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Und es ist doch politisch!

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von Käthe

Wenn ich im Supermarkt vor dem Obst stehe, habe ich viele Optionen. Die Bananen zum Beispiel: Ich kann einfach bei den günstigsten zugreifen und ab zur Kasse damit. Ich kann aber auch die Fairtrade-Bananen wählen und ein paar Cent mehr dafür bezahlen oder ich lass es einfach mit den Bananen und kaufe ein paar Äpfel aus NRW. Und warum entscheide ich mir für die eine oder andere Option? Weil ich es gewohnt bin, weil ich gestern erst ein Artikel über die Ausbeutung auf Bananenplantagen gelesen habe, weil ich die lokalen Obstbauer unterstützen möchte und meinen CO2-Fußabdruck klein halten möchte. Dieses Beispiel macht deutlich, dass die kleinsten Entscheidungen im Leben auch politisch sein können und es mir auch in den kleinen Fragen wichtig sein kann, für mich die richtige Entscheidung zu treffen.
Jetzt erscheint es mir allerdings sehr anstrengend jede Frage im Alltag politisch auszuhandeln. Ich habe aber gemerkt, dass mir manche Fragen wichtiger geworden sind, als andere Fragen. Warum? Irgendwie habe ich sie mir mal bewusst gemacht, habe was gelesen und mir überlegt und möchte in diesen Fragen für mich politisch handeln. Also kaufe ich Fairtrade-Bananen (wobei ich auch gelesen habe, dass die Zertifizierung von Fairtrade-Produkten eine nicht so eindeutige Sache ist).Photo: Chiara Fabri
So wie ich mir mal irgendwann über Bananen Gedanken gemacht habe, habe ich auch mal über meine Vorstellungen von Familie und Elternsein Gedanken gemacht. Hier ist aber auch anzumerken, dass ich keineswegs einen Gedankenprozess abgeschlossen habe, sondern dieser immer in Bewegung ist und neu ausgehandelt wird. Aus meinem Gender Studies Studium habe ich natürlich viele interessante Diskussionen zu Themen mitnehmen können, die sich auf viele vermeintlich private Bereiche beziehen. Leider arbeite ich aktuell nicht in einem Betrieb, in dem ich irgendwie meine Erkenntnisse aus den Gender Studies beruflich anwenden könnte. Aber das ist ok. Ich merke aber, dass die Erkenntnisse, die ich aus meinem Studium gewonnen habe, ganz klar Einfluss auf mein ganz privates Leben haben. Und bestimmte Entscheidungen, die ich treffe oder treffen werden, sind für mich politisch. Kinder oder keine Kinder? Rosa und hellblau oder eben nicht? Karriere- oder Hausfrau? Auto oder Fahrrad?
„Das Private ist politisch!“ Mit diesem Spruch starteten die Feministinnen in den 70ern eine Bewegung für mehr politische Aufmerksamkeit in Sachen häuslicher Gewalt oder auch Schwangerschaftsabbrüchen. Sie wollten Themen in politischen Fokus rücken, die bislang übersehen wurden. Sie starteten sozusagen ihre Aufschrei-Aktion und sprachen auf einmal über Tabuthemen. Dies war ein wichtiger Schritt für die Gesellschaft und Politik überhaupt ein Bewusstsein für feministische Themen zu entwickeln. Bis heute sind die Themen von damals auf der Agenda der Politik.
Kürzlich ist mir in einem Gespräch aufgefallen, dass es heute aber doch nicht so selbstverständlich ist, das Private auch als politisch zu betrachten. Also wenn die Feministinnen der 70er das Private ins Politische transportieren konnte, dann kann ich auch das Politische in mein Privates übertragen. Wenn ich möchte. Klar ist das vielleicht anstrengend und auch für meine Mitmenschen in meinem Umfeld eventuell befremdlich. Aber durch meine Entscheidungen kann ich doch eine Gesellschaft mitgestalten, in der ich leben möchte, beziehungsweise auch einen IST-Zustand kritisieren. Vielleicht hört es sich für manche naiv an. Mein Leben ist aber immer ein bisschen Politik.

Jemand anderes muss die Geschichte erzählen

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von Esra Canpalat

1

Irgendwann am Abend kommt die Zeit, zu der alle Väter nach Hause finden. Sie lag auf dem Kanapee, auf ihrem Bauch, der sich anfühlte als sei er aus Stein. Der Magen bog sich hin und her, verkrampfte und löste sich wieder, wie das gelbe Tuch in der Küche, das die Mutter nass machte und auswrang, nass machte und wieder auswrang. Eine routinierte Bewegung. Ein routinierter Schmerz im Bauch, immer einige Minuten, bevor der Vater zuhause eintraf. Dafür brauchte man nicht auf die Uhr zu schielen. Der Bauch hatte seine eigene Uhr und wusste, wann die braunen Lederschuhe eintrafen. Klack Klack. Das Geräusch der aneinander geschlagenen Schuhe, um den Staub abzuschütteln. Die Frage, die dann sofort im Kopf schwirrte: Wie wird es heute sein?

War er zornig, dann war das Klackern laut und die Schuhe wurden lieblos in den Schrank geworfen, noch bevor ihre ältere Schwester Umay sie entgegen nehmen konnte. Manchmal traf sie der Schuh am Kopf. Mittlerweile konnte sie ausweichen. Das machte ihn aber nur wütender. Doch die Hand konnte das ebenso gut, wie der Schuh. Vielleicht hatte er aber auch gute Laune und brachte Kirschen aus dem Laden mit. Man wusste es nicht. Auch der Bauch nicht.Continue reading Jemand anderes muss die Geschichte erzählen

Wer schnell hilft, hilft doppelt

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Von Chiara Fabri

 

Auf der Suche nach Kinderbüchern für […], entdeckte ich auf dem Dachboden der Familie ein Schmuckstück aus den 1950er Jahre. Fremde Gäste am Schilfsee ist ein von Hans Riedel gedachtes und illustriertes Tiermärchen, gestaltet von Annelies Jaschonek und Peter Moosdorf, frei überarbeitet von Karl Nietzsche und im Verlag Karl Nietzsche, Niederwiesa erschienen. Ein Verlag, den es wohl seit spätestens der Wende nicht mehr geben wird. Zu finden ist dieses Kinderbuch noch mit Glück bei der Online Plattform für Antiquitäten ZVAB.

fremde gäste

Die Geschichte steigt sogleich bei der Ankunft einer flüchtenden Froschfamilie an einem See ein, deren Zeuge ein Mausevater wird. Das Blut stockt ihm, sein Herz droht, nicht weiter zu schlagen, ob der Furcht dieser Fremden auf dem Floß. Fremde mit großen hervorstehenden Augen und breitem Mund; so ganz anders ausschauend, als gewohnt. Und so gar nicht aus der Region stammend. Am Ufer angekommen, legt sich die Froschfamilie erschöpft zur Ruhe, der Mäuserich eilt heim, um voller Sorge von dem Schrecklichen und seiner Sippe zu berichten. Hastig, ohne ausführliche Berichterstattung, sondern gleich mit beängstigendem Urteil ruft er seine Frau an, ihm zu folgen, die Nachbarn vor Fremden zu warnen, die entsetzlich anzusehen seien. Die Mausefrau wollte zwar mehr erfahren, fragt aber nicht, sondern folgt sogleich, um bei den Eheleuten Maulwurf auf- und Alarm zu schlagen. Der Herr Maulwurf fühlt sich durch das Hereinstürzen unangenehm in seiner Ruhe gestört. Doch nachdem er von der Gefahr am See erfährt, reckt er sich hoch auf: „Hier mußte er eingreifen. Endlich konnte er einmal zeigen, was für ein Kerl er war.“ Der allabendliche Besucher des Ehemaulwurfpaares, Dorfschulze Hirschkäfer, reagiert. Lässt die aufbrausenden Herren die Nachbarschaft zusammentrommeln und gibt an, er wolle nach dem Rechten sehen und dann berichten. Zwar vorsichtig, doch aufmerksam begibt sich der Hirschkäfer zu den Geflüchteten, macht sich ein Gesamtbild der Situation vor Ort und spricht mit dem Froschvater. Er lässt sich deren Geschichte erzählen und begibt sich zurück zu den Dorfansässigen. Derweil Herr Maulwurf und der Mausevater, die Nachbarn mitunter aus den Betten holen, weil Gefahr bestünde. Die Unsicherheit entdeckt unterschwellige Antipathien, sodass die Elster, die Diebstahl durch die Fremden befürchtet, sich sagen lassen muss, dass sie es ja gerade nötig habe, wo sie es selbst mit dem Eigentum anderer nicht so genau nähme.Continue reading Wer schnell hilft, hilft doppelt

Gender und die Kunst ein Motorrad zu warten – Kapitel 3

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erstmalig veröffentlicht am 24.06.2014 von queer_distel

Manchmal ist es ein bisschen seltsam.

achja, die 80er Jahre haben angerufen, die wollen ihren Motorradanzug zurück!

…wurde mir neulich im Scherz gesagt. Also…

  1. ist meine Kombi erst 13 Jahre alt und ziemlich gut gepflegt,
  2. freue ich mich sehr darüber, wieder hinein zu passen,
  3. ist das Outfit zeitlos und steht mir ausgezeichnet.

Nur mussten neue Stiefel und Handschuhe her, weshalb ich mich wieder einmal auf die Suche begeben musste.

Ein Motorrad zu kaufen scheint eine Kunst für sich zu sein, von der ich heute nicht erzählen werde. Eine ganz andere Kunst ist es, die allgemein bekannten Fachgeschäfte für Motorradbekleidung und -Zubehör zu betreten und dabei als weiblich* lesbare Person nicht mit klar gegenderten Rollenbildern konfrontiert zu werden, obwohl viele Indizien dafür sprechen, dass diese in der Realität längst widerlegt sind.

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1975 – 2015 40. Internationaler Hurentag // Gottesdienst Bochum

1975 – 2015 40. Internationaler Hurentag // Gottesdienst Bochum published on Keine Kommentare zu 1975 – 2015 40. Internationaler Hurentag // Gottesdienst Bochum

Internationaler Hurentag – Hurenstreik

SW mobilisation Lyon 1975

Der Aufstand der Prostituierten am 2. Juni 1975 gilt als Geburtsstunde der europäischen Hurenbewegung. Durch diesen Protest erfuhr die Öffentlichkeit erstmals von Diskriminierung, Ausbeutung, Gewalt und polizeilichen Schikanen, die den kriminalisierten Alltag von Huren prägten (und vielerorts immer noch prägen). Zum ersten Mal wurden Prostituierte – ohne die herkömmlichen Klischees – als berufstätige Frauen*, die um ihre Menschenrechte kämpfen, sichtbar.

SW mobilisation Lyon 1975 3

Seit 1972 waren Kontrollen und Strafmaßnahmen des Staates gegen Huren immer schärfer geworden. Jede Frau*, die auf der Straße anschaffte, konnte verhaftet werden. Wenn Frauen* zusammen Wohnungen mieteten, wurden sie wegen Zuhälterei oder Kuppelei verdächtigt und verurteilt. Prostituierte mussten ihre Arbeit versteckt ausüben und waren so Gewalttätern schutzlos ausgeliefert. Im Jahr 1974 wurden zwei Prostituierte ermordet; die Frauen* fürchteten um ihr Leben. Als offene Briefe an die Regierenden nicht halfen, besetzten sie die Kirche Saint-Nizier in Lyon (Frankreich). Rund 100 Prostituierte traten in Lyon (Frankreich) in den Streik und besetzten über acht Tage die Kirche Saint Nizier der Stadt, um die Bevölkerung und hohe staatliche Stellen auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Forderungen gingen bis an die höchsten staatlichen Stellen, die jedoch nicht bereit waren, für menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu sorgen. Bald schon weitete sich der Streik auf Städte wie Marseille, Grenoble und Paris aus und zog Unruhen im ganzen Land und polizeiliche Repressalien mit sich; der Hurenstreik setzte international Signale.

Am 10. Juni ’75 wurde die Kirche um 05.00 Uhr morgens brutal durch die Polizei geräumt.

(c) AFP
(c) AFP

Seit 1989 feiern Sexarbeiter*innen und Unterstütz*erinnen in Erinnerung an diese Ereignisse den „Internationalen Hurentag“ und machen darauf aufmerksam, dass die Situation von Sexarbeiter*innen vor Ort und weltweit auch heute noch von Repression und Gewalt geprägt ist.

 

 

Pauluskirche Bochum – Madonna e.V.

Mit einem Gottesdienst am 7. Juni 2015 in der Pauluskirche in der Bochumer Innenstadt, möchte Madonna e.V. den 40. Internationalen Hurentag begehen und damit an die Anfänge der Hurenrechtsbewegung erinnern und die Aufmerksamkeit auf die aktuelle Situation der Prostitution lenken. In Kooperation  mit dem Frauenreferat im Evangelischen Kirchenkreis Bochum und dem Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. (BesD e.V.) 

 

Die Sexarbeit ist ein internationales Großgewerbe, die Arbeitswege und Lebenswege der Akteur*innen ziehen ihre Linien und Spuren, sowohl ökonomisch als auch biographisch.  Der Kampf um Aufenthalt, Bleiberecht, Arbeitsgenehmigung sind nur eine Ebene, auf der migrantische Sexarbeiter*innen Vorurteile und Respektlosigkeit erfahren müssen. Migrantischen Sexarbeiter*innen wird zu oft lediglich die heimatlose und bedürftige Opferrolle zugestanden, oder aber sie sind Arbeitstouristen aus herzuntergekommenen Wirtschaftsstaaten, die dem unseren in Kultur und Infrastruktur nachstehen.

In diesem Jahr möchte Madonna e.V. die Herkunft und Heimat der Sexarbeiterinnen* sichtbar machen, aus denen die Frauen* nach Deutschland kamen. Das gemeinsame Augenmerk will auf die verborgenen Schönheiten, Besonderheiten und Banalitäten, wie sie jede Heimat besitzt und ausmacht, gerichtet sein. Jene, die den Medien und dem Klischeedenken allzu sehr außer Sichtweite liegen.

madonna flyer geschnitten
am Sonntag, dem 07. Juni 2015, um 10.00 Uhr in der Pauluskirche Pariser Straße 6, Bochum-City

BesD e.V. (Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V) ist eine Interessenvertretung  von aktiven und ehemals aktiven Sexdienstleister*innen. Sie setzen sich aktiv ein für Entkriminalisierung und Entstigmatisierung sowie verbesserte Arbeitsbedingungen von Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind.

Madonna e.V. ist ein Verein zur Förderung der kulturellen und beruflichen Bildung von Sexarbeiterinnen* in Bochum und betreibt seit über 20 Jahren eine Beratungsstelle und einen Treffpunkt für Prostituierte direkt am Bochumer Bordell.

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