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Kritische Stimmen aus dem Ruhrgebiet
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von Eva Busch
Seit den ersten Januartagen dieses Jahres hören wir es immer wieder: „nach Köln“ sei alles anders, der Beweis sei da, dass die Flüchtlingspolitik der Regierung und die „Willkommenskultur“ zu optimistisch waren. Die Grenzen müssten dicht gemacht und die „deutschen“ Frauen durch Abschiebungen geflüchteter Menschen und durch Patrouillen selbsternannter, halbstarker Bürgerwehren beschützt werden.
„Nach Köln“ bezeichnet von da an eine Entwicklung innerhalb öffentlicher Diskurse, in der rassistische Hetze nicht nur salonfähig geworden ist, sondern gezielt unter dem Vorwand des vermeintlichen Schutzes „deutscher“ Frauen verbreitet wird. Dass das so nicht sein darf, war in emanzipatorischen, feministischen Kreisen schnell klar. Die Verunsicherung im Januar war dennoch an vielen Stellen groß. Die Diskurse hatten sich so sehr überschlagen, dass vielen Feminist*innen die Worte fehlten, aus der Sorge, entweder die stattgefundenen sexualisierten Übergriffe nicht ausreichend anzuerkennen, oder selbst einer rassistische Argumentation zuzuspielen.
Die Wut, in den unsäglichen Debatten dermaßen instrumentalisiert zu werden war demnach Ausgangspunkt für ein großes, breit aufgestelltes Bündnis aus autonomen migrantischen und nicht-migrantischen Frauen*organisationen, feministischen Initiativen sowie antifaschistischen, antikapitalistischen und antirassistischen Gruppen aus Köln und NRW, anlässlich des Weltfrauen*tags 2016 für eine bundesweite Demonstration nach Köln einzuladen.
„I can`t imagine a feminism that is not anti-racist.“ Die Worte von Angela Davis waren auch am Tag der Demonstration auf zahlreichen Plakaten präsent. Eine emanzipatorische feministische Bewegung muss antirassistisch sein und hat mit ihrer Präsenz am Samstag bewiesen, mit welcher Kraft und Klarheit sie genau das vertritt. Es wurde eine Wiederaneignung des Feminismus und auch die Wiederaneignung eines städtischen Raumes. Ein lauter, gut vierstündiger Spaziergang durch die Straßen der Kölner Innenstadt, der mal mehr Tanz und Konfetti war, aber auch konzentrierte Kundgebung, mal rennend und dann wieder dicht an dicht stehend. Seit vorgestern heißt „nach Köln“ deshalb auch, nach dem 12.März 2016, nach einer Demonstration, die uns die Gewissheit einer starken, kämpferischen und bunten Solidarität unter Feminist*innen und Unterstützer*innen geschenkt hat. „Nach Köln“ bleibt der Eindruck von einem diversen Feminismus, der seine Stimme wiedergefunden hat und sie laut werden ließ, den Bahnhofsvorplatz samt Dom in eine lila Wolke hüllte und die klaren, unmissverständlichen Worte „Unser Feminismus ist antirassistisch – reclaim feminism!“, gemeinsam durch die Stadt trug – angeführt von einem beeindruckenden FLTI*-Block.
von Frau Raclette
Mittlerweile ist es lange her. Wir sehen uns häufiger, manchmal reden wir länger, manchmal grüßen wir uns auch nur flüchtig. Und es ist okay. Manchmal freue ich mich sogar, dich zu sehen. Nach all dem, was passiert ist, freue ich mich, dass wir gut miteinander auskommen. Das ist selten, denke ich mir, deshalb schätze ich es. Wenn ich an den einen Nachmittag denke, wird mir unwohl. Es hat geregnet. Wie passend, murmelt mein Kopf im Nachhinein ironisch. Du hast mir eine Nachricht geschrieben und gefragt, ob du etwas in meiner Wohnung für eine gemeinsame Freundin hinterlegen könntest. Klar, dachte ich mir, warum nicht. Ich war ja schließlich zu Hause. Es war kein großer Aufwand. Du kamst rein und gabst mir eine schwere Tasche. Ich schaute kurz rein und versicherte, dass ich es weitergeben würde. An unsere kurzen Begegnungen gewöhnt, dachte ich, dass du schnell wieder gehen würdest. Du gingst in die Küche, nahmst dir ein Glas Wasser und ließest dich auf dem Stuhl nieder. Ich lehnte mich an die Küchenzeile. Wir redeten zunächst über belanglose Dinge. Dinge, an die ich mich jetzt nicht mehr erinnern kann. Ich wurde unruhig. Warum bleibt er denn so lange, dachte ich mir. Ich fragte mich, ob ich irgendetwas falsch eingeschätzt oder falsch verstanden hatte. Plötzlich sahst du mich an und meintest, dass dir alles furchtbar leid tue. Dass es zwar lange her sei, aber, dass du dich ja nie dafür entschuldigt hättest. Er rutschte auf dem Stuhl hin und her. Ich merkte, wie mein Herz stehen blieb und ich hatte das Gefühl, für einen Moment lang zu erstarren. Unsere Blicke trafen sich kurz, dann schweifte er mit seinen Augen ab und starrte auf den Boden. Wovon redete er jetzt? Meine Gedanken rasten in meinem Kopf. Natürlich wusste ich irgendwo, wovon er redete. Aber wollte ich überhaupt wissen, was er mir zu sagen hatte? Schweigen. Ich Continue reading Mittlerweile ist es lange her
von LI
„Öko“ und Spaß dabei:
Die „MeLuna“ Menstruationstasse und waschbare Binden von „Momiji natural“
Ihr kennt das vielleicht: Lange Zeit habe ich herkömmliche Tampons und Binden benutzt, um meine Monatsblutung aufzufangen. Doch immer wieder hatte ich zeitgleich mit dem Benutzen der Tampons Probleme mit Scheideninfektionen. Sehr unangenehm, lästig und wenn die Periode etwas schwächer war, war das Einführen der Tampons eine Tortur (Stichwort „Schmirgelpapier“).
Ich habe mich etwas im Internet umgesehen und bin auf die „MeLuna“ aufmerksam geworden, die alle meine Kriterien erfüllte: In Deutschland hergestellt, ohne Schadstoffe, nettes Design. Nachdem ich mir das „Starterset“ gekauft und etwas rumprobiert habe, bin ich restlos überzeugt und möchte hier eine kleine Übersicht über die „MeLuna“ und waschbare Binden geben:
Aussehen:
Die „Meluna“ ist eine relativ kleine „Tasse“, die aus einem sehr strapazierfähigem TPE (Thermoplastisches Elastomer) besteht, das zB auch in Säuglingssaugern enthalten ist – also absolut unschädlich.
Man kann zwischen unterschiedlichen Farben und Glitzer (ja, ihr habt richtig gelesen! Glitzer! Für die Vagina!) auswählen. Ein weiterer Punkt, wo jede Anwenderin* (*Männer mitinbegriffen, die auch menstruieren können) ein wenig nach ihrem Gusto gehen muss, sind die Griffe, an denen die Tasse wieder entfernt wird. Ich habe mich für die „Kugel“ entschieden und komme sehr gut damit zurecht. Informiert euch da unbedingt selbst und versucht herauszufinden, was für euch am Besten funktioniert.
Die richtige Größe:
Es gibt die „MeLuna“ in den Größen S-L, ausserdem die „shorty“ Version bis XL. Da meine Periode recht stark ist, und ich vorher während der starken Tage so alle 3 Stunden meinen Tampon der Größe „Super“ wechseln musste, habe ich mich für Größe M entschieden und komme damit sehr gut zurecht.
Es gibt auf der MeLuna-Seite eine gute Übersichtsgrafik, für wen welche Größe gut geeignet ist. Man kann auch zwischen verschiedenen Härtegraden der Tasse wählen: „Soft“ ist, wie der Name schon sagt, etwas weicher, „Classic“ ist „normal“ (damit komme ich gut zurecht) und „Sporty“ ist etwas härter und für diejenigen geeignet, die einen gut trainierten Beckenboden haben.
Der Praxis-Test:
Zugegeben, ich war ein bisschen aufgeregt, bevor ich die Tasse das erste Mal angewendet habe. Sie sah irgendwie trotz ihrer Elastizität so groß aus, und ich hatte Bedenken, ob ich die Tasse überhaupt einführen kann. Es gibt verschiedene Falttechniken, um die Tasse in die Vagina einzuführen – ich gehe nach der „C-Faltung“ vor, in der die Tasse einmal in der Mitte geknickt wird. Wer Probleme mit Trockenheit hat, kann zB auch wasserbasiertes Gleitgel zum Einführen verwenden. Manche Frauen können die Tasse besser in der Hocke einführen, manche im Sitzen.
Zugegeben, man braucht ein bisschen Übung, aber das ist mit Tampons ja dasselbe.
Ist die Tasse einmal eingeführt, fahre ich – soweit es geht – einmal mit dem Finger um die Tasse herum, um sicherzustellen, dass sie „aufgeploppt“ ist. Wie tief die Tasse sitzt, ist dabei egal – solange nichts drückt.
Nachdem ich fasziniert war, dass ich die Tasse 0,0 gespürt habe, war es dann an der Zeit, sie wieder zu entfernen. Ganz wichtig ist es natürlich, vorher die Hände zu waschen.
Kleiner Tipp von mir: Nicht nervös werden und Ruhe bewahren! Ich habe ziemlich kurze Finger und sah mich bereits in die Notaufnahme fahren, um die Tasse wieder aus mir heraus zu bekommen. Beim ersten Mal habe ich mich letztendlich in die Dusche gehockt, habe etwas dagegen gepresst und konnte die Tasse so dann an der Kugel herausziehen.
Inzwischen bin ich ein alter Hase und kann die Tasse in so ziemlich jeder Position bequem entfernen.
Gerade, wenn man unterwegs ist, ist dann noch die Frage, wie man die Tasse reinigt. Das Blut, dass sich in der Tasse gesammelt hat, schüttet man in die Toilette. Je nachdem, ob ein Waschbecken erreichbar ist oder nicht (unterwegs meistens eher die Variante „nicht“), spüle ich die Tasse entweder kurz mit Wasser ab (man kann zB auch einfach eine kleine Wasserflasche mit sich tragen) oder wische sie eben mit etwas Klopapier sauber, und setze sie dann wieder ein. Man kann zB auch feuchte Tücher zum Reinigen nehmen oder die Tasse sauber „urinieren“ – Urin ist im Normalfall nämlich steril. Letztere Varianten sind aber für mich persönlich nichts.
Nach der Periode koche ich die Tasse einfach mit etwas Essig aus, die Tasse hält aber z.B. auch leichten „chemischen“ Reinigungen stand. Ich bewahre die Tasse bis zur nächsten Periode dann in dem mitgeliefertem Stoffsäckchen auf.
Da – gerade über Nacht – aber auch die Tasse „überlaufen“ kann, ich aber weg von Plastikbinden wollte, habe ich mir Stoffbinden der Marke Momiji natural mitbestellt.
Allein das Tragegefühl ist für mich so viel angenehmer als das von herkömmlichen Binden – endlich kein „Klebe“- und „Windel“gefühl mehr.
Die Binden gibt es ebenfalls in verschiedene Größen und Farben, ich habe mich für schwarz und die Größen „S“ und „M“ entschieden. Schon meine Oma hat früher waschbare Stoffbinden (die wurden damals „Schiffchen“ genannt) verwendet.
Die Momiji-Binden werden per Druckknopf am Slip befestigt und verrutschen bei mir selbst bei viel Bewegung nicht, trotz fehlender Klebeauflage. Sie sind maschinenwaschbar, hautfreundlich und haben eine flüssigkeitsundurchlässige Mittelschicht aus Polyester.
Neben dem persönlichen Wohlfühlen sind beide Produkte sehr viel ressourcenschonender als Tampons und Binden, ausserdem sind sie viel angenehmer für die oft sensible Intimregion.
Ich habe schon des Öfteren Kommentare wie „Ekelhaft“ – auch von Frauen – zu den Menstruationstassen gelesen. Es bleibt zum Glück ja jeder selbst überlassen, wie sie mit ihrer Periode umgeht, aber ob ich nun in einen Tampon oder eine Tasse menstruiere – ekelhaft ist an natürlichen Körperfunktionen erst einmal gar nichts. Ja, dass man sozusagen das pure Blut sieht, das in der Tasse aufgefangen wird, ist eine Umstellung zu den sonst einfach vollgesogenen Tampons, aber im Endeffekt ist beides dasselbe.
Wenn es nichts für dich ist – okay. Aber dann formuliere es auch so und gib‘ anderen nicht das Gefühl, eklig zu sein.
Peace out!
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Mehr zum Thema lesen:
Die Verwandlung. Der DivaCup: Ein Erfahrungsbericht von Frau Fuchs
Looncup. Ein kritischer Kommentar von ThM
von Kaj
Gebildeten, sexuell aktiven und aufgeschlossenen, urbanen Studierenden läuft ein kalter Schauer über den Rücken, wenn sie vor ihrem sexpositiven geistigen Auge eine Dildoparty visualisieren.
„Wenn ich etwas über Sex lernen will, rede ich mit meinen Freund_innen oder gehe in einen Workshop. Zum Beispiel in einen über weibliche Ejakulation. Oder ich schaue mir die kürzlich mit dem PorYes-Award prämierten neuesten Arbeiten aus der feministischen Pornoszene an. Wenn ich mal einen Dildo ausprobieren will, nehme ich den, den wir uns im Freund_innenkreis gemeinsam angeschafft haben. Wir sind da total offen, aware und aufgeklärt sowieso.“
Und so weiter. Und sofort.
Fair enough.
In anderen Bildungs- und Regionalräumen sieht es aber unter Umständen doch etwas anders aus mit der sexuellenBefreiung. Da sind die patriarchalen Beziehungs- und Sexualitätskonstruktionen tief im deutschen Ackerboden verwurzelt. Da wird Jugendlichen in der 8. Klasse der ortsansässigen Sekundarschule im Biounterricht im Rahmen „Bau und Funktion der menschlichen Fortpflanzungsorgane I und II“ eben genau das vermittelt: Bau und Funktion der Fortpflanzungsorgane. Um Lust geht es da nicht. Wenn diese Jugendlichen Glück haben, gibt es in der Nähe eine Schwangerschafts(konflikt)beratungsstelle mit gut ausgebildeten Sexualpädagog_innen (zum Beispiel von profamilia, DRK, AWO oder auch dem Gesundheitsamt). Aber garantiert ist das nicht. Wer könnte sowas noch? Gynäkolog_innen. Eigentlich. Aber um mit denen über Sex zu reden, muss eine schon einige Skills haben. Treppenwitz: Sie muss zum Beispiel über Sex und Sexualität reden können. Das ist nicht einfach. Das müssen die meisten von uns lernen. Lernen! Ha, dafür sind doch auch Eltern zuständig. Richtig. Aber über Sexualität reden? Herzlichen Glückwunsch an diejenigen von euch, die von ihren Eltern gelernt haben, offen über Sex und den eigenen Körper zu sprechen. Das ist den wenigsten vergönnt. (Oder vielleicht könnte eine auch sagen: Das bleibt den meisten erspart. Generationengrenze und so.) Bleiben noch die Freund_innen. Aber die waren auf derselben Schule, kennen dieselben Gynäkolog_innen und haben dieselben eingestaubten Oldies. Das sexuelle Lernen verschiebt sich also in die Partnerschaft. Das ist ja nicht schlimm. Aber auch dort treffen dann Zwei aufeinander, die ihre Schwierigkeiten haben, über Sexualität, über Bedürfnisse und Wünsche und Lüste zu reden.
Continue reading Dildoparty – Plastikschwanzverkaufsshow oder sexuelle Bildung für Erwachsene?
von Anni
Während der Chemotherapie bin ich ständig an Plakaten der Kampagne „Ich liebe meinen Busen“ vorbei gefahren und mich jedes Mal gefragt, ob dabei überhaupt betroffene Personen zu Rate gezogen wurden. Ich liebe meinen Busen? Ne ne, nicht mehr als mein Leben, das ist eine ziemlich eindeutige Entscheidung. Außerdem ist das ziemlich unsensibel gegenüber Betroffenen, bei denen eine brusterhaltende Operation unmöglich war.
Auch beim Thema Haarverlust war ich immer wieder irritiert: Statt darüber zu reden, wie es sich für mich anfühlt, dass meine Knochen im Rahmen der Therapie erheblichen Schaden erleiden oder die Tatsache, dass ich wahrscheinlich keine biologischen Kinder mehr bekommen kann, haben mich Leute immer nur gefragt, ob ich traurig über den Verlust meiner Haare sei. (Ganz ehrlich? Die sind nachgewachsen, mit niedlichen Löckchen. Ist okay.)
Continue reading Brustkrebs und Sexismus