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Die Standardfrau von heute*

Die Standardfrau von heute* published on 1 Kommentar zu Die Standardfrau von heute*

von Frau Fuchs

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Bild: Frau Fuchs

 

Generell fällt es mir schwer in ein Bekleidungsgeschäft zu gehen, ohne dabei meinen Scannerblick auszuschalten. Stoffe, Nähte, Schnitte, ja die ganze Shopaufmachung ist für mich eine Frage der Ästhetik und selbstverständlich in jedem Fall Geschmackssache. Häufig ertappe ich mich dabei, wie ich aus lauter Enttäuschung über den eingeschränkten Spielraum, über den diese Unternehmen die gestalterische Variation ihrer saisonalen Kollektionen verfügen, den Laden wieder missmutig verlasse. Insbesondere, wenn dann im Herbst wieder diese übliche rassistische (wortwörtlich) Indigo-Gipsy-Chic-Bohemian-Western-Strömungen aufkeimen wie eine Plage, während wir im Frühjahr mit der Strenge der Marine beglückt werden. Ich frage mich, was da für Botschaften hinter stecken? Es ist schwer zu deuten, weshalb Herbst mit Fransen und Billigwildleder und Frühjahr mit Schifffahrt in Verbindung gebracht wird. Diese rostigen Erdfarben und diese Fransen an den Rollkragenponchos, ich frage mich, was das soll? Das erinnert mich eher an diese Strickpuppen, die meine Großmutter immer über ihre Toilettenpapierrollen gestülpt hat. Vor diesem Hintergrund ist ein zwischendrin aufploppender Turtleneck-Kragen ja wahrlich mal eine Innovation. Wer hat sich das ausgedacht? Die boyish jugendliche *Frau des Frühlings soll hochtailliert geschnittene blaue Hosen mit geringelten Shirts kombinieren, dazu am besten noch ein Item in purpur, dann ist das Konzept aufgegangen. Und im Hochsommer folgt dann das lässig verspielte Blumenmädchen: florale Muster überschwemmen die Schaufenster und Kleiderstangen. Divided will alle jungen *Frauen festivalhip einkleiden. Dazu gehören kurze, zerfranste Jeansshorts und irgendwelche weißen Baumwolltuniken mit Spitze, dann noch ein Kettchen mit der schützenden Hand, das Haar wird aufgepimpt mit einem Stoffblumen-Band. Ein niedliches Gesamtbild.
„Das ist ja auch süß“, sagt eine Frau zu ihrer Freundin beim Shoppingmarathon am Nachmittag während sie eine mintweiß floral gemusterte Bluse am Bügel vor sich hält. Oft denke ich: Ist das deren Ernst? Wollen diese Menschen wirklich DAS, was da für uns alle verfügbar an den Stangen hängt? Wenn etwas süß ist, frage ich mich, ob es zu mir passt. Will ich etwas tragen, was süß aussieht? Wieso würde ich so etwas an mir tragen wollen? Wie kann so etwas auf meine Mitmenschen wirken? Warum überhaupt muss ein Kleidungsstück „süß“ sein oder weshalb wird es als solches beurteilt? Kurzum: Nicht nur der Markt, der uns unsere Kleidung zur Verfügung stellt, agiert mit einer begrenzten gestalterischen Freiheit, sondern insbesondere wir, die Konsument*innen dieser Ware, sind doch weitestgehend abhängig von dem Material, was da ist. Und deshalb ist auch unsere Freiheit in diesem Bereich eingeschränkt.

Was wir anziehen sollen

Tja. Innerhalb dieser repetierenden Programmatik der Unternehmen komme ich daher mit meinem mageren Budget, meinem kritischen Auge und bin abhängig davon, bei ihnen den ein oder anderen Artikel käuflich zu erwerben, da eine Qualitätsstufe höher für manche textilen Spielereien einfach zu kostspielig und warentechnisch nicht unbedingt besser ist. Diese Abhängigkeitsstruktur machte mich immer schon latent wütend, denn ich will von niemandem angezogen werden, weil ich das schon selber kann und nicht aussehen will, wie alle. Nicht, weil ich auffallen möchte, sondern weil ich meinen eigenen Stil habe. Das war tatsächlich schon immer so.
Wenn ich mir die H&M-Frau des Winters anschaue, gruselt es mich sehr und ich habe ernsthafte Bedenken um ihre Gesundheit. Wie soll man denn mit einem Mantel, der nur dünn wattiert ist, durch einen Winter kommen, der einige Minusgrade auf der Agenda stehen hat? Leute, ich erwarte ja keine Daunen, um Himmels Willen. Aber was soll mir bitteschön eine Pflanzenfaserfüllung als wattierende Grundlage bei Schnee und Eis bringen? Mal ganz zu schweigen vom Obermaterial: Billig gepresste Wollabfälle, habe ich das Gefühl. Da kann ich auch gleich Bastelfilz zusammenbügeln.
Meine Empfehlung für den Kauf eines Wintermantels: Zuerst einmal Finger weg von (insbesondere H&M-) Onlineshops! Die Diskrepanz zwischen textiler Darstellung und textiler Realität ist immens. Beispiel H&M. Du musst die Faser auf der Haut spüren. Zumeist sehen nämlich Textilien auf Werbefotografien täuschend hochwertig aus und wenn du sie dann mal im Shop „live“ zu Gesicht bekommst und antastest, dann merkst du, wie kratzig und/oder aus welcher billigen Faser sie gefertigt sind. Dasselbe kann ich auch über Schnitte sagen. Ich bin mir sicher, dass ihr zwischenzeitlich wisst, welche Marken gute Schnitte für eure individuelle Körperform anbieten .
Seit geraumer Zeit wird dieses ominöse Lederimitat – aus Plastikmaterial gefertigt – verarbeitet. In Jacken (z. B. als ganze Ärmel oder als Rückenteil, ganz schlimm als Gürtelschlaufen bei khakifarbigen Trenchcoats), als Handtasche, für Schuhe (selbstverständlich sind auch die Schnürriemen aus umschichteten Plastik, sodass die Ösen bei regelmäßigem Gebrauch relativ schnell einreißen, so mutmaße ich). Das ist die Hölle. Auf Fotos sieht das ja alles immer ganz nett aus und ich befürworte den Austausch echter tierischer Materialien mithilfe neuer innovativer Textilien. Allerdings nicht, wenn dies aufgrund von Rationalisierungen finanzieller Natur geschieht, wie ich es beispielsweise H&M unterstellen würde. Mal ganz im Ernst: Was mutet ein Unternehmen einer*m (bezahlenden) Kund*in mit einer solch mangelhaften Ware zu? Genauso gut könnte man Plastiktüten einschmelzen und in die Form einer Prada-Handtasche bringen. Das greift wenigstens noch den Recyclingaspekt auf. Und in jedem Fall ist eine solche Tasche keine 40 Euro wert. Und eine Billig-Echtledertasche ist auch mit dieser miserablen Verarbeitung und der chemischen Belastung sowie vom Schnittkonzept ebenfalls moralisch und ästhetisch eine Schande. Da ist vieles mächtig schräg im System.
Ich möchte mich bitte nicht mit diesen Artikeln bekleiden. Und ja, das ist meine freie Entscheidung – ich muss es ja auch nicht – und tue es auch nicht (die Frage nach Alternativen lasse ich an dieser Stelle mal offen und verweise gerne auf „Second Hand“). Doch frage ich mich, ob nicht auch andere Konsumierende diese qualitative Minderwertigkeit bedauern? Ob es auch anderen keinen Spaß (mehr) macht sich mit diesen Mainstreamartikeln anzufreunden, besonders wenn sie – häufig in Anbetracht des Preises – derart billig produziert sind? Das kann einfach nicht der Ernst der produzierenden Firmen sein. Absurder Weise denke ich manchmal daran, was wohl die vielen Frauen und Kinder in Bangladesch, der Türkei oder sonst wo gedacht haben müssen, während sie diese Billigmaterialien an ihren Nähplätzen in der Fabrik zu weltweit verbreiteten Kleidungsstücken verarbeiteten.

Es lebe die Naturfaser.

Ich bin ein großer Freund von Naturfasern. Und von synthetischen Textilien mit einer Funktion (nein, sie sind alles andere als transpirationsfördernd und demzufolge unhygienisch! Die, von denen die Rede ist, sind grandios). Kleidung ist in jeglicher Hinsicht nach wie vor und zu allererst ein Zweckobjekt. Du trägst eine Jacke, damit sie dich warm und trocken hält, damit sie deine Körperwärme aufnimmt und speichert. Das geht sehr gut mit tierischen Fasern, weil diese einerseits wärmeleitend, aber andererseits auch feuchtigkeitsabsorbierend (hydrophob) sind. Ein Wollmantel bringt dich bei Regen in jedem Fall trocken(er) und wärmer nach Hause als eine (nichtimprägnierte) Baumwolljacke (ja, auch beim festen Stoff Jeans, wenn er nicht chemisch bearbeitet ist oder beschichtet). Demzufolge lohnt es sich, wenn möglich, für einen Wintermantel Geld zu investieren. Gleiches gilt für gutes Schuhwerk und für andere Grundlagen. Ich selber weiß, dass das oft leider nicht drin ist. Aber dann harre ich aus und investiere lieber in Qualität als in Plastik oder Billigleder (das wäre noch eine ganz andere Diskussion). Ist `ne ganz einfache und ziemlich platte Tatsache.
Der zweite Zweck von Kleidung ist ihre identitätsstiftende Wirkung. Unabhängig vom Geschlecht leitet man als Träger*in eines Kleidungsstückes automatisch eine Aussage weiter, auch wenn man es vielleicht gar nicht bewusst darauf abgesehen hatte. Sei es das Purpurrot eines Halstuches oder das Kremweiß eines enggeschnittenen Wollmantels: Es wirkt. Von Stofflichkeit über Schnitt bis hin zur individuellen Kleidsamkeit der Ware. Es macht etwas mit dir. Es formt dich. Oder du formst es, indem du es für dich nutzt. So kann man das auch sehen. Und genau aus diesem Grund ist Kleidung auch immer etwas sehr Privates, Persönliches, ja gar Intimes. Deshalb möchte ich aber umso weniger, dass mir Konzerne wie H&M oder Zara oder Esprit von außen da reinfunken, indem sie Trends diktieren und beeinflussen, wie ich zu sein habe. Als *Frau meines Alters, meiner Statur, meiner Herkunft. Ein schabloniertes Lebensraster. Klar, das kommt ja von ganz oben, den „echten“ Modemarken der Haute Couture. Ja, ich meine schon Chanel, Dior, Armani etc. und auf der nächsten Stufe diese ganzen Prêt-à-porter-Marken. Aber auch für diese unerreichbaren Dimensionen gilt: Inspiration gern, aber ich stelle das Gesamtkonzept für mich zusammen, danke für eure Hilfe. Für mich ist es so, dass Kleidung mein Selbst reflektiert, dass beide ineinander wirken wie eine Einheit . Und deshalb ist es auch wichtig zu fragen: Wenn alle das Gleiche tragen, sind dann auch alle innerlich gleich? Wenn Uniformierung und Mainstream von außen existiert, ist er dann auch von innen vorhanden? Die Frage ist, was gefällt uns und andersherum: Was soll und kann uns überhaupt gefallen bei dem bestehenden Angebot? Oder auch: Können wir überhaupt wissen, was uns auf persönlicher Ebene gefällt, wenn die bestehende Auswahl von außen begrenzt und auferlegt wird? Der Mensch als soziales Wesen braucht höchstwahrscheinlich im groben Rahmen seines Lebensumfeldes Standards um sich zu orientieren, zu identifizieren und einzuordnen. Gleiches gilt für die Beurteilung seiner Mitmenschen. Aus vielen Gründen ist Mainstream demzufolge ökonomisch und effektiv. Jedoch bleibt, dass jede*r entscheiden kann, was er*sie wann und wie für sich von den gegebenen Mitteln als Konsumierende*r in Anspruch nimmt.
Und verdammen möchte ich die Modeanbieter*innen auch nicht in Gänze. Schließlich bin ich selber Konsumierende, auch wenn ich dabei stets viele Kompromisse eingehen und lange Entscheidungskämpfe mit mir selber aushandeln muss. Natürlich gibt es Schlimmeres. Ich bin bloß der Meinung sich als mündige*r Bürger*in über diese unausgesprochenen Dynamiken und Regelsysteme bewusst zu werden. Gerade mit Blick auf Alltagsbanalitäten.
Ich freue mich jetzt schon auf das Frühjahr: Wenn *Damen mit ihren maritimen Stangenoutfits über die Straßen strömen und sich im Glanze dieses Images selbstbewusst fühlen können. Denn auch das kann Mode: Dich stark machen.

*Eine subjektive Meinung über die Qualität von Mainstreambekleidung

still loving the – one and only – f-word: Feminism

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von Tine

ohne Fusel

Immer wieder bin ich schockiert darüber, wie viel Unwissenheit über Feminismus in meinem sozialen Umfeld herrscht. Vermeintlicher Feminismus a lá Emma und Co. wird als verrückt oder übertrieben abgetan. FeministInnen seien bekloppte MännerhasserInnen und in Folge dessen bezeichnet mensch sich lieber als Anti-FeministIn – man sei schließlich für Gleichberechtigung, nicht für ein Matriarchat.
Ein Artikel auf Feminismus im Pott sprach vor wenigen Wochen ebenfalls diese Problematik an. Der Irrtum mancher Personen, Alice Schwarzer wäre die Ikone des Feminismus und das Missverstehen von dem eigentlichen Ziel des Feminismus: Gleichberechtigung.
Der Autor schrieb: „Der Feminismus wird als Ganzes, als homogene Masse begriffen, und nicht als heterogenes System aus zahlreichen Feminismen, die mitunter verschiedene und gegensätzliche Ansätze verfolgen.“

Aber ist nicht genau das das Problem, das so vielen Menschen erschwert, Feminismus zu begreifen und nicht als abstraktes, männerhassendes Etwas wahrzunehmen?

Feminismus ist sicherlich keine homogene Masse. Feminismus muss Menschen jeglicher Hautfarbe, Nationalität, Sexualität, Religion, Herkunft und körperlicher, sowie psychischer Verfassung und jeglichen Geschlechts umfassen. Er muss die Schnittpunkte verschiedener Diskriminierungsformen sichtbar machen und vor allem marginalisierten Gruppen ein Sprachrohr bieten.
Feminismus lebt von Diversität, allerdings halte ich die Aufsplitterung in verschiedene Feminismen für äußerst problematisch.

Zu sagen, Alice Schwarzer verkörpere mit ihrer Feindseligkeit gegenüber SexarbeiterInnen und ihrem bevormundendem Verhalten gegenüber verschleierten Frauen nicht MEINEN Feminismus, bedeutet, er könne für eine andere Person Feminismus bedeuten.
Ein Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* kann aber niemals feministisch sein. Genauso wenig ist eine weiße, westlich-geprägte Pauschalisierung aller Frauen* weltweit feministisch, sondern verkürzt und eindimensional.

Die Abstraktion des Feminismusbegriffs, welche durch die Schaffung verschiedener Feminismen entsteht, ist insofern gefährlich, da sie Diskriminierungsformen eine Plattform bietet, als Feminismus begriffen zu werden. Zudem erschwert es Personen, sich als feministisch zu identifizieren, da der Eindruck vermittelt werden kann, Diskriminierung und Ausschluss mancher Personengruppen sei in Ordnung.

Selbstverständlich gibt es verschiedene Diskriminierungsformen, die manche Personengruppen mehr betreffen als andere. Als westeuropäische, privilegierte Cis-Frau sollte ich mir besonders darüber im Klaren sein.

Was mir und allen anderen Personen, die sich als FeministInnen identifizieren, aber auch klar sein sollte: Ein Feminismus, der sich darüber nicht im Klarem ist und eventuell sogar bestimmte Personengruppen bevormundet oder diskriminiert, kann kein Feminismus sein. Um einen intersektionalen, anti-diskriminierenden Zugang zu finden, braucht es keine Zerstreuung in verschiedene Feminismen, sondern DEN einen starken, vereinenden Feminismus.

Dabei stellt sich die Frage, was DER Feminismus genau darstellt und wer die Definitionsmacht über ihn besitzt. Es wird immer Pluralismen in politischen Strömungen geben und meistens, wie beispielsweise im Marxismus, sind diese auch nichts Negatives, da Politisches vom Austausch miteinander lebt.
Es wäre utopisch, zu glauben, ein derartiger Pluralismus ließe sich überwinden. Nicht alle Personen in einer Bewegung können über dieselben Ansprüche und Bedürfnisse verfügen. Darüber ist sich auch Chandra T. Mohanty, eine der berühmtesten Feministinnen des postkolonialen globalen Südens, bewusst. Sie kritisierte stets die Idee des „global sisterhood“ als eine unmögliche Kategorie, da Frauen keine universelle Gruppe sind.

“What is problematical, then, about this kind of use of ‘women’ as a group, as a stable category of analysis, is that it assumes an ahistorical, universal unity between women based on a generalized notion of their subordination.“ (Mohanty 1984: 344)

Was Frauen aber als gemeinsame Gruppe schaffen können, um DEN Feminismus zu leben, ist eine bestimmte historische und politische Praxis in Form politischer Organisation, Diskussion und Vernetzung, um ein gemeinsames, feministisches Fundament zu entwickeln.

________________
Mohanty, Chandra Talpade (1984): Under Western Eyes: Feminist Scholarship and Colonial Discourse. In: On Humanism and the University I: The Discourse of Humanism. boundary 2, Vol. 12, No. 3, pp. 333-358.

Schreibworkshop | 22.10.15 |

Schreibworkshop | 22.10.15 | published on 1 Kommentar zu Schreibworkshop | 22.10.15 |


„Die bekennende Lesbe“, „der überzeugte Homosexuelle“, „die Transe“ und derlei Beispiele mehr lesen wir täglich in Zeitungen, Magazinen, Blogs und den sozialen Netzwerken.
Die Umkehrung zeigt: „der überzeugte Heterosexuelle“ klingt schräg und würde niemand so schreiben. Warum klingt es dann, wenn es um Nicht-Heterosexuelle geht offenbar für viele druckreif?

„Die Darstellung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in den Medien bietet leider immer wieder Anlass, die Vorurteile und die verdeckten oder offenen Botschaften mancher Schreibender zu hinterfragen und sich mit wertfreier Sprache auseinanderzusetzen“, sagt Caroline Frank, Projektleiterin der Kampagne „anders und gleich – Nur Respekt Wirkt“. Die Kampagne wird gefördert vom Emanzipationsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und soll für Gleichstellung und Akzeptanz in der Bevölkerung werben. Die Medien spielen dabei eine wichtige Rolle. Selbst als renommiert geltende Medien wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und der Focus, rutschen immer wieder in populistische Sprache ab. Hier bedürfe es dringend der Aufklärung, damit über die Sprache, ein diskriminierungsfreies und offenes Klima geschaffen werden könne.

Offenbar halten viele Schreibende nicht-heterosexuelles Leben und Lieben per se für schrill, bunt und sexualisiert. Dass damit nur eine mögliche Facette unter sehr vielen beschrieben und damit propagiert wird, fällt der Unsichtbarkeit zum Opfer. Ebenso geht es z.B. Lesben und Bisexuellen, die unsichtbar gemacht werden, indem sie meist pauschal unter dem Wort „schwul“ subsummiert werden. Diese Mechanismen und sprachliche Stolperfallen will der Workshop offen legen.

Er findet am 22.10.2015 von 18-21 Uhr in der Frauenbibliothek Lieselle (GA 02/60) an der Ruhr-Universität Bochum statt. Geleitet wird er von Caroline Frank [anders und gleich – Nur Respekt wirkt] und Andrea Kriegen [SchLAu NRW]

ALL GENDERS WELCOME

Den Interessierten soll anhand von Beispielen vermittelt werden, dass eine unpassende und teilweise falsche Sprachverwendung über Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transidente diese diskriminiert und verletzt. Hierfür werden die maximal 12 Teilnehmenden gebeten, Beispiele von in ihren Augen besonders guter oder besonders schlechter Berichterstattung mitzubringen. Durch gemeinsam erarbeitete Alternativen sollen die Schreibenden nicht nur sensibilisiert werden, sondern sie erhalten auch konkrete Praxistipps zur Vermeidung von Diskriminierung und Verletzung.

Anmeldung unter: info@feminismus-im-pott.de

Wir freuen uns auf euch!

Rezension: UNTER TIEREN – EIN MENSCHENVERSUCH

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von Lomé und Frau Fuchs

 

 

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Bild: Christof Wolff

EIN ANALOG-PROJEKT VON DANIEL SCHÜßLER UND ENSEMBLE IN KOPRODUKTION MIT DER STUDIOBÜHNE KÖLN

Veranstaltungstext:
UNTER TIEREN – EIN MENSCHENVERSUCH ist eine performative Stückentwicklung über
das Verhältnis der Menschen zu Tieren und der Frage nach der Trennlinie zwischen den Arten. So
begegnet der Mensch sich selber als Tier im Dickicht der rohen Natur.
Er bekommt den Spiegel vorgehalten. Den Spiegel, der ihm zeigt, was er anrichtet und bereits
angerichtet hat in all den Jahrtausenden seines Daseins.

 

 

WAS HABEN WIR EUCH BLOß ANGETAN?
Das ANALOGTHEATER nimmt uns hierfür mit auf einen dokumentarisch-sinnlichen Trip ins
Reich der Tiere.Die Performer*innen vollziehen den Akt des „Abstiegs“ vom scheinbar
höherwertigen Menschen zur niederen Kreatur und werden performativ die Begriffe ANEIGNUNG,
GEWALT und LIEBE für das Publikum emotional erfahrbar machen.
Ein Ausflug in das Animalische, das in das Vegetarische mündet. So zumindest die ziemlich
eindeutige Botschaft.
UNTER TIEREN ist ein interdisziplinäres Theaterprojekt an der Schnittstelle zwischen Theater,
Performance, Tanz und Musik. Unterstützt wird das Ensemble des ANALOGTHEATERS dabei von
den Düsseldorfer Klang-Künstler*innen der Gruppe weltAusstellung, der Kölner Choreografin
Sylvana Seddig sowie Schüler*innen der Theaterakademie Köln.“

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Bild: Christof Wolff

UNTER TIEREN-EIN MENSCHENVERSUCH ist ein Stück für alle Sinne!

Es gibt keinen moralisch-erhobenen Zeigefinger, aber viele verschiedene Zugänge, um das
emotionale Bewusstsein von Tieren zu zeigen. Wie würde ein Tier unser Dasein beurteilen?
Das Ensemble verwandelt sich vor den Zuschauer*innen in unterschiedliche Tiere. Da geht
beispielsweise ein stolzer Hirsch seine Pirschroute ab, während der flinke Hase im Waldesgras nachKräutern sucht. Und sie schauen uns an mit ihren reinen Augen. Ein anklagender Blick, ein
verweisender. Darauf, dass unsere Ratio uns kasteit, aber sich ausklingt, sobald es um die
Nahrungsaufnahme geht. So lebt der Mensch doch ein Leben voller kategorischer Schubladen und
ordnet es in Gegensätze: Der Mann – die Frau, der Mensch – das Tier, der Himmel – die Hölle, der
Glaube – die Wissenschaft, der Körper – der Geist.

 

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Bild: Christof Wolff

Alles wird in Schwarz und Weiß eingeteilt. Dieses gesamtgesellschaftliche dualistische Denken, ist
dem Verstand und der Vernunft geschuldet. Denken, Sprechen, Wissen haben eine höhere Wertigkeit als sinnliches Fühlen und Erfahren. Kopf und Herz führen zwei voneinander getrennte Leben. Dass es ursprünglich eine Verbindung gab, wird gerne vergessen, da es unseren robotorisierten Alltag stören würde. Der Mensch, das Tier. Der Verstand, die Natur. Die ganze Welt ist umhüllt mit binären Zusammenhängen und nun ist es Zeit, den menschlichen Dualismus von Seiten der Tiereanzuprangern.
Anhand von Beispielberichten über einen Blindenhund und ein Schlachthofpraktikum wird überaus
deutlich, dass wir Menschen die emotionale Intelligenz von Tieren massivst unterschätzen und
teilweise vollkommen negieren. Dabei leben diese ihre Emotionen viel ehrlicher und ungehemmter
als wir, denn sie machen sich keine „Gedanken“ um die Meinung der anderen, teilen nichts in
schwarz und weiß, Dualität zwischen den Dingen nirgends zu sehen.

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Bild: Christof Wolff

UNTER TIEREN-EIN MENSCHENVERSUCH erklärt nicht nur die nicht vorhandenen
Trennlinien zwischen Mensch und Tier, sondern versucht, unsere Sinne wieder zu aktivieren und
uns über unser Handeln bewusst zu werden, insbesondere im Alltäglichen. Das Stück schult
weniger unseren bereits schon ins Unermässliche entwickelten Verstand, nein, es fungiert als
Lehrstück der EmpfindsamkeitMit viel Musik, die improvisierten Instrumenten entströmt,
psychedelischen Tänzen und der Möglichkeit, als Zuschauer*in verschiedene eigene Erfahrungen zu sammeln, wird dieser taube Punkt in uns reanimiert.
Beispielsweise mit verbundenen Augen über die Bühne zu laufen und die anderen Menschen
wahrzunehmen und zu spüren, ohne zu sehen.

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Ärzte und Sexismus – wie ich auszog, um Medizinern das Fürchten zu lehren

Ärzte und Sexismus – wie ich auszog, um Medizinern das Fürchten zu lehren published on 1 Kommentar zu Ärzte und Sexismus – wie ich auszog, um Medizinern das Fürchten zu lehren

ein Gastbeitrag von Madame fou à lier

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Im medizinischen/psychiatrischen/therapeutischen Milieu kann man geschlechtsspezifische Eigenheiten des Menschen geradezu exemplarisch auf die Spitze treiben und deswegen möchte ich von einigen persönlichen Erfahrungen berichten, die genau das illustrieren sollen.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es so grundsätzlich verschieden ist, ob Mann/Frau zum Arzt, welcher Fachrichtung auch immer, geht oder einem Mediziner, bspw. innerhalb eines Praktikums, assistiert.

Zusätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass etwaige sexistische Handlungen seitens des Arztes massiv vom äußeren Erscheinungsbild abhängen, was mein Vertrauen in eine professionelle, problemorientierte und neutrale Behandlung gegenwärtig extrem geschmälert hat.
Das, was ich im Weiteren zu berichten habe, macht(e) mich sehr wütend und damit auch an einigen Stellen mehr emotional-reagierend, als reflektiert-agierend. Mir ist vollkommen bewusst, dass ein Arzt nicht in verallgemeinernder, männlich-diskriminierender Form beschrieben werden kann und auch nicht darf. Ich selbst kenne auch die Anderen: kompetente, fachkundige, besorgte, engagierte, nette Ärzte*, die durch meine eher bedauerlichen Mediziner-Begegnungen noch mehr an Wert gewinnen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle deutlich darauf hinweisen, dass mich nachfolgend, beschriebene Erfahrungen, weitere Ähnliche, sowie thematisch-bezogene Informationen von Freund*innen dazu veranlassten, mich auf diese Weise zu äußern.

Meiner persönlichen Erfahrung nach kann ich den Ablauf einer Patientin-Arzt-Interaktion folgendermaßen beschreiben:

Ich wende mich auf Grund akuter Beschwerden an den Arzt meines „bisherigen Vertrauens“. Schnell wird an diesem Punkt schon klar, dass ich die Reaktion und Behandlungswilligkeit des Arztes beeinflussen kann, indem ich mich einem klassischem Rollenideal füge oder eben nicht. Vielfach beginnt das bereits, ohne eine Wort gesprochen zu haben, auf der Türschwelle zum Behandlungsraum, in dem Moment wo Herr Arzt sein Zimmer betritt und abcheckt, wie er mich einzuschätzen hat. Moderiert wird das dadurch, ob ich heute ein Kleid mit Ballerinas trage oder Dog Martens mit Schlabber-Shirt. Spinnen wir den klassischen Weg weiter, da er sich, beruhigt von meinem charmanten Äußeren und einem schnellen Blick auf meine entblösten Beine, mit einem sanften Lächeln auf seinen Stuhl fallen lässt und fragt wie er mir helfen kann. Ich schildere nun meine Problematik, immer wieder unterbrochen von wahnsinnig klugen Einwürfen seitens des Arztes und geblendet von der leibhaftigen Kompetenzverkörperung. Trotzdem entscheide ich mich dafür fortzufahren und mich in meinem Redefluss nicht einschüchtern zu lassen, was dann zur zweiten großen, revidierenden Eindrucksbildung führt: Sie, kleines, süßes Mädchen, hält nicht den Mund, wenn ich anfange zu reden. Sie, mit Kleidchen und hautzeigend, ordnet sich mir nicht unter, obwohl ich doch gerade zur Genüge bewiesen habe, dass ich hier das Alphawesen bin.

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