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Gender und die Kunst ein Motorrad zu warten – Kapitel 3

Gender und die Kunst ein Motorrad zu warten – Kapitel 3 published on Keine Kommentare zu Gender und die Kunst ein Motorrad zu warten – Kapitel 3

erstmalig veröffentlicht am 24.06.2014 von queer_distel

Manchmal ist es ein bisschen seltsam.

achja, die 80er Jahre haben angerufen, die wollen ihren Motorradanzug zurück!

…wurde mir neulich im Scherz gesagt. Also…

  1. ist meine Kombi erst 13 Jahre alt und ziemlich gut gepflegt,
  2. freue ich mich sehr darüber, wieder hinein zu passen,
  3. ist das Outfit zeitlos und steht mir ausgezeichnet.

Nur mussten neue Stiefel und Handschuhe her, weshalb ich mich wieder einmal auf die Suche begeben musste.

Ein Motorrad zu kaufen scheint eine Kunst für sich zu sein, von der ich heute nicht erzählen werde. Eine ganz andere Kunst ist es, die allgemein bekannten Fachgeschäfte für Motorradbekleidung und -Zubehör zu betreten und dabei als weiblich* lesbare Person nicht mit klar gegenderten Rollenbildern konfrontiert zu werden, obwohl viele Indizien dafür sprechen, dass diese in der Realität längst widerlegt sind.

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Gender und die Kunst ein Motorrad zu warten – Kapitel 1

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von queer_distel
erstveröffentlicht am 11.05.2014 auf ruinendistel.de

 

Jahrelang bin ich nicht selbst Motorrad gefahren. Aus unterschiedlichen Gründen. Allerdings auch, weil ich mich während der Zeit in der ich gefahren bin immer wieder mit Menschen auseinander setzen musste, die meine Kompetenzen – was das Lenken eines so hoch komplexen Gerätes anbelangt – infrage gestellt haben. Da wurde ich beispielsweise durch runtergelassene Scheiben an der Kreuzung von männlich* lesbaren Verkehrsteilnehmenden angeraunzt, ich “Mädchen” solle mit meinem “Roller” runter von der Straße; oder musste mir schon während der Fahrprüfung von dem sich selbst klar als männlich* definierenden Prüfer einen Spruch nach dem anderen anhören:

 
“Trauen Sie sich das denn zu, so als Frau?”

“Haben Sie keine Angst vor Kurven, wenn nasses Laub auf der Straße liegt?”

“Sie wirken heute etwas schwach, möchten Sie die Prüfung nicht lieber verschieben?”

 

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Süßer kleiner Scheißdrache

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Von Chiara Fabri

Anfang des Jahres 2015 las ich in einem Artikel in der mobil, dem Magazin der Deutschen Bahn. Titel „Lesen früh fördern“. Der von einem ehrenamtlichen Großprojekt berichtet(e), bei dem Erwachsene in ihrer Freizeit in Schulen und Kindergärten zu Besuch kommen und dort den Kindern ein oder mehrere Zeit- oder Schulstunden vorlesen. Super Projekt. Irgendwann einmal werde ich hoffentlich auch die Zeit dafür verschenken können, Kindern und mir beim Vorlesen eine Freude zu machen und auf beiden Seiten zu lernen. Doch. Aber. Und dennoch. Muss ich. Leider. Dort stand eingangs:

„‘Bin ich wach oder träume ich?‘ dachte Felix, als er eines Morgens aufwachte und in seinem Zimmer ein Drache saß“, ließt C[…] V[…], „ein ganz kleiner Drache, so groß wie ein Kätzchen.“ Sie hält ein Bild des Drachens in die Höhe. „Der ist süß, oder?“, fragte sie in die Runde. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 2a der […]schule in […] nicken. „Jaaaaaaa!“, ertönt es mehrstimmig.“

 
Und so lernen sie im Kollektiv, dass ein Drache, der, klein wie ein Kätzchen, süß ist. Welcher Vergleichswert wird den Kindern ohne Ausscheren geradezu vorgebetet? Dass, was klein ist, süß ist. Dass, was die Höhe eines Kätzchens – keiner Katze, keinem Kater, eines Kätzchens – hat, süß ist. Hier wird ein Adjektiv 1 zu 1 übertragen. Ein Drache in dieser kleinen Größe ist süß.
Ist das kleine Drachilein das?

Ich denke, so ein kleiner Drache kann scheißegefährlich sein. Es kann übel aus den Ohren und dem Arsch riechen, unter den Schuppen kann sich giftiger Schleim bilden, der bei Berührung und leichtem Druck dickflüssig hervorquillt. Dieser Schleim löst Quaddeln auf der Menschenhaut aus oder juckende Reizung oder Übelkeit oder Taubheit. Oder der Drache speit Feuer. Ich meine, Feuer ist immer gleich heiß. Also in seiner Mindesthitze. Nach oben offen heiß. Ich meine, es gibt kein süßes kleines Feuer. Feuer ist nie süß und auch die Romantik im Feuer ist ein kategorisches Ignorieren von Gefahr.
Also. Warum werden die Kinder suggestiv gefragt? Warum wird nicht offen gefragt?
Weil die fragende Person es nicht kann. Weil die Zeit im Konzept nicht reicht. Weil die Phantasie der Kinder nicht einzuschätzen und unter Umständen nicht aufzuhalten oder (bitte nie) zu lenken ist. Weil nicht eingeplant ist, sich in der Frage zu verlieren,

was der Drache ist,

dahingehend, was ein Drache ist,
dahingehend, was ein Drache kann,
dahingehend, ob es Drachen gibt.
(Da ist ja sogar noch eine wichtige Frage zuvor noch offengeblieben, nämlich, ob das Kind in der Geschichte wacht oder träumt – Oder etwas dazwischen? – Kann man wachträumen? – Oder traumwachen? – muss man schlafen, um zu träumen? – Sieht man im Schlaf?).

Die Kinder lernen: Was klein ist, ist süß.
Und reagieren kollektiv mit Jaaaaaa.
Da ist kein Platz für eine andere Meinung.
Wer so eine hat oder bei wem diese gerade zu keimen beginnt, aber noch nicht in vier Buchstaben gießen kann, hat eben zu schweigen. Was Nein ist, hat zu schweigen. Du siehst es anders? Schweig. Du hörst doch das viele Ja. Das ist laut, dem wird zugehört. Das war schneller. Punkt. Ein kleiner Drache ist süß. Punkt.
Klein ist süß. Pung…t

Und diese klitzikleine Minifrage Ist dieser Drache nicht…? ist gar massig nicht größer. Sie ist süß und ungefährlich, weil sie so klein ist, diese kleine Frage. Ist doch nur eine kleine Frage und die Kinder, allesamt so klein, und antworten doch so süß. So süß im Chorleini.

Ich hatte einen rosa kleinen Plüschdrachen. So groß wie ein sitzendes Katzenvieh. Es gab noch einen gelben selben Drachen. Meiner bekam irgendwann rote Ruschwangen wie ein Clown. Später ärgerte ich mich über meinen Einfall, der Drache bräuchte unbedingt geschminkte Wangen; so wie die Klassenlehrerin der Parallelklasse. Süß fand ich den nie. Ich mochte ihn. Er war harmlos. Nett. Er tat gute Dinge. Das war außergewöhnlich für einen Drachen. Das machte ihn besonders. Freundlich.

Mir fällt auf, dieser Text ist klein; im Verhältnis zu den übrigen, die ich bisher verfasste.

 

 

scheissdrache rossmann

(Süßer kleiner Scheißdrache auf Taschentuchpackung)

Die Kommunistin, die niemals lächelte

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von der Bücherhexe

Choreographie, Collage, Comaneci

1976 war ein revolutionäres und schicksalhaftes Jahr für den rumänischen Turnsport: Nadia Comaneci – Wunderkind, Ausnahmetalent, Nationalheldin – betrat mit ernster Miene die Bühne des olympischen Wettkampfes in Toronto und löste Stürme der Begeisterung aus. Wenn man Videos der damaligen Choreographien sieht, versteht man warum das Publikum zu Tränen gerührt war – tatsächlich scheint da ein vierzehnjähriges Mädchen die Schwerkraft zu überwinden und übermenschliches zu leisten. Lola Lafon hat Comaneci nun einen bemerkenswerten Roman gewidmet, in dem sie ihr Leben rekonstruiert, ohne einen Anspruch auf Wahrheit zu erheben. Beim Lesen empfand ich eine plötzliche Euphorie für das Turnen, wie sie sich bei mir sonst nur beim Mitverfolgen großer internationaler Sportereignisse einstellt. Lafons Sprache ist dabei so voller Dynamik und Schwung, dass auch sie wie eine Turnchoreographie wirkt. Ihr Sportlerinnen-Portrait ist dabei äußerst klug aufgebaut: Die Autorin stellt ihr eigenes Bild von Nadia immer wieder in Frage, indem sie fiktive Dialoge zwischen Erzählerin und Hauptfigur einstreut. Gerade das Leben eines berühmten Menschen, dazu noch in einer Diktatur, geprägt von politischer Instrumentalisierung, muss zwangsläufig in verschiedenen, teils widersprüchlichen Versionen existieren. Die sportliche Leidenschaft, gepaart einem Drill und Druck neben dem Germany’s Next Topmodel wie ein anti-autoritäres Feriencamp wirkt, das Leiden der Turnerinnen an der„Krankheit Pubertät“, Zuneigung und Psychoterror seitens des Trainers, all das erzeugt ebenfalls eine Spannung zwischen innen und außen, zwischen öffentlichen und inoffiziellen Deutungen. Unterschiedliche Perspektiven auf Rumänien früher und heute, auf Ceaucescu-Diktatur, Wende und Postsozialismus sind elementare Bestandteile dieser lebendigen Collage, ebenso wie die grenzwertige Faszination des Westens für minderjährige Mädchen. Lafons Buch macht gerade durch seinen inhaltlichen und sprachlichen Reichtum neugierig auf noch mehr – Informationen über Nadia Comaneci gibt es online genug, wie ich in meiner frisch entbrannten Begeisterung festgestellt habe. Wir alle können uns also zusätzlich zum Roman unser eigenes Bild machen – oder auch mehrere.

Die Kommunistin, die niemals laechelte

 

 

Lola Lafon
Die kleine Kommunistin, die niemals lächelte
Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke
Piper
€ 19,99
9783492056700

 

 

Linkhinweis: https://www.genialokal.de/

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Lange Filmnacht des IFFF 2015 – Wir irritieren euch in eurem Spießerdasein

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von Frau Fuchs

Leise bricht der Abend herein und birgt einen Reigen an Kurzfilmen junger Künstler*innen zum diesjährigen Themenschwerpunkt KOMFORT. Aufregung herrscht, trubelig flattern die Eintrittskarten an der Kasse, alle sind gespannt auf den „Höhepunkt des Festivals“, wie ich einen Tag zuvor in einem Gespräch zwischen zwei Besucherinnen aufschnappte. Es sei eigentlich jedes Jahr das Schönste, so die eine zu der anderen. Die Halle im domicil jedenfalls ist gefüllt mit einem intergenerativen Publikum. Es dauert eine Weile bis alle auf ihren Plätzen sitzen und das reichhaltige Programm kredenzt werden kann. Diese Unterschiedlichkeit, diese Vielfältigkeit der Geschmacksrichtungen jedes der 13 einzelnen filmischen Kunstwerke beschwingt, ohne dabei dröge zu schmecken, so handelt es sich vielmehr um eine kurzweilig genießbare Komposition, die einige Absurditäten bereithält.

lange filmnacht frau fuchs kritikfoto
Konsum als KOMFORT

Wie umgehen mit dem Überangebot an Produkten des täglichen Konsums? Ein chinesisches Mädchen hinterfragt ihr eigenes Verhalten und tut sich schwer mit der Unterscheidbarkeit von selbstbestimmter und fremdbestimmter Entscheidungsfindung in einem neokapitalistischen System. Der Film „A Choice Maybe Not*“ (2013) von Jenny Wu, die selber ein feministisches Filmfestival im Untergrund Chinas mitinitiiert, belegt, dass Konsumkritik trotz politischer Repressionen auch im fernen Asien betrieben wird. Die Menschen suchen sich ihr Medium für ihre Stimme.
Debra Solomon veranschaulicht die alltägliche Problematik des Auf-die-Pelle-Rückens an öffentlichen Orten. Sie visualisiert mit comicartigem Zeichentrick in „My Kingdom“ (2014) auf unterhaltsame Weise die imaginäre körperliche Grenzziehungspraxis, die von Mensch zu Mensch sowie Kultur zu Kultur verschieden ist.

Endlich wird uns in „Life is beautiful“ von Sasha Pirker (2008) offenbart, was es mit der Vorspannszene, die vor allen Filmen des IFFF 2015 auf der Leinwand erscheint, auf sich hat. Dokumentarisches Bildmaterial, das Assoziationen mit der eigenen Kindheit wachruft und den aktuellen Retro und lo-fi-Trend bedient. Eine dickköpfige Dreijährige knatscht, als sie sich von dem elektrisch betriebenen Münzschaukelpferd trennen muss. Untermalt von tapsiger American Beauty-anmutender Melodie vermittelt die Szene den Eindruck Zeuge/Zeugin* eines ganz persönlichen Kindheitsmomentes zu werden.
Ruhe findet man beim Anblick der Stoffbahnen in „Catalogue“ der Filmemacherin Dana Berman Duff (2014), die ein interessantes Experiment wagt: Die Vermischung dreier Realitätsebenen. Ausstellungsfotografien aus einem Katalog illustrieren wundervoll ästhetisch drapierte Stoffbahnen, reinste Baumwollbettwäsche, die beim Anblick nach Frische zu duften vermag, kristallen leuchtende Weinpokale und weitere Szenerien ansprechenden Interieurs. Leichte Knicke im Papier der abgefilmten Katalogseiten entlarven die Mimesis dieser Eindrücke. Der Blick der Betrachter wird über zwei Wahrnehmungsebenen gefiltert. Die Künstlerin vergegenwärtigt einmal mehr die Einkapselung der Realität durch die Wege medialer Projektion insbesondere in der Werbung. Ein luxuskritischer Fingerzeig?

 

Denk‘ mal’n bisschen nach darüber, was du da so tust.

Wir sehen in „Mitläufer“ von Vlada Majic (1970) idyllische Szenen von durch Schnee stapfendem Nutzvieh, die uns aus heutiger Sicht in unserem horrenden gesellschaftlichen Fleischhunger und in den Konsequenzen unserer Eingriffe in die Natur mahnen. Doch das Programmkonzept hat es nicht nur auf unser gestörtes Ernährungsverhalten abgesehen, sondern auch auf die Doppelbödigkeit unserer pornofizierten Alltagsgestaltung. So fordert Vika Kirchenbauer in „Please Relax Now“ (2014) zwölf Minuten dazu auf, sich selber sexuell zu befriedigen und treibt es auf die Spitze. Gefühle der Beklemmung, Irritation und Belästigung machen sich in Form von schamhaftem Gekicher oder auch verschüchtertem Schweigen im Saal bemerkbar. Ein Spiel mit den Grenzen des Sozialen durch Provokation, das sind Vika Kirchenbauers Hintergründe. Das kurze Interview nach dem Film lindert die Ungemütlichkeit der Wirkung dieses Kurzfilms. Wir erfahren uns als berechenbare soziale Wesen.

 

Musik ist die Lösung aller Probleme

Nach einer kurzen Pause werden wir berieselt von zauberhaften, musikalisch unterschiedlichen Klängen. Die Sängerin von „Julie Ruin“ gibt sich zum Rock’n Roll-Beat von „Just my kind“ den tosenden Wellen des Sommermeeres hin, die Goldenen Zitronen füllen in „Scheinwerfer und Lautsprecher“ eine Messehalle mit wütend sozialkritischer Dauerschleifenankündigung, während die Urlaubstöne von „I think I was an alien“ der französischen Sängerin SOKO mit Aufnahmen im Handykamerastil untermalt werden. Auch der Clip zu EMAs Song „Take one two“ behält den Handkamerablick bei und spielt mit der Echtheit privater Impressionen von Dragging-Aktivitäten im Jugendzimmer. Das Muvi-Programm gibt uns mit zehn Filmclips zu Songs von verschiedenen Interpret*innen frei in die bevorstehende Partynacht. Wir fühlen uns rein und beseelt wie nach einer Dusche. Musik kann so viel. Wir sollten viel mehr Musik hören…

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