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bodos Frauen – Ein Gespräch mit Bastian Pütter über weibliche Wohnungslosigkeit

bodos Frauen – Ein Gespräch mit Bastian Pütter über weibliche Wohnungslosigkeit published on Keine Kommentare zu bodos Frauen – Ein Gespräch mit Bastian Pütter über weibliche Wohnungslosigkeit

von Lilli Boheme

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Quelle: bodo

Lilli Boheme: Kannst du sagen, wie viele Frauen im Ruhrgebiet momentan wohnungslos sind?

Bastian Pütter: Offiziell sprechen wir von 5.500 Frauen in NRW und ca. 400 in unserem Einzugsgebiet (Bochum, Dortmund und angrenzende Kommunen). Der Frauenanteil liegt zwischen 25 und 30 Prozent.
Mit der Statistik ist es aber so eine Sache: Eine einheitliche Wohnungslosenstatistik gibt es nicht – gezählt werden die Wohnungslosen, die sich bei den Kommunen oder Facheinrichtungen wohnungslos melden. Wer also keine Hilfe in Anspruch nimmt – aus Scham, weil psychische Probleme es unmöglich machen oder weil sich jemand als z.B. EU-Zuwanderer keine Hoffnung auf Unterstützung macht– ist für die Statistik nicht wohnungslos.
Frauen gelingt es unserer Erfahrung nach oft besser, Wohnungslosigkeit zu verbergen und vor allem der für sie lebensbedrohlichen offenen Obdachlosigkeit zu entgehen.

Aus welchen Gründen werden Frauen obdachlos?

Erst einmal aus den gleichen Gründen wie Männer: Weil in persönlichen Krisen die eigenen sozialen Sicherungssysteme versagen. Wer durch Trennung, Geldprobleme, psychische oder Suchterkrankungen nicht in der Lage ist die eigene Wohnung zu halten, braucht soziale Ressourcen und Netzwerke wie Familie und Freunde, die über Krisen hinweghelfen. Wo die fehlen, drohen Abstürze. Da ist der Weg von den aus Überforderung ungeöffneten Briefen – im letzten befindet sich die fristlose Kündigung – auf die Straße sehr kurz.

Gibt es einen Unterschied zwischen weiblicher und männlicher Obdachlosigkeit?

Um etwas auszuholen: Die Situation unterscheidet sich im Ruhrgebiet immer noch von anderen Metropolen in Europa. Die Städte schrumpfen. Im Gegensatz zu Hamburg, München oder Berlin hat das Ruhrgebiet immer noch einen funktionierenden Wohnungsmarkt. Viele Menschen, die zum Beispiel in Düsseldorf auf der Straße landen würden, finden hier auf dem regulären, dem grauen oder schwarzen Wohnungsmarkt irgendwie Wohnraum. Wir haben hier oft mit Menschen zu tun, denen es akute psychische Erkrankungen unmöglich machen, die notwendigen Schritte zurück in eigenen Wohnraum selbst zu tun. In Verbindung mit Suchterkrankungen ergeben sich Konstellationen, in denen der Zugang zu Hilfen sehr schwierig ist.
Wir machen die Erfahrung, dass es Frauen sehr viel häufiger gelingt in existenziellen Situationen bestehende Hilfen doch anzunehmen oder sich in Graubereichen, wie auf den Sofas von Bekannten irgendwie durchzuschlagen.

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Katrin Bauerfeind: Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag. Geschichten vom schönen Scheitern

Katrin Bauerfeind: Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag. Geschichten vom schönen Scheitern published on Keine Kommentare zu Katrin Bauerfeind: Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag. Geschichten vom schönen Scheitern

von Frau Fuchs

Die starke Katrin.

Zeitgeist, Cleverness, Tiefgründigkeit und ganz ganz viel böser Humor.

Diese Schlagworte kommen mir zum großartigen Buch der Journalistin und Moderatorin Katrin Bauerfeind in den Sinn.
„Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag. Geschichten vom schönen Scheitern“, so lautet der projektartig wirkende Titel, in welchem bereits diese Synthese aus (Selbst-) Ironie und Ernsthaftigkeit mitschwingt.
Katrin erzählt uns viele kleine Geschichten aus ihrem Leben. Es sind, könnte man sagen, „Anekdötchen“ einer jungen Moderatorin, nach der sich die Medien bereits seit geraumer Zeit die Finger lecken; Mini-Erzählungen einer selbstkritischen Endzwanziger-Frau, die dem Leser die Höhen und Tiefen ihrs Singlelebens in Köln karikiert; Narrationen einer familienverbundenden und herzlichen Person, die unter anderem mit einem schrottigen VW-Bus durch die Weltgeschichte tuckert, absurde Abenteuer erlebt, über die Welt und die erlebten Dinge mit großer Klappe und zynischem Unterton reflektiert.

Und das alles – na klar – immer mit ‘ner Kippe auf’m Zahn.

Kein Wunder, dass da so ein verrücktes Huhn herausgekommen ist bei dieser ebenso verrückten Oma, denkt man sich während man den Omabesuch im baden-württembergischen Aalen, Katrins Heimatstadt, durchblättert. Zwischen Schichten von Teppichboden begrüßt die Oma sie in Gummistiefeln und bittet sie ruppig in ihre Wohnung.
Von ihr hat sie viel: Neben dem losen Mundwerk auch diese bodenständig unkonventionelle Art.
Und wenn sie den ortstypischen Dialekt aufs Korn nimmt, dann ertappe ich mich dabei, wie ich selber an meine Heimat denken muss, an meine Großeltern und deren bescheidene Art zu leben und die mir ebensolche Werte mitgaben: Bescheidenheit, Realismus und Zufriedenheit. Das ist so diese Kriegsgeneration, denke ich.

Katrin hat Probleme, wie wir alle. Frauenprobleme, Menschenprobleme.

Von der Erfindung des perfekten Haarshampoos über hässliche Weihnachtsgeschenke oder dem inneren Schweinehund, von der geforderten Revolution des Ketchups in Tuben über den eigentümlichen Habitus der Gestalten in der Fernsehlandschaft bis hin zur Demenz ihrer Oma, es sind Ausschnitte aus einem echten Leben einer natürlichen und aufrichtigen Frau, einer mutigen und selbstbewussten, womöglich gar einer postmodernen Feministin. Denn Katrin ist stark, Katrin ist tough, emanzipiert und Katrin ist mit beiden Füßen auf dem Boden sicher stehend, jedoch leicht schwingend im ganzen Tohuwabohu der heutigen Welt.
Als Single ist sie ganz bei sich, vorbildhaft unabhängig und trotz Yogawahn und Stilettohass völlig losgelöst von eingestaubten und kleingeistigen Rollenerwartungen, deren mitschwingenden Relikte beim Lesen so mancher gängiger Breitspartenfrauenliteratur ein unangenehmes Fremdschämen auslösen.
Katrin beweist mit ihrem Erzählmodus ihr sprachliches Talent, Erlebnisse charmant und authentisch aufzuzeichnen, ohne dass man sich an der Kurzweiligkeit ihrer Sujets sattsieht.
Es ist als würde man sich ein persönliches Bilderbuch mit ganz vielen kleinen zauberhaften Erinnerungsfotos anschauen. Ein Bilderbuch einer Frau, die weiß, wo sie herkommt, die weiß, wie ihr Herz schlägt und die in den bizarrsten und schlimmsten Situationen niemals ihren Humor verliert.

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Fantifa – feministische Perspektiven auf Antifaschismus

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Ein Gastbeitrag von Thea Jacobs

Eine Veranstaltung im Rahmen der Konferenz „Wir müssen mal reden… Antifaschistische Jugendkonferenz“, organisiert von der SJD – Die Falken und der Grünen Jugend

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Sie lachen, als ich sie frage, wie sie zu dem Thema gekommen sind, ob sie selber schon Sexismus in der Antifa erlebt haben. Ja, na klar haben sie das. An einer bestimmten Situation könne sie es nicht festmachen, es gebe kein Erlebnis, das den Anstoß gegeben hat, aber Sexismus in antifaschistischen Kontexten ist Kathi immer wieder aufgefallen.
Vielleicht war die Situation mit der Polizistin, die auf einer Demo von einem Typen aufs übelste sexistisch beleidigt wurde und sich niemand außer Kathi daran störte, der Auslöser sich mit Alternativen zu beschäftigen.

Die Fantifa-Bewegung ist in den 1990er Jahren aufgekommen. Damals haben sich die ersten feministischen Gruppen in der Antifa gegründet, um einen Raum für antifaschistisches Engagement abseits der männlich dominierten und sexistischen Strukturen zu schaffen. Hier werden Feminismus und Antifaschismus zusammengedacht, um eine alternative antifaschistische Praxis zu entwickeln. Die Fantifa-Gruppen funktionieren dabei auch wie eine Art Schutzraum, in dem Menschen sich frei austauschen können, ohne Mackertum, dominantes Redeverhalten oder sexistische Kommentare.

Kathi kennt von Anifa-Demos im Ruhrgebiet „Macker, die auf Demos gehen und Nazis aufs Maul geben“. Deren antifaschistische Kritik beschränke sich auf „Nazis sind scheiße“. Auch dafür sei die Konferenz wichtig, die SJD – Die Falken und die Grüne Jugend gemeinsam organisieren. Unter dem Titel „Wir müssen mal reden… Antifaschistische Jugendkonferenz“ soll eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Antifaschismus stattfinden. Die reine Konfrontationsebene sei keine sinnvolle antifaschistische Kritik, denn Gewalt, hinter der keine Kritik steckt, sei letztendlich auch faschistisch, meint Kathi. Die Konferenz will Alternativen finden.

Auch Marius, der auf der Konferenz zusammen mit Kathi den Fantifa-Workshop leiten wird, berichtet von seinen Erfahrungen. Die auf Demos sehr martialisch auftretenden Menschen seien überwiegend Männer. Antifa bedeute Kampf für diese und funktioniere nach dem einfachen Schema ‚Wir gegen die‘. Archaische Geschlechterstereotype vom „starken Kämpfer-Mann“ würden auf Demos besonders stark reproduziert, beobachtet Marius. Natürlich würden längst nicht alle Männer „rummackern“, aber das Verhalten der wenigen dominiere die gesamte Demo, wirft Kathi ein.
Tatsächlich seien viele Frauen in der antifaschistischen Szene aktiv, berichten beide. Doch häufig würden Menschen durch die geschilderten Erlebnisse entmutigt, sich stärker einzubringen.

Kritik an der bestehenden antifaschistischen Praxis zu äußern sei schwierig, meint Marius. Antifaschistisch engagierte Menschen reagierten teils ablehnend weil sie sich selbst als anders, als kritisch und als ‚die Guten‘ sähen. Sexismus werde nicht als Problem wahrgenommen. Stattdessen würde Kritik aus den eigenen Reihen teilweise als „Nestbeschmutzung“ erlebt.
Doch gerade weil Sexismus und männliche Dominanz nicht als Problem erkannt würden, ist es für Kathi und Marius wichtig, sich mit dem Thema zu befassen. „Die schon in den neunziger Jahren von Fantifa-Gruppen geäußerte Kritik ist auch heute noch aktuell“, sagt Marius.

In ihrem Workshop beschäftigen sich Kathi und Marius zuerst mit der Entstehung und dem Selbstverständnis von Fantifa-Gruppen und wollen dann Möglichkeiten diskutieren, wie feministische Perspektiven in antifaschistische Gesellschaftskritik und Praxis einfließen können.

Der Workshop findet im Rahmen der Konferenz „Wir müssen mal reden… Antifaschistische Jugendkonferenz“ statt.
Datum: 06.12.2014
Zeit: 10-18 Uhr

Anmeldung bitte an: afa-juko(ät)web.de

weitere Informationen:
Facebook
http://falkenww.wordpress.com/antifa/

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Filmrezension: Zwei Tage, eine Nacht

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von Frau Fuchs

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Die meisten Filme haben eine Farbe, versetzen einen in eine Stimmung, berühren einen mit unterschiedlicher Intensität. Die meisten Filme nutzen alle latenten Wege um die Zuschauer*innen zu binden. Anzusprechen. Die Augen werden verführt.

Weiche Handlungen, seichte Brise, sind zumeist bunt, getränkt in Farben des Sommers. Harte, nüchterne Geschichten werden oft in Erdtönen oder in kalten und kontrastierenden Farben abgefilmt.

Hier sind es die Farben Orange, Sand – die gesamte Palette zwischen Warmgelb und Ocker.

Es ist Sommer irgendwo in einer französischen oder belgischen Stadt. Dort lebt eine Familie: Ein Mann und eine Frau mit zwei kleinen Kindern. Ein Junge und ein Mädchen. Es ist kein Film mit weicher Handlung, kein seichter Stoff wie es der Anblick wehender weißer Bettlaken an der Wäscheleine im hübschen Garten vermittelt. Es ist ein nüchterner Film, ohne musikalische Rahmung, ein realistischer kurzweiliger Spaziergang durch die alltagsweltlichen Gefilde einer europäischen Mittelstandsfamilie. Jedoch hat er weiche Nuancen, ganz unkonventionell und reduziert wird die Geschichte an einem heißen Sommerwochenende im Leben jener Familie illustriert.

Das Paar liebt sich. Zärtlich. Innig. Die Kinder werden geliebt. Und beide Aspekte kommen im Kontext der ökonomisch belasteten Lebenssituation zu kurz.Continue reading Filmrezension: Zwei Tage, eine Nacht

Arzt*besuch

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von Malina

Gestern hatte ich einen Termin beim Hautarzt*. Eigentlich war alles ganz harmlos. Es handelte es sich um eine einfache Vorsorgeuntersuchung. Ich erklärte an der Rezeption, dass dies mein erstes Mal ist und wurde daraufhin gebeten noch ein paar Minuten im Wartezimmer Platz zu nehmen. Nachdem ich aufgerufen wurde, ging ich ins Behandlungszimmer. Dort sah ich, wie die medizinische Fachangestellte Papier auf dem Boden ausbreitet. Ich frage sie, wofür das Papier benötigt wird. „Damit sie nicht mit nackten Füßen auf dem kalten Boden stehen müssen“, antwortete sie.

Erst in diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich mich gedanklich auf diesen Arzt*besuch gar nicht vorbereitet hatte und nicht wusste, was mich dort erwartete. Die Schwester verließ das Zimmer und nach kurzer Zeit kommt ein junger Arzt* rein. Er begrüßte mich knapp und gab mir die Anweisung mich bis auf BH und Unterhose auszuziehen. Ich wunderte mich. Selbst bei den Frauenärzt*innen musste ich mich nicht ganz frei machen. Der Arzt* wartete. Ich zog mich bis auf die Unterwäsche aus und fühlte mich unwohl. Der Arzt* hielt eine Art starke Taschenlampe, mit der er mich anleuchtete, während er mich von oben bis unten eindringlich anschaute. Obwohl es sein Job ist, war es mir unangenehm. Sobald er meine Tätowierungen auf den Oberschenkeln sah, fing er an mir Fragen dazu zu stellen, die ich aber nicht beantworten wollte. Ich ging davon aus, er wollte Small Talk halten, aber ich hatte keine Lust einem wildfremden Menschen so etwas Intimes, wie meine Tätowierungen zu erläutern.

In dem Augenblick als er an Oberkörper angelangt war, bat er mich den BH auszuziehen. Ich tat es, aber fühlte mich immer unwohler, da ich nur noch in Unterhose vor ihm stand. Als Nächstes sollte ich mir meine Brüste hochhalten. Ich machte es – weil ich nicht wusste, was ich sagen soll. Mir wurde flau im Magen. Ich stand in einem kleinen Zimmer, alleine mit diesem jungen Arzt*. Nur in Unterhose und sollte meine Brüste hochhalte. Diese Pose erinnerte mich stark an Bilder aus irgendwelchen schmuddeligen Erotikmagazinen.

Nachdem ich meinen BH wieder anziehen dufte, sollte ich mich auf die Liege legen. Ich tue es. Der Arzt saß auf einem Stuhl vor mir und leuchtete unterschiedliche Regionen meines Körpers mit dieser Taschenlampe an. Plötzlich zog er meine Unterhose hoch und guckte rein. Dabei sagte er nichts. Unangenehm… Hätte er nicht einfach vorher fragen können, ob das für mich in Ordnung ist?

Ich soll mich umdrehen und auf den Bauch legen. In dieser Position wiederholte sich das Prozedere. Wieder zog er meine Unterhose hoch und schaute rein. Ich fragte mich, wie viel er durch diesen kurzen Blick in meine Unterhose über die Hautkrebsgefahr in dieser Körperregion sagen kann.

Er ist fertig und ich konnte mich anziehen. Er schüttelte mir die Hand und sagte, dass ich in zwei Jahren die Untersuchung wiederholen soll. Dieses Mal sei alles ok. Der Arzt* verlässt den Raum.
Obwohl ich annehmen muss, dass alles seine Richtigkeit hatte, fühlte ich mich danach noch lange sehr unwohl. Hätte er mich vorher über die Untersuchung und was genau gemacht wird aufklären müssen? Ich frage mich: hätte ich etwas sagen oder machen sollen? Eigentlich ist doch gar nichts passiert – jedoch fühlt es sich für mich so an.

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