tell the true story – Die (tödliche) Gewalt gegen trans Frauen in den USA nimmt verheerende Ausmaße an. Vor allem trans women of color sind betroffen. Doch die offiziellen Zahlen sagen nicht viel über die tatsächliche Zahl der Todesfälle aus. Die Dunkelziffer ist enorm hoch.
„The reality is that when someone lives at the intersection of multiple marginalized identities, when they’re facing not just transphobia but misogyny and racism, the consequences can be deadly,“ McBride said.
Deutschlandfunk: Grieger: Zahl der Beratungsstellen und Frauenhäuser verfünffachen – Interview mit Katja Grieger, Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff)
“Wir haben in Deutschland keinen Straftatbestand oder so was der häuslichen Gewalt, sondern unser Strafgesetzbuch ist nach Gewaltphänomen aufgebaut, Körperverletzung oder Stalking oder so was. Das heißt, wir haben ein sehr großes Problem, die psychische Gewalt, alles, wo es zu keinem Körperkontakt kam, auch zum Beispiel die Gewalt im Internet, das sogenannte Trennungs-Stalking, das strafrechtlich zu fassen.”
Human Rights Watch – Libanon: Systematische Gewalt gegen Transfrauen beenden – Die systematische Gewalt gegen trans Frauen im Libanon wurde in dem 119-seitigen Bericht „Don’t Punish Me for Who I Am’: Systemic Discrimination Against Transgender Women in Lebanon“ von Human Rights Watch in Zusammenarbeit mit anderen NGOs und libanesischen wie auch geflüchteten trans Frauen sichtbar gemacht
“Die Diskriminierung von Transfrauen beginnt zu Hause. Die Befragten berichten von häuslicher Gewalt, auch von körperlichen und sexualisierten Übergriffen, und davon, über lange Zeiträume und ohne Nahrung und Wasser in einen Raum eingesperrt worden zu sein. Viele Transfrauen wurden aus ihrem Zuhause vertrieben, die geflüchteten Frauen sogar aus ihrem Heimatland. Währenddessen haben viele das Gefühl, dass sie ihre Rechte nicht einfordern können. Es gibt im Libanon keine Zufluchtshäuser für Transfrauen in Not, so dass sie alleine auf dem informellen, teuren und oft diskriminierenden libanesischen Wohnungsmarkt eine Bleibe suchen müssen.”
Tagesspiegel Online: Frauenhass ist kein “Kollateralschaden” – Gewalt gegen Frauen ist ein kulturübergreifende Erscheinung. Gründe für den akuten Frauenhass liegen in einem toxischen Männlichkeitsbild. Durch bagatellisierende Sprache in den Medien und einer Beschuldigung der Betroffenen in der Rechtssprechung werde dieses Problem noch verstärkt. Es sei demnach wichtig, gegen Frauen gerichtete Gewalt zu einem strukturellen, die gesamte Gesellschaft betreffenden Problem zu erheben und Vereinzelungen zu vermeiden.
“Stattdessen wird die Gewalt an Frauen und Mädchen gerade auch in den Medien verharmlost und „privatisiert“. Aus einer Vergewaltigung wird eine „Sex-Tat“, aus einem Mord ein „Familiendrama“ oder eine „Beziehungstragödie“. Die Deutsche Presseagentur hat kürzlich beschlossen, diese irreführenden Begriffe nicht mehr zu verwenden, sondern die Taten also das zu benennen, was sie sind: „Frauenmord“ oder „Femizid.“ Das ist ein Beispiel, das hoffentlich rasch Schule macht. Denn die Verharmlosung der Gewalt hat Auswirkungen, zum Beispiel auf die Justiz. So werden Täter, die ihre Partnerin töten, häufig lediglich wegen Totschlags verurteilt.”
Arte – Themenreihe “Gewalt gegen Frauen”
“Wie steht es um den Schutz von Frauen? Dieser Frage geht ARTE zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen nach, der jährlich am 25. November stattfindet. “
„Geschlechtsspezifische Gewalt richtet sich gegen Frauen, die gegen Geschlechterstereotype aufbegehren. Mit ihrem Auftreten, Erscheinen oder ihren Partnerschaften verstoßen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen oftmals gegen vorherrschende Normen, Konventionen und Zwänge, wie Frauen auszusehen, zu sein oder zu begehren und lieben zu haben. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert daher die explizite Adressierung lesben- und transfeindlicher Gewalt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.“
Deutschlandfunk: Mord ist Mord ist Mord – Der verharmlosenden Berichterstattung von Gewalt gegen Frauen wirkt der neue Beschluss der Deutschen Presseagentur (dpa) entgegen, die zukünftig auf euphemistische Beschreibungen verzichten wollen.
“Wenn Medien dann von einem „Beziehungsdrama“ oder einer „Familientragödie“ schreiben, sei das „relativierend und verharmlosend“, kritisiert Katharina Göpner vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe. Was tatsächlich geschehen sei, würde so nicht sichtbar gemacht. „Es wird nicht gesagt, es geht um Gewalt gegen Frauen“, sagte Göpner dem Deutschlandfunk.”
Zeit Online: Zehntausende demonstrieren in Frankreich gegen Gewalt an Frauen – Unter dem Motto #noustoutes (Wir alle) demonstrierten in den letzten Tagen unzählige Personen gegen Gewalt an Frauen auf die Straße und machten dabei insbesondere auf Femizide aufmerksam. Sie forderten dabei ein strengeres Vorgehen des Staates gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Auch Italien tat es ihnen gleich – unter dem Leitsatz “Nicht eine weniger” demonstrierten auch dort mehrere tausend Menschen.
“Die Teilnehmerinnen wollten unter anderem auf die hohe Zahl sogenannter Femizide aufmerksam machen – also Tötungen von Frauen wegen ihres Geschlechts. Auf Schildern war unter anderem „Brecht das Schweigen, nicht die Frauen“ oder „Aggressoren, Stalker, ihr seid erledigt, die Frauen sind auf der Straße“ zu lesen. Die Organisatoren hatten zuvor ein härteres Vorgehen des Staates bei Verbrechen gegen Frauen gefordert. „Mit diesem Marsch werden wir die Behörden zu angemessenen Maßnahmen zwingen“, hieß es in einer Mitteilung auf Facebook.”
Die französische Zeitung Libération hat auf ihrer Website alle Geschichten der Frauen zusammengetragen, die seit 2017 von ihrem Partner oder Expartner ermordet wurden.
Digitales Deutsches Frauenarchiv: Für ein Leben ohne Gewalt
„An diese Geschichte von Protest und Unterstützung erinnert das Digitale Deutsche Frauenarchiv und zeigt: Hinter Errungenschaften wie Schutzeinrichtungen und Gesetzen steckt eine kraftvolle Bewegung. Und die braucht es auch heute, um der Forderung für ein Leben frei von Gewalt in der Politik Gehör zu verschaffen.“
ZDF: Kein Zustand den man Liebe nennt – Stef teilt auf Instagram ihre Erfahrungen mit häuslicher Gewalt, um für das Thema zu sensibilisieren und anderen Betroffenen Mut zu machen. Auch dem ZDF hat sie heute ihre Geschichte erzählt.
„Das Spielen wurde immer schlimmer, das Trinken wurde immer schlimmer. Seine Emotionen an mir auslassen wurde immer schlimmer. Ich hatte das Gefühl, ich laufe auf Eierschalen. Er könnte jeden Moment explodieren. Das ist kein Zustand in dem man leben kann, das ist kein Zustand, den man Liebe nennen kann.“