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Mit Bildern Bildern entgegenwirken? – der Film ‚Sexarbeiterin‘ im Bahnhof Langendreer

Mit Bildern Bildern entgegenwirken? – der Film ‚Sexarbeiterin‘ im Bahnhof Langendreer published on Keine Kommentare zu Mit Bildern Bildern entgegenwirken? – der Film ‚Sexarbeiterin‘ im Bahnhof Langendreer

von Eva Busch

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(c) Madonna e.V.

Lena – so, wie sie im Film als Figur entsteht – scheint so „unverschämt“ normal, wie ihr Name. Sie isst morgens Müsli mit Biojoghurt, liest Romane im Schneidersitz auf dem Sofa, hat einen festen Partner, ein abgeschlossenes Informatikstudium, macht ihre eigene Buchhaltung, hat feste Arbeitszeiten, die sie selbst vorgibt, ihr Angebot richtet sich nach dem, was sie gerade interessiert, sie verwirklicht sich selbst mit ihrer Arbeit. Sie verdient ihr Geld mit Sexarbeit.text_sexarbeit-1
Wenngleich „normal“ innerhalb eines gesellschaftlichen Machtgefüges selbstredend niemals normal ist, ermöglicht das Bild, in Lena einen klugen, sensiblen, selbstbestimmten, ja an vielen Stellen bewundernswerten Menschen kennenzulernen, der sich eben unter anderem für diese Form der Lohnarbeit entschieden hat. Besser, so scheint es, könnte ein Film der Spektakularisierung und Kriminalisierung von Sexarbeit kaum entgegenwirken.

Am 6. März zeigte Madonna e.V. (oder hier) „Verein für die kulturelle und berufliche Bildung von Prostituierten“ im Endstation Kino im Bahnhof Bochum-Langendreer den Film SEXarbeiterin (oder hier) von Sobo Swobodnik in Anwesenheit des Regisseurs, der Protagonistin Lena Morgenroth, Astrid Gabb von Madonna e.V. und Ulrike R. als Expertin für das Einzugsgebiet NRW.

Die Anwesenheit von Ulrike R. hatte sich Lena Morgenroth explizit gewünscht, um eine weitere professionelle Perspektive auf Sexarbeit zu Wort kommen zu lassen. Das Screening war Teil einer Reihe von Vorführungen, die das Filmteam in verschiedenen Städten anbot. Der Termin in Bochum war anlässlich des Weltfrauen*tags gewählt und fand einen Tag, nachdem Madonna e.V. mit einem Stand in der Bochumer Innenstadt auf sich aufmerksam gemacht hatte, statt. Dabei hatten sie unter anderem über tagespolitische Themen wie gesetzliche Regulierungen im Rahmen des sogenannten „Prostituiertenschutzgesetzes“ aufgeklärt und die Bürger*innen mit zwei Kondomurnen entscheiden lassen, ob Sexarbeit Arbeit ist.

Diese tagespolitischen Themen werden in dem Film, wenn überhaupt, nur angerissen, was eine Zuschauerin im Publikumsgespräch nach der Filmvorführung kritisierte. Die Szene im Film, die eine Podiumsdiskussion zeigt, bei der sich Lena als Vertreterin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen zu dem Thema äußert, ist im Schnitt auf die politische Aussage reduziert, dass hier selbstbestimmte, gut organisierte Frauen für ihre Rechte eintreten. Einen roten Faden bildet ein Radiointerview, in dem Lena freundlich und reflektiert auf Fragen des Publikums eingeht, erklärt, warum sie den weiter gefassten und weniger vorbelasteten Begriff Sexarbeit dem der Prostitution vorzieht. Der Film ist in fünf „Akte“ unterteilt, die sich der Protagonistin immer mehr annähern. Wir bekommen einen Einblick in ihr Alltagsleben, ihr soziales und familiäres Umfeld, ihr politisches Engagement und natürlich ihre Arbeit. Dazu gehört die Verwaltung einer Kund*innenkartei mit Anmerkungen zu allen bisherigen Gästen, die Vorbereitung des Raumes, ihre geistige Einstimmung, Beratungsgespräche mit Interessierten Kund*innen, sowie die „Massagen und Sessions“, wie sie sie nennt. Die Entscheidung für das Berufsfeld war aus einem Interesse an Tantra-Massagen entstanden, sowie der eigenen Neugier, in ihrer Sexualität mehr Selbstbestimmung zu entwickeln.

An das Screening schloss sich eine Diskussion an, die einerseits von einer Wertschätzung des Films geprägt war, andererseits aber auch deutlich machte, wie schwer es für manche ist, mit einem Bild von Sexarbeit konfrontiert zu sein, das frei ist von Demütigung, Gewalt und illegalisierter Migration. Ist der Film also verharmlosend, indem er eine privilegierte Protagonistin zeigt? Diesen naheliegenden Gedanken, der immer wieder vorgebracht wurde, weist das Filmteam selbst in einer offiziellen Stellungnahme zurück. Da heißt es: „der Film betrachtet bewusst ein einzelnes Leben in der Tiefe, anstatt eine Vielzahl von Geschichten nur an der Oberfläche anzureißen – in dem vollen Wissen, damit keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben zu können.“

Es ist bemerkenswert, dass es der Film in zahlreiche gut gefüllte Kinosäle geschafft hat, und er scheint auf ein gesellschaftliches Bedürfnis zu reagieren, sich mit dem sagenumwobenen, vermehrt öffentlich debattierten und gesetzlich regulierten Berufsfeld der Sexarbeit auseinanderzusetzen.  Verständlich wird die vorgebrachte Kritik der Verharmlosung, wenn der Eindruck entsteht, der Film fülle nun die offensichtlich große gesellschaftliche Wissenslücke über Sexarbeit aus und verdränge damit parallel existierende Realitäten. Auch, wenn das Filmteam dies nicht beabsichtigt, können eindrückliche Bilder kritische Reflexion und Differenzierung erschweren. Insofern ist es bedeutsam, dass dieses positive Bild von einer weißen deutschen, politisch reflektierten und selbstbewusst handelnden Akademikerin verkörpert wird. Schließlich greift der Film dadurch auf einer Ebene auf gesellschaftlich etablierte Bilder zurück, macht sie nutzbar, um gleichzeitig mit einer „persönlichen“ Geschichte ein anderes Stereotyp zu brechen. Andere Protagonist*innen hätten da vielleicht ambivalentere, nicht aber unbedingt „repräsentativere“ Bilder entstehen lassen.

Was der Film insgesamt sehr wohl schafft und in der politischen Wirkung nicht unterschätzt werden sollte, ist ein Bild von achtsamer, lustvoller und selbstbestimmter Sexualität zu zeichnen, was leider weiterhin eine Besonderheit darstellt. Ein solches Bild macht neugierig und kann, vor allem im Kontext von Sexarbeit, Erwartungen und Einstellungen beeinflussen. Auf Lenas Homepage wird das fortgesetzt, etwa durch eine FAQ-Liste, die sensibel auf mögliche Bedürfnisse und Unsicherheiten eingeht, ohne spektakulär zu werden. Was den Film also zu einem politisch relevanten Beitrag macht ist, dass er beispielhaft vermittelt, wie selbstbestimmte Sexualität aussehen kann, auch innerhalb eines Dienstleistungsverhältnisses. Die wiederkehrende Frage danach, was die Gäste gerne mögen, sowie die klare Setzung von Regeln, Wünschen und das Vermeiden von Langeweile von Seiten der Dienstleistenden selbst, läuft auf „Sessions“ hinaus, die Spaß machen und weit von vulgär-gewaltvollen Bildern entfernt sind. Der Raum ist mit Kerzen erleuchtet, das Öl vorgewärmt, die Seile ordentlich bereitgelegt. Lena beteuert, wie wichtig es ihr sei, mit ihren Gästen während der Sitzungen in Kontakt zu sein, nicht abzudriften, selbst Freude an der Arbeit zu empfinden. Die Berg- und Talfahrten der Kamera über nackte, bewegte Körper, sind mit Musik unterlegt, und die inszenierten Fesselspiele mit ihrer Kollegin gegen Ende des Films sind in erster Linie noch kunstvolle Bewegungen, die von Vertrautheit und gegenseitigen Überraschungen erzählen.

Erfreulich war außerdem zu hören, wie das – abgesehen von der Protagonistin – durchweg männliche Filmteam den eigenen Blick hinter der Kamera sowie im Schnitt reflektiert hat. Die Entscheidung, den Film in Teilen durch speziell erlernte und dann selbst angebotene Tantra-Techniken zu finanzieren, zahlte sich somit in doppelter Hinsicht aus.

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Wie fandest du den Film? – Schreibe uns deine Filmeindrücke
in die Kommentare oder an info@feminismus-im-pott.de.

Du hast den Film noch nicht gesehen, möchtest aber?
Bald wird es ihn auf DVD zum Verkauf geben. Oder frag doch einmal in deinem
Lieblingskino, ob sie den Film zeigen wollen. Filmverleih an Kinos gibt es gerne.

 

#imzugpassiert – Feminismus im Pott im Gespräch mit Anna Lena Bankel

#imzugpassiert – Feminismus im Pott im Gespräch mit Anna Lena Bankel published on 1 Kommentar zu #imzugpassiert – Feminismus im Pott im Gespräch mit Anna Lena Bankel

von Feminismus im Pott / VJ Ane

Anna Lena Bankel startete am Karfreitag den Hashtag #imzugpassiert. Mittlerweile nutzen ihn Twitter-User*innen, um von ihren eigenen Erfahrungen mit Sexismus oder sexueller Belästigung in öffentlichen Verkehrsmitteln zu erzählen. Vielen scheint ähnliches widerfahren zu sein, so dass – wie eine Twitter-Userin schreibt – manchmal 140 Zeichen gar nicht ausreichen. Auch größere Medien wie der Spiegel haben online schon dazu berichtet

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Kleidung nutzt sich ab – #imzugpassiert

Kleidung nutzt sich ab – #imzugpassiert published on 2 Kommentare zu Kleidung nutzt sich ab – #imzugpassiert

 

von Frau Raclette

Kleidung nutzt sich ab. Sie ist gebraucht, verfällt, bekommt Löcher. Das Gefühl sexuell belästigt zu werden, nutzt sich nicht ab. Es bleibt. Präsent von dem Tag an, als es #imzugpassiert(e).

Mal denke ich häufiger daran, mal weniger. Doch das Gefühl ist immer dasselbe. Empörung, Wut, Ekel, Scham. Es war Nachmittag, ich war auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Ich saß wie so häufig im RE1. Der Zug, der das Ruhrgebiet miteinander verbindet und den eigentlich jede hier lebende Person kennt. Die Fahrt war kurz, die Sitzplätze wie immer sehr begehrt. Ich überlegte, ob ich mich überhaupt setzen soll. Aber ich war müde, deshalb entschied ich mich für einen Zweierplatz. Ich rutschte ans Fenster. Während Zugfahrten nutze ich die Zeit, um meine Gedanken zu sortieren. Das kann ich am besten, wenn ich aus dem Fenster schaue.

Auch an dem Tag schaute ich aus dem Fenster. Meine Gedanken kreisten um den nächsten Tag, die Sachen, die noch zu erledigen waren und die Nachrichten, die ich noch schreiben wollte. In Gedanken versunken zog ich mein Handy aus der Tasche und begann, in meinem Messenger zu lesen. Erst dann nahm ich die Person wahr, die neben mir lautstark telefonierte. Ich hörte sie deutlich über meine Musik hinweg. Was soll‘s dachte ich mir, ich steige eh gleich aus. Continue reading Kleidung nutzt sich ab – #imzugpassiert

Zwanzig Jahre später

Zwanzig Jahre später published on 2 Kommentare zu Zwanzig Jahre später

von VJ Ane

Ich glaub ich war drei oder vier Jahre alt, damals, und so ganz verstand ich das noch nicht, was meine Mutter mir da erzählt. Sie saß mit mir an unserem großen Küchentisch und hatte vor sich ein Bilderbuch. Drauf stand in großen Buchstaben „Mein Körper gehört mir.“

Meine Mutter schaute sich mit mir das Buch zusammen an und eines, was sie mir dann ganz eindringlich sagte war „Mit deinem Gefühl hast du meistens recht. Hör darauf. Wenn du Angst hast, dann darfst du Angst haben. Wenn du dich unwohl fühlst, dann darfst du dich unwohl fühlen.“ Sie machte mir klar, dass ich nicht auf andere, sondern erstmal auf mich hören sollte. Und noch etwas war ihr wichtig: „Wenn du in einer Situation bist, in der du genau das fühlst, dann geh da raus. Wenn du das nicht kannst, dann suche dir Hilfe. Sprich jemanden an, dass er dir hilft. Schau am besten nach jemanden, der dir ähnlich ist.“ Sie meinte damit z.B. Eltern, die auch Kinder hatten.

Ich würde mich selbst nicht als schüchtern, auf den Mund gefallen oder zurückhaltend beschreiben. Ich bin selbstbewusst und strahle dies eigentlich auch aus. Ich bin kein Model, sondern ganz durchschnittlich. Eine normale Studentin um die zwanzig.

Letztes Jahr machte ich mein Praktikum in einer größeren Stadt. Ich war erst seit zwei Wochen dort und um genau ein bisschen an den Modelmaßen zu arbeiten, entschied ich mich dazu öfters mal schwimmen zu gehen. In Sportklamotten machte ich mich also auf den Weg zum Schwimmbad, was so um die 5 Haltestellen von meiner WG entfernt war. Von der Haltestelle selbst musste ich noch ein bisschen laufen. Im Schwimmbad angekommen streifte ich meinen schlichten Badeanzug über und zog ein paar Bahnen. Nach einiger Zeit drehte ich mich zur Seite, am Arm wurde ich gestreift. Ein Mann mittleren Alters schwamm an mir vorbei. „Ach, das passiert ja mal“, dachte ich noch und konzentrierte mich wieder auf mein eigenes Bahnen zählen. Doch ich fühlte mich nach einiger Zeit unwohl, ich kann gar nicht sagen warum, aber ich hatte einfach das Gefühl, dass ich beobachtet werde. „Nein, stell dich nicht so an, der arme Kerl, was unterstellst du da“, ging es mir durch den Kopf. Und doch nach weiteren fünf Minuten, nachdem ich wieder zwei Mal gestreift wurde, nahm ich mir den ersten Rat meiner Mutter zu Herzen und begab mich aus der Situation; nach nur 20 Minuten schwimmen verließ ich das Becken und ging zu den Umkleiden. Nur um dann beim Rückblicken festzustellen, dass auch der Herr, welcher noch nach mir gekommen war, das Becken verließ.Continue reading Zwanzig Jahre später

Von Mösen, Menschen und ganz viel Meinungsfreude – über das BarCamp Frauen 2016 in Berlin

Von Mösen, Menschen und ganz viel Meinungsfreude – über das BarCamp Frauen 2016 in Berlin published on Keine Kommentare zu Von Mösen, Menschen und ganz viel Meinungsfreude – über das BarCamp Frauen 2016 in Berlin

  von Susanne Klose

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Laura Mérit & Polly Fannlaf – sexpositives Körperbewusstsein (c) Anne Koch

„Wir klopfen uns jetzt erstmal ab“ – ein Satz, den man nicht unbedingt in einem feministischen Workshop erwartet, der aber im Nachhinein sehr viel Sinn macht. Also stehe ich auf, zusammen mit rund 50 weiteren Teilnehmer*innen. Und klopfe. Arme, Beine, Brüste, Hintern, einfach alles. Ich schaue mich um, überall sehe ich lachende, kichernde, aufgeschlossene Menschen. Und auch ich kichere ein bisschen. Nach etwa fünf Minuten ist jegliches Eis in mir und zwischen den anderen weggeklopft – hello, safe space! Genau das wollten Laura Méritt und Polly Fannlaf vom Freudenfluss-Netzwerk mit ihrer Session zu „Sex-positiver Feminismus heute“ auf dem diesjährigen Barcamp Frauen in Berlin erreichen: Die positive Annäherung an den eigenen Körper – ein essentielles Anliegen der Freund*innen des freudigen Flusses, die auch dieses Jahr wieder zum Mösenmonat März aufrufen.

 

Der einstündige Austausch über body-positive Sprache ist nur einer von 21 einstündigen Miniworkshops, die das BarCamp Frauen unter dem Motto „Gemeinsam. Zusammen. Leben“ dieses Jahr in der Kalkscheune in Berlin zu bieten hatte. Zum ersten Mal fand das Camp 2010 statt, organisiert „von engagierten jungen Sozialdemokratinnen, die der Geschlechterpolitik ihrer Partei ein Update geben wollen“, heißt es auf der Website des Camps. Dank der Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung und Kooperationspartnern wie EDITION F und dem Missy Magazine ist die Veranstaltung komplett kostenfrei, inklusive Verpflegung (auch vegan!) und Kinderbetreuung. Hell, yeah. Man kann es nicht anders sagen.

VerenaPärchenlüge
Verena – Pärchenlüge (c) Anne Koch

            Wer jedoch ein starres Konzept mit Frontalunterricht erwartet, ist hier falsch. Völlig falsch. Ein Glück. Denn fest steht, dass nichts fest steht: Jede*r kann, darf, soll hier eine Session gestalten – wenn sich genug Interessent*innen finden. Das ist bei knapp 500 Teilnehmer*innen dieses Jahr kein Problem. Aufgeteilt in drei große Blöcke mit jeweils einer einstündigen Pause findet sich so ein buntes, wildes, wunderschönes Programm. Wer mag, kann mit Tarik von „Tariks Genderkrise“ diskutieren, kleine Roboter bauen oder einer Lesung aus „50 shades of Merkel“ von und mit Autorin Julia Schramm lauschen.

TeresaOnOfflineFeminismus
Teresa – Online Offline Feminismus (c) Anne Koch

            Schweren Herzens – denn alle Sessions hören sich toll an – entscheide ich mich nach dem mösenfreundlichen Morgen für „Neue Strategien für Online- und Offline-Feminismus“ von Teresa Bücker. Die engagierte Journalistin hält eine kurze Einführung zum Thema. Mit Kind im Arm. Die ganze Session über. Chapeau. Die anschließende Diskussion ist vielfältig, streitbar, aber nie respektlos. Das macht Spaß, die Stunde fliegt förmlich dahin. In einem sind sich alle Teilnehmer*innen einig: Unterschiedliche Meinungen muss man aushalten können – zwischen Lobbyist*in und Aktivist*in, zwischen First Wave-Feminist*in und Online-Feminist*in. Ohne Konflikte kein fruchtbarer Diskurs.

            Es folgt: Törtchenpause. Speed-Socializing. Und dann die nächste Session. „Die Pärchenlüge“. Moderatorin Verena Reygers erklärt unter zu Einbezug von Autorinnen wie Laurie Penny wie schwer es ist, das Gleichgewicht zu finden – zwischen der Beziehung zu einer anderen Person, den Beziehungen zu Freunden, Familie und vor allem der Beziehung zu sich selbst. Die Session ist sehr persönlich, denn Verena erzählt viel aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz. Das ist mutig. Und vor allem wunderbar. Die meisten Teilnehmer*innen erkennen sich selbst oder Freund*innen in Verenas Ausführungen wieder. Langsam kristallisiert sich heraus, dass viele Teilnehmer*innen den Kampf gegen traditionelle Rollenmuster kennen, die vor allem dann in der staubigen Ecke lauern, wenn sich das erste Kind ankündigt. Das Private ist immer noch politisch, muss immer wieder neu verhandelt werden. Und auch diesmal fliegt der Zeiger der Uhr förmlich.

FotovonAnne Koch
BarCamp Berlin 2016 (c) Anne Koch

            Es ist schwierig, ein einziges Fazit aus einer so heterogenen Veranstaltung zu ziehen. Mir hat besonders der lockere, nicht-statische Rahmen innerhalb der Sessions gefallen. Jeder darf sich beteiligen, niemand muss. Zu sehen, dass viele Teilnehmer*innen ähnliche Konflikte und Fragen wie mich bewegen, war besonders ermutigend: Wie kann ich body-positiv sein, in einer körperfeindlichen Gesellschaft, die alles abseits des westlichen Mainstreams stigmatisiert? Wie schaffe ich es, ein Gleichgewicht in meiner Beziehung zu schaffen, ohne die Zeit, die ich nur für mich selber brauche, zu opfern oder in traditionelle Geschlechterrollen zu fallen. Viele Fragen, keine Antwort. Aber eine sehr wichtige Erkenntnis: Wir sind nicht allein.

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Du warst auch beim BarCamp Berlin 2016 und magst davon berichten? Sehr gern. Schreibe uns einfach an. info@feminismus-im-pott.de

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