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Von blutigen Namen und Skaterinnen im Oval

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Von Chiara Fabri

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Am vergangenen Samstag (23.05.2015) hatten die RuhrPott Roller Girls (RPRG) ein Heimspiel gegen Namur Roller Girls (NRG) aus besagter Stadt in Belgien.

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Die Gefühle der Frauen: Die Nibelungen, Schauspielhaus Bochum

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von Frau Fuchs

„Es wuchs in Burgonden ein schönes Mägdelein,

Wie in allen Landen nichts schöners mochte sein.

Kriemhild war  sie geheißen und war ein schönes Weib,

Um das viel Degen mussten verlieren Leben und Leib.“

(Das Nibelungenlied, Wie Kriemhilden träumte; Übers. Karl Simrock, 4. Auflage, 1844)

Wir sitzen versunken – tief – im Publikumsgraben, sind umgeben von Licht und Bühne und schwarzen Lamellen an den Seiten, die den Raum verschmälern. Geteilt werden wir, die Masse im Dunkel, durch einen langen vertikal zum Bühnenschiff angeordneten Steg, der eine schicksalhafte Erzählfunktion einnimmt. Auf ihm getragen, schwimmend auf einem Meer an Zuschauern, erscheinen und verschwinden die zwölf Darsteller*innen.

Dunkel und hell zugleich ist’s.

Und wir einer brennenden, tobenden Kriemhild (Jana Schulz) ganz nah, die den Mord an ihrem Geliebten, Siegfried (Felix Rech), rächen will. Gebündelte Energie aus den verschiedensten Richtungen: zwei kraftvolle Hauptdarstellerinnen und dann diese unfassbar echte Figur des Hagens (Werner Wölbern). Insgesamt spannt uns das großartige Ensemble des Bochumer Schauspielhauses fest ein in die tragische Erzählung über die königliche Familie der Nibelungen, die letzten Endes im Höllenschlund zu ertrinken droht. In der Theaterinszenierung nach Friedrich Hebbel (Mitte des 19. Jh.) wird ein besonderer Blick auf die zwei leidenschaftlich agierenden Frauencharaktere geworfen: Auf der einen Seite die nach außen stark wirkende, aber in Wirklichkeit unermesslich verletzte Kriemhild, die für ihre eigene Vorstellung von Gerechtigkeit kämpft und auf der anderen Seite die mutige, männermordende Brunhild (Minna Wündrich mit imposanter Stimme), die angeblich stärkste Frau der Welt, der im Verlauf des Vorstellungsabends immer mehr ihrer Erhabenheit gestohlen wird und sie letztendlich wie eine zerbrochene Vase in Scherben am Boden liegt. Doch ist keine von ihnen die Böse, nein, beide erfahren sich in der Rolle des Opfers. Diese Gemeinsamkeit ermöglicht neben der großen allumgebenden Kabale aber auch Loyalität zwischen den beiden Frauen, die durch die Heirat Brunhilds mit König Gunter (Kriemhilds Bruder) nun einer Familie angehören.

Mir kann keiner etwas anhaben.

Hier ploppt die verstaubte Idee eines naturalisierten Zusammenhaltes zwischen Frauen als unterdrückte Gruppe des gleichen Geschlechtes auf. Beide tragen ihr gebrochenes Herz vor sich her, dadurch scheinen sie sich näher. Und auch auf die vermeintliche Selbstüberschätzung, die sich bei beiden in der Annahme der Unverwundbarkeit zeigt, folgt der Fall. Offenkundig ist dies die Krankheit, an der alle Figuren des Stückes leiden: Hochmut. Siegfried sei da das populärste Beispiel…

Emotionalität versus psychologische Ränkespiele.

Was mit dem Ende der Geschichte beginnt, verfolgt von einer fesselnden Neugierde der blickenden Augen aus dem Zuschauermeer, dieser Kniff des Regisseurs Roger Vontobel zahlt sich aus. Wie kam es zu einer solchen Misere? Jedoch sollte man keine Stückaufarbeitung bezüglich verfestigter Geschlechterrollen erwarten: So wiederholen sich immer währende stereotype Bilder vom Scheitern der Frau an ihrer übertriebenen Emotionalität und vom Mann, dem es als Einziger in dieser Welt gelingen kann, intrigant erfolgreich zu operieren ohne dabei entlarvt oder ferner noch sanktioniert oder herabgewürdigt zu werden. Altbewährter Stoff wird zu altbewährten Formen verarbeitet. Wer darüber hinwegsehen kann, wird einen kathartisch vereinnahmenden und reichhaltigen Theaterabend erleben dürfen, getragen von einer originär wilden und sagenhaften Erzählung, wie einem ebenso heldenhaften Aufgebot an Schauspieler*innen.

nibelungen_1950(Foto Quelle: Schauspielhaus Bochum)

Nächste Vorstellungen
23.05., 18-23:00 Uhr, Schauspielhaus Bochum

24.05., 16-21:00 Uhr, Schauspielhaus Bochum.

http://www.schauspielhausbochum.de/spielplan/die-nibelungen/

Mama, wie cool bist du denn?

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Frau Fuchs

Ein Rückblick: Frühlingsopfer aufgeführt von She She Pop und ihren Müttern im FFT, Düsseldorf

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Bild: Doro Tuch

Wenn man dich mal genauer betrachtet – dich und deine Geschichte, dich und dein Wesen, dich und dein Leben – dann siehst du plötzlich ganz anders aus. Das tut man doch viel zu selten: Die eigene Mama als Menschen begreifen.

She She Pop machen das. Mit ihren Müttern. Einen ganzen Abend, in fünf Akte, zwei untermalt von Strawinskys wilder Ballettkomposition „Frühlingsopfer“. Und das kann bunt, heiß und sehr konfliktgeladen werden. Denn die vier Akteur*innen des Gießener Tanztheater-Ensembles kämpfen im Bühnenlicht des Düsseldorfer Tanzhauses NRW gegen die häufig übergroß erscheinenden Schatten ihrer Kindheit. Sie rebellieren gegen die Eigenarten der Erziehungskultur ihrer Mütter. Und die Mütter, deren projizierte Abbilder auf vier riesenhaften Leinwänden allmächtig und stark wirken (weil sie Mütter sind und gestandene Frauen?), sie erzählen von ihren Erfahrungen als junge Frauen, sie sprechen über die Opfergaben, die sie ließen, um Mutter zu sein. Sie sprechen über die Teile ihrer Persönlichkeiten, ihrer Körper, Bereiche ihrer Freiheit, die sie hergeben mussten, um ein Kind groß zu bekommen.

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Lange Filmnacht des IFFF 2015 – Wir irritieren euch in eurem Spießerdasein

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von Frau Fuchs

Leise bricht der Abend herein und birgt einen Reigen an Kurzfilmen junger Künstler*innen zum diesjährigen Themenschwerpunkt KOMFORT. Aufregung herrscht, trubelig flattern die Eintrittskarten an der Kasse, alle sind gespannt auf den „Höhepunkt des Festivals“, wie ich einen Tag zuvor in einem Gespräch zwischen zwei Besucherinnen aufschnappte. Es sei eigentlich jedes Jahr das Schönste, so die eine zu der anderen. Die Halle im domicil jedenfalls ist gefüllt mit einem intergenerativen Publikum. Es dauert eine Weile bis alle auf ihren Plätzen sitzen und das reichhaltige Programm kredenzt werden kann. Diese Unterschiedlichkeit, diese Vielfältigkeit der Geschmacksrichtungen jedes der 13 einzelnen filmischen Kunstwerke beschwingt, ohne dabei dröge zu schmecken, so handelt es sich vielmehr um eine kurzweilig genießbare Komposition, die einige Absurditäten bereithält.

lange filmnacht frau fuchs kritikfoto
Konsum als KOMFORT

Wie umgehen mit dem Überangebot an Produkten des täglichen Konsums? Ein chinesisches Mädchen hinterfragt ihr eigenes Verhalten und tut sich schwer mit der Unterscheidbarkeit von selbstbestimmter und fremdbestimmter Entscheidungsfindung in einem neokapitalistischen System. Der Film „A Choice Maybe Not*“ (2013) von Jenny Wu, die selber ein feministisches Filmfestival im Untergrund Chinas mitinitiiert, belegt, dass Konsumkritik trotz politischer Repressionen auch im fernen Asien betrieben wird. Die Menschen suchen sich ihr Medium für ihre Stimme.
Debra Solomon veranschaulicht die alltägliche Problematik des Auf-die-Pelle-Rückens an öffentlichen Orten. Sie visualisiert mit comicartigem Zeichentrick in „My Kingdom“ (2014) auf unterhaltsame Weise die imaginäre körperliche Grenzziehungspraxis, die von Mensch zu Mensch sowie Kultur zu Kultur verschieden ist.

Endlich wird uns in „Life is beautiful“ von Sasha Pirker (2008) offenbart, was es mit der Vorspannszene, die vor allen Filmen des IFFF 2015 auf der Leinwand erscheint, auf sich hat. Dokumentarisches Bildmaterial, das Assoziationen mit der eigenen Kindheit wachruft und den aktuellen Retro und lo-fi-Trend bedient. Eine dickköpfige Dreijährige knatscht, als sie sich von dem elektrisch betriebenen Münzschaukelpferd trennen muss. Untermalt von tapsiger American Beauty-anmutender Melodie vermittelt die Szene den Eindruck Zeuge/Zeugin* eines ganz persönlichen Kindheitsmomentes zu werden.
Ruhe findet man beim Anblick der Stoffbahnen in „Catalogue“ der Filmemacherin Dana Berman Duff (2014), die ein interessantes Experiment wagt: Die Vermischung dreier Realitätsebenen. Ausstellungsfotografien aus einem Katalog illustrieren wundervoll ästhetisch drapierte Stoffbahnen, reinste Baumwollbettwäsche, die beim Anblick nach Frische zu duften vermag, kristallen leuchtende Weinpokale und weitere Szenerien ansprechenden Interieurs. Leichte Knicke im Papier der abgefilmten Katalogseiten entlarven die Mimesis dieser Eindrücke. Der Blick der Betrachter wird über zwei Wahrnehmungsebenen gefiltert. Die Künstlerin vergegenwärtigt einmal mehr die Einkapselung der Realität durch die Wege medialer Projektion insbesondere in der Werbung. Ein luxuskritischer Fingerzeig?

 

Denk‘ mal’n bisschen nach darüber, was du da so tust.

Wir sehen in „Mitläufer“ von Vlada Majic (1970) idyllische Szenen von durch Schnee stapfendem Nutzvieh, die uns aus heutiger Sicht in unserem horrenden gesellschaftlichen Fleischhunger und in den Konsequenzen unserer Eingriffe in die Natur mahnen. Doch das Programmkonzept hat es nicht nur auf unser gestörtes Ernährungsverhalten abgesehen, sondern auch auf die Doppelbödigkeit unserer pornofizierten Alltagsgestaltung. So fordert Vika Kirchenbauer in „Please Relax Now“ (2014) zwölf Minuten dazu auf, sich selber sexuell zu befriedigen und treibt es auf die Spitze. Gefühle der Beklemmung, Irritation und Belästigung machen sich in Form von schamhaftem Gekicher oder auch verschüchtertem Schweigen im Saal bemerkbar. Ein Spiel mit den Grenzen des Sozialen durch Provokation, das sind Vika Kirchenbauers Hintergründe. Das kurze Interview nach dem Film lindert die Ungemütlichkeit der Wirkung dieses Kurzfilms. Wir erfahren uns als berechenbare soziale Wesen.

 

Musik ist die Lösung aller Probleme

Nach einer kurzen Pause werden wir berieselt von zauberhaften, musikalisch unterschiedlichen Klängen. Die Sängerin von „Julie Ruin“ gibt sich zum Rock’n Roll-Beat von „Just my kind“ den tosenden Wellen des Sommermeeres hin, die Goldenen Zitronen füllen in „Scheinwerfer und Lautsprecher“ eine Messehalle mit wütend sozialkritischer Dauerschleifenankündigung, während die Urlaubstöne von „I think I was an alien“ der französischen Sängerin SOKO mit Aufnahmen im Handykamerastil untermalt werden. Auch der Clip zu EMAs Song „Take one two“ behält den Handkamerablick bei und spielt mit der Echtheit privater Impressionen von Dragging-Aktivitäten im Jugendzimmer. Das Muvi-Programm gibt uns mit zehn Filmclips zu Songs von verschiedenen Interpret*innen frei in die bevorstehende Partynacht. Wir fühlen uns rein und beseelt wie nach einer Dusche. Musik kann so viel. Wir sollten viel mehr Musik hören…

Love Island. Auf einem FilmFestival kann es nicht immer Kuchen geben.

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von Albert Byrd und Chiara Fabri

Im März 2015 schrieb Steffen Jan Seibel im ZEIT Magazin online, dass es nur eines Schwulen auf der Leinwand bedarf, der „etwas typisch Schwules“ tut, damit der Kinosaal lacht. „Das wäre so, als würde das Kino lachen, wenn in einem Film ein alter Mann alt ist und etwas typisch Altes tut. Im Sessel sitzen, zum Beispiel.“* Den Herrn Seibel kann n** jetzt ganz gut hinzuziehen, denn die pseudoprogressive Dreiecks-, Beziehungs-, Sommerkomödie „Love Island“ mit angeblichen Balkan-Humor schafft genau das; auf so vielen Ebenen und das alles in anstrengend.
Sie Französin, Landschaftsarchitektin, er Bosnier, Bandmanager. Sie schwanger, er nicht der Hellste. Zusammen ein Ehepaar. Kroatien, Strand und all-inclusive Cluburlaub. Und dann, festhalten, trifft sie ihre Ex. Jaha, ihrE Ex. Und dann geht es hin und her. Sie will ihre Ex nicht mehr sehen, dann geht sie zu ihr und küsst sie, aber die hat schon ihren Mann verführt, der voll Bock auf Sex mit der Ex (ihrer Ex, nicht seiner) hat, dann sind alle traurig und/oder sauer, es geht hoch und runter und am Ende? Am Ende knutschen sich alle drei, in Angesichts des Neugeborenen und der Idee einer Menagé a troi aka Regenbogenfamilie aka das letzte Wörtchen ist noch nicht gesprochen. Und am Ende? Am Ende hat man Honig im Kopf, nur ohne Till Schweiger in der Regie. Dafür mit Jasmila Žbanić und die hat im Vergleich zum Till, irgendwann mal einen goldenen Bären abgeräumt. Aber nicht für „Love Island“ und ich lehne mich nicht sehr weit aus dem Fenster, wenn ich hier mal proklamiere: Das bleibt auch so.

cdn.indiewire.com

Es mag sein, ich bin zu blöd, um die hohen Motive von Jasmila Žbanić zu verstehen. Vielleicht hat sie ja bewusst, mit dem Ziel ein breiteres Publikum für alternative Beziehungskonzepte zu sensibilisieren, die Sprache des ZDF Fernsehgartens angenommen. Vielleicht wurde auch jeder noch so kleine Stereotyp ausgepackt und zu Tode klamaukt, um einen Kontrapunkt zu setzen. Um zu zeigen, dass man sich, ohne das eigene Gesicht zu verlieren, über die eigenen Vorurteile erheben kann. Ja vielleicht habe ich die Anspielung mit dem Ritter, der unerwartet durchs Bild reitet zu Unrecht als billiges Garden State-Plagiat verstanden und ich sollte eher in der Bergmann-Ecke nach einer besseren Erklärung suchen.
Oder aber Jasmila Žbanić hat diese ganze intellektuelle Scheiße von früher satt, Nachkriegs-Bosnien ist eh voll 1990er, und will jetzt mal so richtig die dicke Kohle der Filmförderinstitutionen für Quatsch verballern. In diesem Zuge kann sie auch Franco Nero, ganz charmant – seine Karriere als testosteronsprühender Westerndarsteller lief wohl gerade aus – sexdebil über die Bühne schleifen.
Was Žbanić schaffte (hoffentlich ohne es zu wollen) ist, dass die Tatsache, dass zwei oder mehr Menschen, egal welchen sozialen Geschlechts, die konstruktiv alternative Formen des Zusammenlebens erwägen und ausprobieren, eine inadäquate Lächerlichkeit erfährt. Sie hat es geschafft, dass ein Kino vollgepackt mit ihrem Publikum, das bei näherer Betrachtung auch keine 30 mehr ist, sich amüsiert, wenn sich da zwei Männer küssen, die eine Frau die andere befriedigt und in krudester Manier jeder Hauch von argumentativem Diskurs über angesprochenen Sachverhalt mit subversiven Fickwitzchen davon geblasen wird.

Wilkommen im deutschen Kino, Frau Žbanić.

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Kroatien, Deutschland, Bosnien Herzegowina, Schweiz. 90 Minuten
Regie: Jasmila Zbanic
Drehbuch: Jasmila Zbanic, Aleksandar Hemon

* www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2015-04/schwule-witze-homosexuell-humor
** n ersetzt das allgemeine ‚man‘

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