von Anne Niezgodka
Silvia Bovenschen schreibt in der Imaginierten Weiblichkeit: „Auf der Suche nach dem geschichtlichen Einfluss der Frauen läßt sich an den historischen Dokumenten vor allem die Geschichte eines Verschweigens, einer Aussparung, einer Absenz studieren.“ Feministische Forschungen haben deswegen ja einerseits konventionelle (sprich: männlich-dominierte) Wissenschaften, Geschichtsschreibungen oder auch Künste durchforstet, um nach den Leerstellen zu suchen, um aus dem Nicht-Gesagten eine Frauengeschichte zu rekonstruieren. Der andere Weg ist mindestens ebenso archäologisch und detektivisch: Nämlich nach denjenigen Dokumenten und Spuren –und das heisst ja immer auch nach Frauenleben– zu graben, die jahre-, jahrzehnte-, jahrhundertelang bewusst unerwähnt geblieben sind. So können wir heute auf ganze Bibliotheken von Aufarbeitungen „verschwiegener“* Frauengeschichte zurückgreifen. Es gibt etablierte feministische Wissenschaften, Frauenbuchläden, -museen, -geschichtsvereine und nicht zuletzt Engagierte aus sämtlichen politischen und kulturellen Spektren, die auf ihr Recht des Gehört- und Ernstgenommen-Werdens pochen. Trotz dieser immensen Fortschritte, trotz formeller Gleichberechtigung oder vielleicht sogar angesichts der äußerlichen Emanzipation, sind weiterhin massive Ungleichheiten offenbar. Das bedeutet, dass lang nicht alles erkämpft ist, dass noch viele Geschichten schlummern und erzählt werden müssen.
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